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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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dem Frühling. Aber der Ernst auf vielen verkniffenen Gesichtern war keine Folge des rauhen Windes, sondern die des neuesten Skandals. Angesichts der täglichen Trinkgelage und der Ausschweifungen des Schahs hatte Imam Mirza-abul Qandrasseh seinen Freund und obersten Gehilfen, den mullah Ibn Abbas, zum König geschickt, um ihm ms Gewissen zu reden und ihn daran zu erinnern, daß alkoholische Getränke für Allah ein Greuel seien, den der Koran verbot. Alã hatte seit Stunden gezecht, als er den Abgesandten des Großwesirs empfing. Er hörte Musa ernst an. Als er das Anliegen der Botschaft sowie den vorsichtig ermahnenden Ton erkannte, stieg der Schah von seinem Thron und ging auf den mullah zu.
    Verwirrt und ohne recht zu wissen, wie er sich jetzt verhalten solle, sprach Musa weiter. Da goß der Herrscher, ohne dabei seinen Gesichtsausdruck zu verändern, zur Verwunderung aller anwesenden Höflinge, Diener und Sklaven dem alten Mann Wein über den Kopf. Während Musa weitersprach, schüttete der Schah das alkoholische Getränk über seinen Bart und seine Kleidung. Durchnäßt schickte er ihn dann zutiefst gedemütigt mit einer Handbewegung zu Qandrasseh zurück.
    Dies war eine Zurschaustellung seiner Verachtung für die heiligen Männer von Isfahan und wurde als Hinweis darauf gedeutet, daß Qandrassehs Zeit als Großwesir zu Ende ging. Und schon am nächsten Morgen hörte man in jeder Moschee der Stadt düstere, beunruhigende Prophezeiungen über die Zukunft Persiens.
    Karim Harun beriet sich mit Rob und Ibn Sma wegen des Vorfalls. »Er ist nicht so. Er kann ein selbstloser, fröhlicher und liebenswerter Gefährte sein. Du hast ihn in Indien erlebt, Jesse. Er ist der tapferste Kämpfer, und wenn er ehrgeizig ist, ein großer Shahansha sein will, dann deshalb, weil seine Pläne in bezug auf Persien höchst anspruchsvoll sind.«
    Sie hörten ihm schweigend zu.
    »Ich habe versucht, ihn vom Trinken abzuhalten«, sagte Karim. Er schaute seinen ehemaligen Lehrer und seinen Freund unglücklich an. Ibn Sina seufzte. »Er ist früh am Morgen für andere höchst gefährlich, wenn er nach dem übermäßigen Weingenuß des Vortags mit Übelkeit erwacht. Verabreicht ihm dann Sennesblättertee, um die Giftstoffe abzuführen und seine Kopfschmerzen zu lindern, und gebt gemahlenes Bergblau in seine Speisen, um seine Melancholie zu vertreiben. Aber vor sich selbst wird ihn nichts beschützen. Wenn er trinkt, müßt Ihr ihm aus dem Weg gehen, so gut Ihr könnt.« Er sah Karim ernst an. »Ihr müßt Euch auch hüten, wenn Ihr in der Stadt herumgeht, denn jhr seid als Günstling des Schahs bekannt und geltet allgemein als Qandrassehs Rivale. Ihr habt jetzt einflußreiche Feinde, die sehr daran interessiert sind, Euren Aufstieg zur Macht zu verhindern.« Rob lenkte Karims Aufmerksamkeit auf sich. »Du mußt dich bemühen, ein untadeliges Leben zu führen«, ermahnte er ihn bedeutungsvoll, »denn deine Feinde werden sich jede deiner Schwächen zunutze machen.«
    Er erinnerte sich, wie ihn vor sich selbst geekelt hatte, als er den Meister zum Hahnrei machte. Er kannte Karim; trotz seines Ehrgeizes und seiner Liebe zu dieser Frau besaß Karim eine angeborene Rechtschaffenheit, und Rob konnte sich vorstellen, welche Qual er litt, wenn er Ibn Sma betrog.
    Rarim nickte. Als er sich verabschiedete, ergriff er Robs Handgelenk und lächelte. Karim besaß noch immer großen Charme, und er sah sehr gut aus, obwohl er nicht mehr unbekümmert war wie früher. Große Spannung und nervöse Unsicherheit prägten sein Gesicht, und Rob schaute seinem Freund mitleidig nach.

    Der kleine Robert James hatte angefangen herumzukriechen, und seine Eltern freuten sich, als er lernte, aus einem Becher zu trinken. Auf Ibn Sinas Anraten versuchte Rob, ihm Kamelmilch zu geben, die nach Ansicht des Meisters die gesündeste Nahrung für ein Kleinkind war. Als er sie nicht zurückwies, stillte ihn Prisca nicht mehr.
    Im Gefolge der bitterkalten Luft suchten zahlreiche Patienten die Arzte mit Katarrhen, schmerzenden Gliedern und entzündeten und geschwollenen Gelenken auf. Plinius der Jüngere hatte geschrieben, der Kranke solle, um eine Erkältung auszukurieren, die haarige Schnauze einer Maus küssen. Aber Ibn Sina fand, daß Plinius der Jüngere in dieser Hinsicht nicht lesenswert sei. Er hatte sein eigenes Mittel gegen Schleim und Rheumatismus und zeigte Rob, wie er es zusammenmischen solle.
    Rob suchte die Elefantengehege auf, wo die mahouts schnieften und

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