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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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husteten und sich alles andere denn gutgelaunt mit einer Jahreszeit abfinden mußten, die so ganz anders war als die milden Winter in Indien. Er besuchte sie drei Tage nacheinander und gab ihnen Erdrauch sowie Ibn Sinas Salbe, doch war der Erfolg so zweifelhaft, daß er ihnen lieber des Baders Universal-Spezificum verabreicht hätte. Die Elefanten sahen nicht mehr so großartig aus wie in der Schlacht, da sie jetzt mit Zeltbahnen und mit Decken behängt waren, damit sie sich nicht erkälteten.
    Rob stand bei Harsha und beobachtete den großen Elefantenbullen des Schahs, der sich gerade mit Heu vollstopfte. Er zitterte, während sie ihn beobachteten, und Rob ordnete an, sie sollten den Tieren Eimer mit erwärmtem Trinkwasser geben, um sie von innen warm zu halten. Harsha war skeptisch. »Wir haben mit ihnen gearbeitet, und sie arbeiten trotz der Kälte gut.«
    Aber Rob hatte im Haus des Wissens einiges über Elefanten gelesen. »Hast du je von Hannibal gehört?«
    »Nein«, antwortete der mahout . »Ein Soldat, ein großer Heerführer.«
    »So groß wie Alã Shahansha ?«
    »Mindestens so groß, aber in längst vergangener Zeit. Er hat eine Armee mit siebenunddreißig Elefanten über die Alpen geführt, über hohe, schreckliche, steile, mit Schnee bedeckte Berge, und er hat kein einziges Tier verloren.
    Aber die Kälte und die Entkräftung haben sie geschwächt. Später, als sie niedrigere Berge überquerten, starben alle Elefanten bis auf einen. Die Lehre daraus ist, daß ihr eure Tiere ruhen lassen und sie warmhalten müßt.«
    Harsha nickte ehrerbietig. »Wißt Ihr, daß Euch jemand folgt?« Rob erschrak.
    »Der Mann, der dort in der Sonne sitzt.«
    Ein Mann lehnte sich mit dem Rücken an die Mauer, um sich gegen den kalten Wind zu schützen, und hüllte sich in das Fell seines caäabi. »Bist du sicher?«
    »Ja, Hakim. Er ist Euch schon gestern gefolgt. Auch jetzt behält er Euch im Auge.«
    »Kannst du ihm vorsichtig folgen, wenn ich wegreite, damit wir herausfinden können, wer er ist?«
    Harshas Augen glänzten. »Ja, Hakim.«
    Am späten Abend kam Harsha in die Jehuddijeh und klopfte an Robs Tür.
    »Er ist Euch bis nach Hause gefolgt, Hakim. Als er Euch hier verließ, folgte ich ihm zur Freitagsmoschee. Ich habe mich sehr schlau verhalten, Ehrenwerter, ich war unsichtbar. Er betrat das Haus des mullah in seinem abgerissenen cadabi , kam aber bald darauf in schwarzer Kleidung heraus und erreichte die Moschee rechtzeitig für das letzte Gebet. Er ist ein mullah , Hakim.«
    Rob dankte ihm nachdenklich, und Harsha ging zufrieden seiner Wege. Rob war davon überzeugt, daß der mullah von Qandrassehs Freunden geschickt worden war. Zweifellos waren sie Karim zu seiner Zusammenkunft mit Ibn Sina und ihm gefolgt, und nun wollten sie feststellen, wie weit Rob mit dem voraussichtlichen Wesir verbunden war.
    Vielleicht waren sie zu dem Schluß gelangt, daß die Verbindung harmlos war, denn am nächsten Tag gab er sorgfältig acht, konnte aber niemanden entdecken, der ihm folgte. Soweit er sah, spionierte ihm auch in den nächsten Tagen niemand nach.

    Es blieb kühl, aber der Frühling lag in der Luft. Nur die Spitzen der rötlichgrauen Berge waren noch schneebedeckt, und in den Gärten waren die nackten Äste der Aprikosenbäume mit kleinen, schwarzen, kugelrunden Knospen bedeckt.
    Eines Morgens kamen zwei Soldaten, um Rob ins Haus des Paradieses zu begleiten. Der Schah saß am Tisch über dem Bodengitter, durch das die Ofenwärme aufstieg. Nach dem ravi zemin winkte er Rob zu sich an den Tisch, und die durch das schwere Filztischtuch festgehaltene Wärme tat beiden sehr wohl.
    Das Spiel des Schahs war schon aufgestellt, und Alã machte den ersten Zug, ohne sich zu unterhalten.
    »Du bist ein hungriger Kater geworden, Dhimmi «, bemerkte er.
    Es war richtig: Rob hatte gelernt anzugreifen.
    Der Schah spielte mit gerunzelter Stirn, den Blick aufmerksam auf das Brett gerichtet. Rob hatte mit seinen beiden Elefanten zugeschlagen und schnell ein Kamel, ein Pferd mit Reiter und drei Fußsoldaten gewonnen.
    Die Höflinge verfolgten das Spiel in gespannter, wortloser Stille. Zweifellos waren einige entsetzt und manche entzückt über die Tatsache, daß ein europäischer Ungläubiger den Shahansha im Spiel zu besiegen schien. Aber der Schah konnte auf seine reiche Erfahrung als hinterlistiger General bauen. Gerade als Rob begann, sich für einen guten Spieler und Meister der Strategie zu halten, bot Alã Opfer an, lockte aber

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