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Media Control

Media Control

Titel: Media Control Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Chomsky
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UNESCO führte in den Vereinigten Staaten zu äußerst ablehnenden Reaktionen. 2 Man war um die Pressefreiheit besorgt. Im folgenden erörtere ich die Frage, wie ernsthaft und begründet diese Besorgnis ist. Weitere Fragen beschäftigen sich mit einer demokratischen Kommunikationspolitik: Ist sie notwendig, wie könnte sie aussehen und wie ließe sie sich durchsetzen? Und prinzipieller: Welche Art von demokratischer Ordnung streben wir an?
    Das Konzept »Demokratisierung der Medien« bleibt im Rahmen eines politischen Diskurses, wie er in den Vereinigten Staaten gepflegt wird, unverstanden. Es klingt paradox oder sogar leicht subversiv. Die Beteiligung von Bürgern wird höchstens als Einschränkung der Pressefreiheit begriffen; sie scheint der Unabhängigkeit der Medien und ihrem Auftrag, die Öffentlichkeit ohne Angst und Einseitigkeit zu informieren, ins Gesicht zu schlagen. Diese Reaktion beruht auf bestimmten Vorstellungen darüber, wie die Medien in unserem demokratischen System funktionieren und funktionieren sollten und enthält auch implizite Annahmen über das Wesen der Demokratie.
    Das Standardbild vom Verhalten der Medien hat Richter Gurfein in einer Entscheidung gegen Versuche der Regierung, die Veröffentlichung der Pentagon Papers zu verhindern, gezeichnet: Wir haben in den USA »eine streitbare, widerspenstige und allgegenwärtige Presse«, und diese Volkstribunen »müssen von denen, die in Amt und Würden sind, geduldet werden, damit die größeren Werte der Meinungsfreiheit und des Rechts auf Information bewahrt bleiben«. In einem Kommentar zu dieser Entscheidung bemerkte Anthony Lewis in der New York Times, daß die Medien nicht immer so unabhängig, wachsam und antiautoritär wie heute gewesen seien, aber durch Vietnam und Watergate gelernt hätten, »die Macht auszuüben, in unserem nationalen Leben herumzuwühlen, um das aufzudecken, was sie für aufdeckenswert halten«, ohne Rücksicht auf Druck von außen oder den Einfluß staatlicher und privater Macht. Auch das ist eine weitverbreitete Ansicht. 3
    Während Vietnam und Watergate hat es in den USA massive Auseinandersetzungen über die Medien gegeben, doch stand dabei nicht ihre »Demokratisierung« und die Befreiung von staatlicher und privater Macht im Vordergrund. Vielmehr wurde darüber diskutiert, ob die Medien in der Loslösung von solchen Beschränkungen womöglich die Grenzen des Anstands verlassen und mit ihrer streitlustigen und verantwortungslosen Ablehnung jeglicher Autorität die demokratischen Institutionen in ihrer Existenz bedroht hätten. Eine 1975 veröffentlichte Untersuchung der Trilateralen Kommission über die »Regierbarkeit von Demokratien« kam zu dem Schluß, daß die Medien »zu einem bemerkenswerten neuen Faktor nationaler Macht« geworden sind. Das sei ein Aspekt »exzessiver Demokratie«, der innenpolitisch zur »Einschränkung der Regierungsautorität« und außenpolitisch zum »Niedergang des Einflusses auf demokratische Entwicklungen« führt. Diese allgemeine »Krise der Demokratie« sei, so die Kommission, das Ergebnis von Bestrebungen bislang marginalisierter Teile der Bevölkerung, sich zu organisieren und ihre Forderungen durchzusetzen. Dieses Übergewicht beeinträchtige das reibungslose Funktionieren der demokratischen Prozesse. In früheren Zeiten, so der amerikanische Harvard-Politologe Samuel Huntington, »hatte Truman das Land mit der Unterstützung einer relativ kleinen Zahl von Anwälten und Bankiers der Wall Street regieren können«. Damals gab es keine »Krise der Demokratie«. Anders in den sechziger Jahren, wo sie ernstzunehmende Ausmaße erreichte. Die Trilaterale Kommission empfahl daher eine »Mäßigung der Demokratie«, um die Exzesse zu mildern und die Krise zu überwinden. 4
    Die Studie spiegelt die Wahrnehmungen und Werte liberaler Eliten in den USA (einschließlich führender Vertreter der Regierung Carter), Europa und Japan. Die Konservativen wiederum sehen die Demokratie durch die Organisationsbestrebungen von Gruppen mit »Sonderinteressen« bedroht. Dieser Ausdruck der gegenwärtigen politischen Rhetorik bezieht sich auf Arbeiter, Farmer, Frauen, Jugendliche, Alte, Behinderte, ethnische Minderheiten - kurz, nahezu die gesamte Bevölkerung. In den Wahlkampagnen der achtziger Jahre wurden die Demokraten beschuldigt, sich zum Instrument dieser »Sonderinteressen« zu machen und damit das »nationale Interesse« zu untergraben, das, so wurde stillschweigend vorausgesetzt, jener eine

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