Meckerfritz - 1: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)
eines dieser Plastikteilen freudig entgegen. Der Einkauf kann beginnen.
Den Markt betrete ich grundsätzlich mit einem frischen Gruß der Tageszeit entsprechend und derart vernehmbar, dass auch die Oma an der Pfandflaschenabgabe mich verstehen kann. Für einen Moment friert der gesamte Supermarkt ein, wie das Standbild einer Torszene im Fernsehen. Schau an, ein Mensch der sprechen kann, sagen mir die versteinerten Gesichter der restlichen Marktbesucher. Ich nicke ganzkörperlich und mit gebotenem Grinsen, als sei ich der Hauptaktionär der Ladenkette.
Ab genau diesem Moment scheint mich ein Scheinwerfer während meines gesamten Einkaufs zu verfolgen. Wo immer ich auch um die Ecke komme und an welchem Regal auch immer ich einen Stop einlege, grüßen mich die Leute zwanghaft zurück, als seien sie es mir schuldig. Dialoge zweier mit einander plaudernder Hausfrauen verstummen, so ich mit meinem mir heiß erkämpften Einkaufswagen schnurgerade auf sie ziele.
Man möchte sich an dieser Stelle auf ein Regal stellen und quer durch den Markt die Frage brüllen: “was ist mit euch los? Seid ihr alle bescheuert? Seid ihr verklemmt oder was? Seid mal locker ihr lieben Leut’! Das hier ist ein Supermarkt, nicht die sonntägliche Messe!”
Darauf habe ich bisher verzichtet. Stattdessen fallen mir kreischende Kinder in beide Gehörgänge ein wie von König Etzel angeführt. Ich sondere einen sehr, sehr strengen Blick in diese Richtung ab. Das Geräusch wird zunehmend leiser und die Kinder scheinen aus mir völlig unbekannten Gründen Schutz am Rockzipfel der zuständigen Mutter zu suchen, welche sich auch vom Dialog löst und mich in voller Pracht und Herrlichkeit wahrzunehmen scheint. Ich entgegne ihrer Verwunderung mit einem grausam gekünzeltem Lächeln, dass sich wie gemeißelt in meinem Gesicht niederlässt und nicht die Anstalten macht sich wieder aufzulösen.
Die Körpertemperatur der Damen beginnt sich in ihren nachlässig geschminkten Gesichtern abzuzeichnen und sie ziehen es vor, meinem Dunstkreis zu entfliehen. An den Theken wie Wurst und Käse werde ich mit Höflichkeit und Anstand bedient. Ich mäkele schließlich auch nicht an allen herum und sehe mich selbst als knitterfreien Kunden. Nur diese Steifheit der anderen Marktbesucher will mir nicht munden.
Ausweichende Blicke, beschämendes zu Boden gucken, als ob man etwas sucht, verlegenes Räuspern um einen Grund zu provozieren, die Hand vors Gesicht zu halten. Unnötiges Krämern im Einkaufswagen, um den Beschäftigten zu mimen, sobald ich mich einer dieser Ganzkörperverkrampfungen nähere. Wie sind bloß deren Kinder entstanden, frage ich mich bei Einigen. Bei hochgeschobenem Nachthemd und ausgeschaltetem Licht? Wen wundert’s da, dass so mancher Ehemann im Rotlichtviertel um Erbarmen schreit.
Die Kassenzone ist das Finale. Schlecht erzogene Kinder trampeln im Einkaufskarren stehend die 10er Packung Eier der Klasse A platt. Gerade will die offensichtlich ebenso schlecht erzogene Mutti das Malheur zwischen die Schokoriegel bugsieren, doch ein hinweisgebender Räusperer aus meinem Halse hindert sie daran, denn wieder schaut der Kassenbereich samt des unsichtbaren Scheinwerfers auf uns.
Peinlichkeit in Reinform und zittrige Knie ermahnen als letzten Versuch der Rehabilitation das Kind für das gehabte Erlebnis zu verantworten. Schmähende Blicke der restlichen Pharisäer prasseln auf die junge Mutter hernieder. Sie scheint ganz weit weg sein zu wollen, nur nicht da, wo sie just steht.
Besonders lustig ist es, wenn der Papi auch dabei ist und sich solche Situationen androhen. In Machomanier wollen sie die Lage in den Griff bekommen und werden von Sekunde zu Sekunde nervöser. Greifen sie sich dann auch noch das Kind als Schuldigen und üblen Missetäter, um es öffentlich durchzuwalken, ernten sie den von mir telepathisch gesteuerten Buhruf des ganzen Supermarktes, wie ein Fischerchor. Ja das baut auf, wenn auch nicht den unbeholfenen Papi, der wie ein Trottel dasteht.
Der ist froh, wenn er wieder zuhause in der Couch hängt und mit der Fernbedienung spielen darf. Mittlerweile habe ich meinen Einkauf auf das Förderband gelegt und beginne ein allgemeines Quiz. Ich greife mir eines dieser Teile, die sich jeder greift, um die Grenze seiner Ware zu der , seines Hinter- und Vordermannes zu kennzeichnen und frage recht unverbindlich irgendeine Person, die sich bis dahin in Sicherheit wiegelte, weil sie noch nicht dran
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