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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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stundenlang unter den Bogenlichtlampen festgehalten, während die Vopos jedes Auto und jeden LKW so gründlich filzten, daß selbst eine republikflüchtige Maus keine Chance hatte, unentdeckt zu bleiben.
    Um 10.30 Uhr meldete sich Timothy Edwards.
    »Hören Sie, Sam, es tut uns allen sehr leid, aber es ist so gut wie gelaufen«, sagte er. »Kommen Sie sofort nach London zurück.«
    »Sie haben ihn noch nicht erwischt. Es ist besser, wenn ich hier bleibe. Vielleicht kann ich helfen. Die Sache ist noch nicht vorbei.«
    »Doch, sie ist so gut wie gelaufen«, insistierte Edwards. »Hier gibt es wichtigere Dinge zu besprechen. Der Verlust des Päckchens ist nicht das geringste Problem. Unsere amerikanischen Vettern sind nicht erfreut, um es milde auszudrücken. Nehmen Sie bitte die erste Maschine von München oder Frankfurt, von wo es eben am schnellsten geht.«
    Das war Frankfurt, wie es sich ergab. Johnson fuhr McCready durch die Nacht nach Frankfurt, setzte ihn am Flughafen ab und brachte anschließend den Range Rover und die Ausrüstung nach Bonn, wo er todmüde ankam. McCready legte sich im Sheraton beim Flughafen ein paar Stunden aufs Ohr und saß am nächsten Morgen in der ersten Maschine nach Heathrow, die dort kurz nach acht Uhr englischer Zeit landete. Denis Gaunt, der ihn abholen gekommen war, fuhr ihn sofort ins Century House.
     
     
Donnerstag
    Majorin Ludmilla Wanawskaja stand an diesem Morgen nach ihrer Gewohnheit früh auf, und da es keinen Turnsaal gab, machte sie ihre Fitneß-Übungen in ihrem eigenen Zimmer in der KGB-Kaserne. Sie wußte, daß ihre Maschine erst am Mittag abging, aber sie gedachte, noch einmal in der KGB- Zentrale vorbeizuschauen und zum letzten Mal den Reiseplan des Mannes zu kontrollieren, den sie jagte.
    Sie wußte, daß er am Abend des vorigen Tages in einem Wagenkonvoi aus Erfurt nach Potsdam zurückgekehrt war und die Nacht dort, im Offiziersquartier, verbracht hatte. Die beiden sollten mit derselben Maschine am Mittag von Potsdam nach Moskau abfliegen. Er würde vorne, auf einem der Plätze sitzen, die selbst in Militärmaschinen für die wlasti, die Privilegierten, reserviert waren. Sie trat als eine bescheidene, kleine Stenotypistin aus der riesigen Botschaft Unter den Linden auf, dem wahren (sowjetischen) Machtzentrum der DDR. Sie würden einander nicht kennenlernen, ja, er würde sie nicht einmal bemerken.
    Um acht Uhr betrat sie das Gebäude, in dem die KGB- Zentrale untergebracht war, einen knappen Kilometer von der sowjetischen Botschaft entfernt, und suchte die Fernmeldezentrale auf. Die Leute dort konnten in Potsdam anrufen und sich vergewissern, daß der Abflug nicht verschoben worden war. Während sie auf diese Auskunft wartete, trank sie eine Tasse Kaffee, an einem Tischchen, das sie mit einem jungen Leutnant teilte, der sichtlich hundemüde war und oft gähnte.
    »Nicht geschlafen heute nacht?« fragte sie.
    »Nein. Nachtschicht. Die Fritzen waren die ganze Nacht in heller Aufregung.«
    Der Leutnant sprach sie nicht mit ihrem Rang an, da sie in Zivil war, und so erfuhr er nicht, daß sie Majorin war. Und das Wort, mit dem er die Ostdeutschen bezeichnete, war nicht schmeichelhaft. Aber alle Russen nannten die DDRler so.
    »Wieso das?« fragte sie.
    »Oh, sie haben einen westdeutschen Wagen abgefangen und darin einen geheimen Hohlraum entdeckt. Vermutlich saß einer ihrer Agenten am Steuer.«
    »War das hier in Berlin?«
    »Nein, unten in Jena.«
    »Wo liegt Jena eigentlich?«
    »Hör zu, Schätzchen. Meine Schicht ist zu Ende. Ich geh mich jetzt aufs Ohr legen.«
    Sie lächelte ihn reizend an, öffnete ihre Handtasche und zückte ihren Ausweis in seinem roten Etui. Der Leutnant hörte zu gähnen auf und wurde blaß. Eine Majorin vom Dritten Direktorat, das war wirklich sehr dumm. Er zeigt ihr Jena auf der Wandkarte am anderen Ende der Kantine. Sie ließ ihn gehen und betrachtete die Karte. Zwickau, Gera, Jena, Weimar, Erfurt. lauter Orte auf einer Linie, und dieser Linie war der Konvoi des Mannes gefolgt, den sie jagte. Gestern. Erfurt. Und vierzig Kilometer davon entfernt Jena. Nahe, verdammt nahe, zu nahe.
    Zehn Minuten später klärte ein sowjetischer Major sie über die Arbeitsweise der DDRler auf.
    »Inzwischen ist es wohl bei ihrer Abteilung II gelandet«, sagte er. »Das bedeutet Oberst Voß. Otto Voß. Er hat die Sache unter sich.«
    Sie benutzte sein Bürotelefon, ließ ihren Dienstrang spielen und vereinbarte einen Gesprächstermin mit Oberst Voß im

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