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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Illegalendirektorats und verließ nur selten die UdSSR. Daß er sich nach London in die Höhle des Löwen wagte, war höchst ungewöhnlich und konnte von größter Bedeutung sein.
    »Ist das gut oder schlecht?« fragte er.
    »Ich weiß nicht«, sagte Keepsake. »Aber seltsam ist es schon. Er ist zwar nicht mein direkter Vorgesetzter, aber wenn er kommt, dann nur mit Krjutschkows Einverständnis.« (General Wladimir Krjutschkow, seit 1988 Chef des KGB, war damals Leiter der Auslandsaufklärung des Ersten Hauptdirektorats.)
    »Wird er mit Ihnen über seine >Illegalen< in Großbritannien sprechen?«
    »Das bezweifle ich. Er führt seine Illegalen lieber direkt. Es könnte etwas mit Orlow zu tun haben. Es hat seinetwegen einen Riesenstunk gegeben. Die zwei anderen GRU-Offiziere in der Delegation werden bereits verhört. Im günstigsten Fall kommen sie wegen Nachlässigkeit vors Kriegsgericht. Oder vielleicht -«
    »Mögliche andere Gründe?«
    Keepsake seufzte und blickte zum erstenmal auf. McCready sah ihm in die Augen. Er hatte sich im Laufe der Jahre mit dem Russen angefreundet, vertraute ihm, glaubte an ihn.
    »Es ist nur so ein Gefühl«, sagte Keepsake. »Es könnte sein, daß er die Residentur hier überprüfen will. Nichts Konkretes, nur so eine Ahnung. Vielleicht haben sie irgendeinen Verdacht.«
    »Witali, das konnte nicht ewig so weitergehen. Das haben wir immer gewußt. Früher oder später werden sie es sich zusammenreimen. Zu viele undichte Stellen, zu viele merkwürdige Zufälle. Möchten Sie jetzt aussteigen? Das läßt sich machen. Sie brauchen es nur zu sagen.«
    »Noch nicht. Vielleicht bald. Aber nicht sofort. Es gibt noch einiges, was ich euch schicken kann. Wenn die wirklich anfangen, die Organisation hier in London auseinanderzunehmen, weiß ich, daß sie etwas haben. Ich erfahre es rechtzeitig. So rechtzeitig, daß ich immer noch aussteigen kann. Aber jetzt ist es noch zu früh. Übrigens, macht bitte Drosdow keine Schwierigkeiten. Wenn sie tatsächlich Verdacht geschöpft haben, würde er das als einen weiteren Beweis ansehen.«
    »Sagen Sie mir sicherheitshalber, als was er einreist, für den Fall, daß es in Heathrow zu einem echten Zwischenfall kommt«, sagte McCready.
    »Schweizer Geschäftsmann«, sagte der Russe. »Aus Zürich. British Airways. Dienstag.«
    »Ich sorge dafür, daß er absolut in Ruhe gelassen wird«, sagte McCready. »Irgendwas über Orlow?«
    »Noch nicht«, sagte Keepsake. »Ich weiß von ihm, bin ihm aber nie begegnet. Überrascht mich aber, daß er übergelaufen ist. Er war im Besitz der höchsten Geheimhaltungsstufe.«
    »Die haben Sie doch auch«, sagte McCready. Der Russe lächelte.
    »Natürlich. Man weiß nie. Ich versuche, möglichst viel über ihn herauszukriegen. Warum interessiert er Sie?«
    »Kein konkreter Grund«, sagte McCready, »nur so eine Ahnung, wie Sie sagen. Die Art, wie er rübergekommen ist - daß er Joe Roth keine Zeit für eine Überprüfung gelassen hat. Bei einem Seemann, der über Bord springt, ist das normal. Bei einem Oberst des KGB ist es seltsam. Er hätte sich teurer verkaufen können.«
    »Ganz meine Meinung«, sagte der Russe. »Ich geb mir Mühe.«
    Die Position des Russen innerhalb der Botschaft war so prekär, daß persönliche Treffen höchst riskant und deshalb selten waren. Für das nächste wurde ein kleines, schmuddeliges Café in Shoreditch im Londoner East End vereinbart. Im nächsten Monat, Mai.
    Ende April hatte der Direktor des CIA eine Besprechung mit dem Präsidenten im Weißen Haus. Daran war nichts Ungewöhnliches. Die beiden trafen sich regelmäßig, entweder im größeren Kreis des Nationalen Sicherheitsrates oder unter vier Augen. Diesmal äußerte sich der Präsident aber ungewöhnlich schmeichelhaft über die CIA. Berichte darüber, wie dankbar verschiedene staatliche Stellen der CIA für die aus der Ranch im südlichen Virginia kommenden Informationen waren, hatten sogar das Oval Office erreicht.
    Der DCI war ein harter Mann, der seine Laufbahn im Zweiten Weltkrieg beim Office of Strategie Services OSS) begonnen hatte, und er war Ronald Reagan treu ergeben. Außerdem hatte er einen Sinn für Fairneß und sah keinen Grund, nicht in das allgemeine Lob für den Leiter der Abteilung Sonderprojekte einzustimmen, dem man Oberst Orlow zu verdanken hatte. Als er nach Langley zurückgekehrt war, bat er Calvin Bailey zu sich.
    Als Bailey eintrat, stand der Direktor vor den Panoramafenstern, die fast eine ganze Seite des

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