McJesus
gebeugt und niedergeschlagen, einmal mehr in seiner Selbsteinschätzung bestätigt, dass er nichts auf der Platte hatte. Als sich die Tür hinter ihm schloss, legte Dan den Telefonhörer auf und schüttelte verwundert den Kopf. Er nahm Scotts Entwürfe aus dem Papierkorb. More is more. Seine Augen leuchteten. Warum war ihm das nicht selbst eingefallen?
2
Es war fast Mitternacht. Schwester Peg fuhr den Sepulveda Boulevard entlang auf der Suche nach einer Nutte. Sie fuhr sehr langsam, aus mehreren Gründen. Erstens wollte sie die Mädchen sehen, die in dieser Nacht arbeiteten. Zweitens traute sie den Bremsen von Bertha nicht, die ein 26 Jahre alter Chevy Suburban und das einzige Transportmittel des Care Centers war. Jedes Mal, wenn sie auf die Bremse trat, gab Bertha ein hässlich schurrendes Geräusch von sich. Sie brauchte neue Bremsbeläge, aber die kosteten Geld – Geld, das Schwester Peg nicht hatte.
Schwester Peg kroch über die Kreuzung an der Nordoff und weiter den Boulevard hinunter und sah sich die Mädchen an den Ecken und Straßenrändern an. Manche erkannten den alten Chevy und winkten der Nonne am Steuer zu. Sie war hier eine vertraute Erscheinung, da sie den Boulevard seit Jahren abfuhr.
Manchmal hielt sie bei den Mädchen an, aber heute hatte sie dazu keine Zeit. Schwester Peg suchte ein besonderes Mädchen, und bis jetzt war sie nirgends zu sehen.
Während Schwester Peg Richtung Parthenia Street fuhr, sah sie sich bei einem Blick in den Rückspiegel zufällig selbst. Sie war seit halb sechs Uhr morgens auf den Beinen. Sie hatte das Frühstück gemacht, etliche Waschmaschinenladungen gewaschen, Bettpfannen geleert. Eine Stunde lang hatte sie auf einen Bürokraten der Bundesregierung gewartet, der ihr schließlich mitteilte, dass das Care Center für das von ihm verwaltete Sozialprogramm nicht qualifiziert war. Sie hatte das Mittagessen gekocht, das Essen serviert, die Küche sauber gemacht, und dann wiederholte sich das Ganze, bis sie endlich gegen elf Uhr das letzte Licht ausmachen konnte. Es war ihr üblicher Alltag, und in den letzten Jahren war es ihr gelungen, dieses Pensum zu schaffen, ohne das Aussehen einer wandelnden Leiche anzunehmen. Aber seit ihrem Gespräch mit Mr. Sturholm in der vergangenen Woche begann sie den Druck zu spüren. Sie berührte die Fältchen an ihren Augen und fragte sich, wie lange sie schon da waren. Früher war ich hübscher, dachte sie.
Kurz hinter dem Roscoe Boulevard entdeckte Schwester Peg endlich das Mädchen, das sie suchte. Josie war groß und schlank und hatte langes, glattes, zitronengelbes Haar. Sie trug ein glänzendes schwarz-rotes Schlauchkleid, das vorne über ihrem üppigen, aber straffen Busen tief ausgeschnitten war, und stand auf zehn Zentimeter hohen glitzernden Plateausohlen, die nach unten hin breiter wurden und bei Jobs im Stehen mehr Standfestigkeit boten. Das eng anliegende Outfit sagte über Josies Beruf ebenso viel aus wie die Kutte über den von Schwester Peg.
Schwester Peg bremste und schlingerte auf den Bordstein zu. Josie kam auf ihren Plateausohlen angetrippelt, bückte sich zum Beifahrerfenster und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Hi, Kleine«, sagte sie. » Voulez, voulez, voulez-vous? «
Josie fand, dass Französisch sexy klang.
»Arbeitest du?«, fragte Schwester Peg.
»In dem Fummel geh ich bestimmt nicht in die Kirche«, sagte Josie. »Was willst du hier?«
»Das Übliche.« Schwester Peg sah sich rasch um, ob sie beobachtet wurden.
»Du magst das echt, hm?«
Schwester Peg nickte. »Ich hab doch immer nur das eine im Kopf«, gestand sie.
»Sag ich doch.« Josie zuckte die Schultern und blickte den Gehsteig entlang, während sie ihren langen Rücken streckte.
Diese Nummer zog Josie jedes Mal ab, wenn die Nonne vorbeikam. Und jedes Mal spielte die Nonne mit.
Dann sagte Schwester Peg: »Also, steigst du jetzt ein oder nicht?«
Josie verdrehte die Augen und legte den Kopf kokett zur Seite.
»Okay. Aber nur für eine Minute. Heute muss es schnell gehen.« Sie öffnete die Wagentür und schob sich auf den mit Klebeband geflickten Beifahrersitz.
»Du siehst gut aus«, sagte Schwester Peg. Sie befühlte den elastischen Stoff auf Josies Bein. »Das ist schick. Bringt deine Figur voll zur Geltung.«
Josie wackelte mit dem Kopf. »Zeig, was du hast, Darling, sonst läuft nichts.« Sie sah Schwester Peg an. »Du siehst müde aus. Bist du sicher, dass du dabei nicht einschläfst?«
Schwester Peg lächelte matt.
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