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der Schoah profitieren könnten.
Ebenso ist es verständlich, daß die New York Times das mit Hilfe der CIA an die Macht zurückgekehrte Regime des Schahs im Iran wegen dessen »höchst erfolgreicher Kampagne gegen subversive Elemente« begrüßte. Zu diesen Elementen gehörten auch die »pro-sowjetischeTudeh-Partei« und die »extremen Nationalisten«, die nun allesamt liquidiert worden seien, »ohne daß die Demokratie Schaden genommen hat«. 191 Nicht weniger erfreulich ist die Rückkehr der Philippinen zur »vollständigen Demokratie« unter Corazon Aquino, die ein Verbot der unter dem Diktator Marcos noch zugelassenen Kommunistischen Partei verfügte. 192 Kurz zuvor hatte Washington auch Marcos noch für einen »Modelldemokraten« gehalten, dessen »Dienst an der Demokratie« Reagans Vizepräsident George Bush in Manila loben durfte. 193 Als Marcos dann die Kontrolle über das Land verlor, hatte er seine Rolle als freiheitsliebender Demokrat ausgespielt.
Nichtsdestotrotz befindet sich die Demokratie »auf dem ideologischen Vormarsch«, weil die Erfahrung der letzten Jahrzehnte lehrt, daß sie zu Wohlstand und Weiterentwicklung führt: »Als Wirtschaftsmechanismus funktioniert die Demokratie nachweislich«, behauptet James Markham in einem Leitartikel der New York Times Week in Review. Tatsächlich hat es in den »Tigerstaaten« - v. a. Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur - »ökonomisches Wachstum« gegeben. »Demokratie«, so gibt man uns zu verstehen, ist also ein System, das substantielle demokratische Formen zugunsten reduzierter Konsumtion und übermäßiger Ausbeutung zurückstutzt, während der Staat im Verbund mit einheimischen und ausländischen Konzernen die Wirtschaft kontrolliert. Dieses Modell steht dem traditionellen Faschismus zwar näher als der Demokratie, ist aber genau das, was hierzulande unter »Demokratie« verstanden wird. 194
Als 1955 die demokratisch gewählte Regierung von Guatemala durch einen CIA-Putsch entmachtet worden war, vermerkte ein geheimdienstlicher Bericht: »Viele Guatemalteken sind leidenschaftliche Anhänger der demokratisch-nationalistischen Ideale der Revolution von 1944«, doch begreifen nur wenige »die Verantwortlichkeiten und Prozesse einer Demokratie«, so daß »eine verantwortliche demokratische Regierung nur schwer zu erreichen ist.« 195 Die Medien und die Eliten müssen dafür sorgen, daß die Heuchelei auch weiterhin nur für Gott sichtbar bleibt.
Aus diesen und vielen anderen Beispielen lernen wir, daß die Sorge um Demokratie und Menschenrechte mit der Duldung von oder aktiven Beteiligung an Massakern großen Ausmaßes Hand in Hand gehen kann. Der Christian Science Monitor wies 1987 zustimmend - und sachlich richtig - daraufhin, daß nach den Massakern der indonesischen Armee von 1965 »viele im Westen sich um gute Beziehungen zu Djakartas neuem, gemäßigtem Führer«, nämlich General Suharto, bemühten (das Adjektiv »gemäßigt« bedarf natürlich der entsprechenden »Interpretation«). Suharto ließ in den siebziger Jahren unter der Bevölkerung von Ost-Timor gräßliche Gemetzel anrichten, wobei ihm die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich und andere Hüter der politischen Moral sekundierten. Die Medien taten das ihre, indem sie das Thema tunlichst verschwiegen; als
die Greuel 1978 ihren Höhepunkt erreichten, war in der New York Times darüber kein Wort zu lesen. Vielmehr verbreitete ihr Südostasienkorrespondent, Henry Kamm, die Auffassung der indonesischen Generäle, der zufolge die Armee die vor den Guerillagruppen fliehende Bevölkerung schütze. Flüchtlinge oder andere Zeugen, die dieses Bild hätten korrigieren können, wurden nicht gehört. Noch 1987 feierte der Londoner Economist Suhartos Herrschaft und beschrieb ihn als »im Grunde gutmütig«, womit vielleicht seine Haltung gegenüber multinationalen Konzernen gemeint war. 196
Ebenso steht der Terror des Regimes von Pol Pot in Kambodscha nicht in Frage, während die Reporter 1973, als die USA dort fortwährend besiedelte Landgebiete bombardierten, die Hunderttausenden von Flüchtlingen einfach unbeachtet ließen. 197 Diese selektive Wahrnehmung verhinderte ein größeres Wissen über das Ausmaß der Greueltaten, die kaum geringer gewesen sein dürften als die Pol Pot zur Last gelegten Verbrechen und die zum Aufstieg des Roten Khmer, wo nicht gar zu seiner Brutalität, entscheidend beitrugen. 198
Einer geeigneten Interpretation des Demokratiebegriffs muß natürlich eine
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