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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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doch er konnte nicht anders, obwohl seine Kehle noch von dem Griff des
Mannes schmerzte. »Viel Glück, Macaulay Cain.«
    Verblüfft
sah der Outlaw ihn an. Er sah ihn an, als wollte er sagen, er bräuchte keine
gute Wünsche von jemandem, der versucht hatte. ihn zu henken. Statt dessen
jedoch nahm er wie der Wolf die Gelegenheit wahr und rannte plötzlich und
unvermittelt durch die Hintertür hinaus. Mit einem Satz sprang er auf den
Rücken des erschreckten Appaloosa im Corral, gab ihm die Sporen und ritt in
westlicher Richtung davon, gerade wie ein Indianer, der weder Sattel noch Zaumzeug
brauchte, um das Pferd zu den Bergen dem blauen Horizont entgegenzutreiben.
    Doc sah ihm
nach. Und er empfand eine seltsame Genugtuung, ihn wie den Wolf frei und
ungebunden zu sehen.
    Red is the rose
    That in yonder Barden grows
    Fair is the lily of the valley
    Clear is the water that flows from the Boyne
    But my love is fairer than any ...
    (Rot ist die Rose,
    Die in den fernen Gärten blüht,
    Rein ist die Lilie im Tal,
    Klar das Wasser, das aus dem Boyne fließt.
    Doch meine Liebe ist reiner als alles andere ...)
    Irisches Volkslied, geschrieben von Tommy Makem
    August 1875
    Sie trug stets schwarz, wenn
sie auf Reisen war. Witwen wurden keine Fragen gestellt. Sie drückten alles,
was zu sagen war, durch die Farbe ihrer Kleidung aus. Und genau deswegen hatte
Christal van Alen gelernt, schwarz zu tragen. Und sie hatte gelernt, schwarze
wollene Handschuh zu tragen, so daß niemand sehen konnte, daß sie keinen
Ehering trug und daher auch keinen Gatten zu betrauern hatte. Und noch mehr:
Sie hatte gelernt, den schwarzen Netzschleier über dem Gesicht zu tragen, der
sie nicht nur als Witwe glaubwürdiger machte, sondern auch ihre Gesichtzüge
verhüllte und ihr Alter unbestimmbar machte. In solcher Aufmachung wurde sie
nur selten ausgefragt, wollte sich kaum jemand mit ihr unterhalten. Und so war
sie sicherer. Man hätte denken können, daß eine alleinreisende Frau sich den
Trost und Beistand der Mitfahrer wünschen würde, doch Christal hatte in der
Zeit, die sie im Westen war, ebenfalls erfahren, daß es nur eins gab, was
gefährlicher war als ein Trupp abtrünniger Pawnees: ein Fremder, der sich zu
sehr für ihre Vergangenheit interessierte.
    Die
Overland Express-Kutsche krachte in eine Spur-Rinne in der Straße, und Christal
wurde gegen etwas Kantiges geschleudert, das sich neben ihr auf dem Sitz
befand. Sie warf einen Blick darauf. Es war eine Miniaturnachbildung einer
Kommode, der ganze Stolz des untersetzten Möbelhändlers, der ebenfalls
mitreiste.
    Sie
streckte sich wieder und beneidete den Händler fast um seinen Leibesumfang. Die
Kutsche konnte sechs Passagiere befördern, doch der Mann neben ihr hatte
doppelt lösen müssen, um mit seiner Körperfülle und seinen Möbelmustern im
Fahrzeug Platz zu finden. Zwischen ihm und der Kutschenwand eingezwängt,
konnte Christal kaum verhindern, daß ihre Röcke zerknautschten. Ihre zierliche
Gestalt machte alles nur noch schlimmer. Während der Handelsmann so schwer
war, daß ihm die Erschütterungen kaum etwas ausmachten, wurde Christal
unablässig bei jeder kleinen Unebenheit der Straße gegen das kantige Werkstück
geschleudert.
    Sie
umklammerte ihre gerippte kleine Tasche und setzte sich wieder
gerade mit gekreuzten Fußknöcheln und brav in den Schoß gelegten Händen hin.
Als die Straße ebener wurde, warf sie den anderen drei Passagieren, die in
Burnt Station eingestiegen waren, einen verstohlenen Blick zu.
    Einer davon
war ein alter Mann mit einem sanften, großväterlichem Gesicht. Christal hielt
ihn zunächst für einen Prediger, als er in seine Tasche griff und eine Bibel
herauszog, doch als sie bemerkte, daß das Innere des Buches ausgehöhlt war, um
einer kleinen Metallflasche Platz zu bieten, aus der sich der Mann unbekümmert
bediente, war sie sich über seinen Beruf nicht mehr ganz so sicher.
    Der junge
Mann neben ihm, eigentlich noch ein Kind, sah unruhig aus dem Fenster, als
würde er sich dafür schämen, bequem in der Kutsche zu reisen, statt, wie es
sich für einen Mann gehörte, auf einem Pony nebenher zu reiten. Sein
Reisebegleiter konnte durchaus sein Vater sein: eine ergraute Gestalt in einer
verblichenen indigofarbenen Jacke und einem gewaltigen grauen, strähnigen
Bart, der gut einen Schnitt vertragen konnte.
    Niemand
plauderte. Der »Prediger« trank, der Mann in der blauen Jacke döste. Der
Händler starrte liebevoll auf seine Möbelmuster und dachte

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