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verlegten, ständig neue Forderungen zu stellen, die weit über die Bedingungen des (längst vergessenen) Friedensvertrags hinausgingen. Ihr letzter Katalog vom 9. Juni 1988 sah u. a. vor: die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen; das Recht von Rekruten, die Armee verlassen zu können; den erzwungenen Rücktritt der Richter am Obersten Gerichtshof und seine Wiederbesetzung aufgrund von Vorschlägen der Contras, der Opposition und der Regierung (was den Gegnern der Sandinisten eine Mehrheit verschafft hätte); Rückerstattung enteigneten (und Kleinbauern oder Kooperativen überlassenen) Contra-Besitzes (wovon zumeist Somoza-Anhänger profitiert hätten); Einstellung weiterer Rekrutierungen für die Armee; Eröffnung von Contra-Büros in Managua und Lizenzerteilung für »unabhängige« TV-Sender. Alle diese (z.T. verfassungswidrigen) Forderungen sollte die Regierung erfüllen, während die Contra-Streitkräfte bewaffnet in ihren Stellungen blieben. Ziel dieses Katalogs, so bemerkte das Center for International Policy, sei offensichtlich »die Torpedierung von Verhandlungen, um das Thema an den in dieser Frage gespaltenen US-Kongreß zurückzuverweisen«. Für Julia Preston waren die Vorschläge »eher eine Abschiedsgeste als ein verhandelbares Dokument«. Tatsächlich zogen sich die Contras aus Managua zurück, noch bevor Verhandlungen stattfinden konnten. 175
Die Regierung von Nicaragua drängte auf Wiederaufnahme der Gespräche, erhielt aber keine Antwort aus Washington, während die Contras neue Bedingungen stellten. Dann folgte, wie der Council on Hemispheric Affairs es beschrieb, »eine von der CIA gesteuerte Kampagne von Provokationen und Störungen, die in Nicaragua eine Krisenatmosphäre hervorrufen sollte«, was der US-Kongreß zum Anlaß nehmen konnte, neue Hilfslieferungen für die Contras zu bewilligen. Zugleich wurde den Sandinisten angedroht, daß auch die Militärhilfe wieder aufgenommen würde, falls Nicaragua sich weiterhin gegen Frieden und Demokratie stellen oder die Contras angreifen sollte. Die Medien flankierten das alles nach Kräften. 180
Als die Regierungszeit Reagans sich ihrem Ende näherte, wurde es unrealistisch, aber auch weniger dringlich, Nicaragua durch den Terror der Contras für seine sozialen und politischen Reformbestrebungen zu bestrafen. Trotz gewaltiger Zuwendungen und der Überflutung weiter Teile des Landes mit US-Propaganda war es den Vereinigten Staaten bemerkenswerterweise nicht gelungen, eine überlebensfähige Guerilla-Streitmacht zu schaffen. Eine neue Regierung würde andere, kostengünstigere Wege einschlagen müssen, um ein kleines Land in einer von den USA äußerst abhängigen Region zur Räson zu bringen. Sie mußte sich dazu nur den Bericht einer Gesandtschaft der Weltbank vom Oktober 1980 vor Augen führen, der eine Wirtschaftskatastrophe vorhersagte, falls es Nicaragua nicht gelänge, die von Somoza angerichteten Schäden zu beheben. »Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen von 1977 wird sich güngstigstenfalls in den neunziger Jahren wieder erreichen lassen.« 181 Dazu sei jedoch umfangreiche Auslandshilfe notwendig. 1988 aber war Nicaragua durch die ökonomische und militärische Kriegführung der USA so ruiniert, daß weitere Gewaltanwendung für diejenigen, die in der Zufügung von Leid und Schmerz keinen Zweck an sich sehen mochten, fragwürdig wurde. Es gibt schließlich wirksamere Methoden, die unabhängige Entwicklung kleiner und schwacher Staaten zu verhindern.
Infolgedessen können die USA eine »freundlichere Nation« werden, die ihre Ziele mit einer »pragmatischeren« Politik verfolgt.
Zudem war es seit der Aufdeckung der Iran-Contra-Affäre schwieriger geworden, die Contras auf illegale Weise zu unterstützen und den Kongreß zur weiteren Bewilligung umfangreicher Lieferungen von Materialien zu bewegen. Als Anfang 1988 die Nachschubflüge reduziert wurden, flohen die Contras nach Honduras und wären wohl ohne die Hilfe von US-Eliteeinheiten ausgelöscht worden. Die Zeitungen in Honduras sprachen von einer »Invasion«, während die Vereinigten Staaten das Land doch nur vor der »Aggression der Sandinisten« bewahren wollten. Aber es war nicht mehr möglich, die Contras als Vertreter der Campe-sinos darzustellen, die sich gegen ihre Unterdrücker erhebt. Anfang 1989 hieß es: »Die Behauptungen der Sandinisten, daß die Contras lediglich Söldner der USA seien, haben bei den Nicaraguanern erneut an Glaubwürdigkeit gewonnen
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