Meade Glenn
sie fort«, sagte der Präsident in krächzendem Ton.
»Rapp brach zusammen. Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten verbrachte er sechs Monate in einer psychiatrischen Klinik.«
»Und dann?«
»Wir haben versucht, uns ein Bild zu machen, Sir. Uns liegen einige Fakten vor, manches hingegen ist reine Spekulation.«
»Weiter.«
»Nach unseren Ermittlungen ist zumindest einer der jungen arabischen Extremisten, mit denen sich Rapp später im Libanon verbündete, ein Anhänger der muslimischen Bruderschaft, der sich später al-Qaida anschloss. Interessanterweise handelt es sich um einen Bruder von Yelena Mazawi. Das steht in dem Bericht, Sir. Rapp unternahm im Laufe der Jahre mehrere Privatreisen in den Nahen Osten. Vor ein paar Monaten gehörte er zu einer offiziellen Delegation, die Istanbul besuchte. In dem Protokoll des Personenschutzes steht, dass er zwei Stunden lang vermisst wurde. Es würde mich nicht überraschen, wenn er sich mit dem Bruder von Yelena getroffen hätte.«
»Warum hat er uns verraten, Stevens? Was war sein Motiv?
Unser Land ist für den Tod seiner Frau nicht verantwortlich.«
Stevens dachte darüber nach. »Wenn Sie meine ehrliche Meinung hören wollen, Sir, so glaube ich, dass Rapp schon lange insgeheim ein Verfechter der arabischen Ziele war. Er hat die US-Politik im Nahen Osten in der Vergangenheit kritisiert.
Das war lange, bevor er Ihrer Regierung beitrat, und das wissen Sie. Offenbar ist sein Groll viel stärker, als wir alle annahmen, wobei er ihn auch gut verbergen konnte.«
»Was wollte er dadurch erreichen?«
»Ich kann nur Vermutungen anstellen.«
»Und?«
»Möglicherweise trieb ihn der Wunsch an, weit greifende Änderungen herbeizuführen.« Stevens zuckte mit den Schultern.
»Das könnte sein Motiv gewesen sein. In seinen früheren Berichten trat er deutlich für einen Wechsel in unserer Nahostpolitik ein. Seiner Meinung nach werden die arabischen Staaten durch unsere Unterstützung Israels in Schach gehalten und unterdrückt. Und er glaubt, uns interessieren ihre Anliegen nicht wie zum Beispiel Palästina -, solange wir unser Öl bekommen. Rapp hält unsere Nahostpolitik für falsch. Wir sollten uns enger mit der islamischen Welt verbünden, und dann wären uns nicht nur das Öl, sondern auch die Sympathie der Araber sicher.«
»Warum ist er nicht stärker für diese Politik eingetreten?
Warum hat er nicht mit Worten statt mit einem feigen verräterischen Akt dafür gekämpft? «
»Diese Fragen kann nur Rapp selbst beantworten, Sir.«
»Wo ist er?«
»Unten. Harry Judd und ein paar Kollegen bewachen ihn.«
»Lassen Sie ihn zu mir bringen.«
Chesapeake
7.57 Uhr
Karla hatte alle Räume im Cottage kontrolliert. Nichts wies mehr auf ihren Aufenthalt hier hin. Als sie fertig war, packte sie ihre Tasche und zog sich die Lederklamotten an. Sie hatte schreckliche Angst. Nur Nikolais Versprechen, auf das sie so viele Jahre gewartet hatte, hielt sie auf den Beinen. Doch selbst dieser Trost konnte ihre Angst nicht vertreiben. Die kurzen intimen Stunden mit ihm bedeuteten ihr ungeheuer viel. Frieden würde sie erst wieder finden, wenn alles vorbei war.
Bevor Nikolai mit Rashid das Haus verließ, wechselten sie in ihrem Schlafzimmer noch ein paar Worte. Er schaute ihr in die Augen. »Bereust du es, Karla?«
»Nein.«
»Sicher?«
»Ganz sicher.«
Dann streichelte er ihre Wange und gab ihr einen Kuss. »Alles wird gut, Karla. Mach dir keine Sorgen. Wir sehen uns nachher, meine Liebe.«
Nach außen hin demonstrierte Nikolai Gelassenheit, aber sein Blick bewies ihr, dass er sich ebenso sorgte wie sie. Als er gegangen war, schossen ihr quälende Gedanken durch den Kopf.
Und wenn etwas schief ging? Wenn Washington zerstört wurde und die ganzen Straßen mit Leichen übersät waren? Wenn sie Josef niemals wieder sehen würde?
Als
sie die
Motorradschlüssel holte, wurde die Haustür aufgestoßen, und zwei Männer stürzten ins Haus und richteten ihre Waffen auf sie.
Es geschah alles so schnell, dass Karla die beiden anderen Männer nicht sah, die durch den Hintereingang ins Haus schlichen. Den Bruchteil einer Sekunde stand sie unter Schock.
Die beiden Männer packten sie von hinten und hielten ihr den Mund zu. Sie strampelte vergebens mit den Beinen. Zwei Männer rannten mit ihren Maschinenpistolen die Treppe hinauf.
Dann betrat Ishim Razan mit Alexei Kursk das Haus. Karla erkannte auch die anderen Männer. Razans Leibwächter.
Die Männer, die nach oben
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