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des Libanons, zwanzig im Falle des Westjordanlands. Dieses Argument kommt uns bekannt vor, weil es auch von George Bush [sen.] im Falle Kuwaits vorgetragen wurde. Aber Saddam kann wahrheitsgemäß behaupten, daß Sanktionen und Verhandlungen nichts bewirkt haben, während George Bush genau das nicht behaupten kann. Die Sanktionen hatten bereits gegriffen, und Verhandlungen hätten zum Erfolg führen können, wenn er sie energisch betrieben und nicht einfach abgelehnt hätte. Fand sich in der Presse darauf irgendein Hinweis? Natürlich nicht. Auch dies deutet auf eine gut funktionierende totalitäre Kultur. Der Konsens wurde hergestellt.
Eine letzte Anmerkung zu diesem Problem. Nehmen wir an, Saddam Hussein sei ein Ungeheuer und habe es auf die Eroberung der Welt abgesehen. In den Vereinigten Staaten ist diese Meinung weit verbreitet, und es wurde genug dafür getan, sie den Menschen in die Köpfe zu hämmern. Er will alles, und das sofort, und wir müssen ihn aufhalten. Aber wie konnte er überhaupt so mächtig werden? Der Irak ist ein armes Land ohne industrielle Ressourcen. Acht Jahre lang hat der Krieg gegen den Iran gedauert. Es war der postrevolutionäre Iran, der sein Offizierskorps und seine Armee erheblich verkleinert hatte, während der Irak ein bißchen internationale Unterstützung genoß - durch die Sowjetunion, die USA, Europa, die großen arabischen Länder und die arabischen Ölproduzenten. Dennoch konnte der Iran nicht besiegt werden. Plötzlich aber ist der Irak entschlossen, die Welt zu erobern. Ein Land mit einer Bauernarmee. Mittlerweile wird unter der Hand eingeräumt, daß es jede Menge Desinformationen über seine militärische Stärke, seine chemischen Waffen usw. gegeben hat. Aber gab es Hinweise darüber in den Medien? Keinen einzigen.
Ganz ähnlich ist man seinerzeit mit Manuel Noriega in Panama verfahren. Verglichen mit Bushs Freund Saddam Hussein oder Bushs Freunden in Peking oder Bush selbst ist Noriega bestenfalls ein Kleinkrimineller. Aber auch er wurde in ein Ungeheuer verwandelt. Er wollte, als Speerspitze der Drogenhändler, die USA zerstören. Wir mußten schnell handeln und ihn vernichten, dabei einige hundert oder auch tausend Personen töten, die winzig kleine weiße Oberschicht an die Macht zurückbringen und auf allen Ebenen des politischen Systems US-Offiziere mit Kontrollfunktionen einsetzen. Ein Jahr später spielten wir das Ganze noch einmal mit Saddam Hussein durch. Die Medien schwiegen sich auch dazu aus.
Das alles unterscheidet sich nicht von den geglückten Anstrengungen der Creel-Kommission, eine pazifistische Bevölkerung für den Krieg zu begeistern. Die Techniken sind verfeinert worden, zudem gibt es jetzt das Fernsehen, aber ansonsten handelt es sich um traditionelle Propagandaarbeit.
Allerdings geht es nicht einfach nur um Desinformation und den Golfkrieg. Es geht vielmehr darum, ob wir in einer freien Gesellschaft leben wollen oder in einer Art von selbstgestricktem Totalitarismus, in dem die verwirrte Herde patriotische Losungen ruft, um ihr Leben fürchtet und mit Ehrfurcht auf den Führer starrt, der sie vor der Vernichtung bewahrt, während die gebildeten Schichten den Schulterschluß vollziehen und die üblichen Slogans rezitieren. Dann enden die USA als gewalttätiger Söldnerstaat, der hofft, daß andere ihn dafür bezahlen, wenn er die Welt in Schutt und Asche legt. Das ist die Alternative, vor der wir stehen. Die Antwort auf diese Frage liegt in den Händen von Menschen, wie Sie und ich es sind.
Anmerkungen
1 Überarbeitete Transkription eines Vertrags zur Feier des fünfzehnten Jahrestags von FAIR (Fairness and Accuracy in Reporting), gehalten am 22. Januar 2002 in der Town Hall, New York City.
2 New York Times, 18. Okt. 1985.
3 Washington Post, 26. Okt. 1984.
4 Vgl. dazu die Essays von Jack Spence und Eldon Kenworthy in Thomas Walker (Hg.), Reagan vs. the Sandinistas (Boulder: Westview, 1987).
5 Das gilt im übrigen nicht nur für die Vereinigten Staaten. Soweit ich weiß, ist diese Verfahrensweise auf der ganzen Welt üblich. Um nur ein Beispiel zu geben: Mitte der sechziger Jahre veröffentlichte die Rand Corporation, eine dem Pentagon eng verbundene Forschungseinrichtung, eine Sammlung interessanter japanischer Handbücher zum Thema »counterinsurgency«. Sie stammten aus den dreißiger Jahren, als Japan die Mandschurei und Nordchina besetzt hatte. Ich schrieb damals einen Artikel, in dem ich diese Handbücher mit entsprechenden
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