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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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er den Europäer als Arzt schätze, weil es ihm klargeworden sei, daß Gott Jesse ben Benjamin zum Heiler bestimmt habe.
    »Alle Herrscher sind verrückt. Für jemanden, der über die entsprechende Macht verfügt, ist es gleich, ob er jemandem das Leben nimmt oder ihm einen calãt verleiht. Doch wenn Ihr jetzt flieht, werdet Ihr es für den Rest Eures Lebens bedauern, denn er ist zu weit gegangen, hat zu viel gewagt. Ich weiß, daß er kein Jude ist.« Die Frau hielt das Kind auf dem Schoß und beobachtete Ibn Sina mit wachsender Unruhe. Er versuchte erfolglos, Hebräisch zu sprechen, dann rasch hintereinander Türkisch und Arabisch. Er war zwar ein Sprachgelehrter, beherrschte aber nur wenige europäische Sprachen, denn er lernte ein Idiom nur im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Beschäftigung. So sprach er auch Griechisch mit ihr, bekam aber keine Antwort.
    Dann versuchte er es mit Latein und sah, daß sie den Kopf leicht bewegte und blinzelte.
    »Rex te venire ad se vult. Si non, maritus necahitur.« Er wiederholte es. »Der König wünscht, daß du zu ihm kommst. Wenn du nicht kommst, wird dein Ehemann getötet werden.«
    »Quid dicis?« (Was sagst du?) fragte sie.
    Er wiederholte seine Worte sehr langsam.
    Das Kind in ihren Armen begann sich zu bewegen, aber die Frau achtete nicht darauf. Sie starrte Ibn Sina an, ihr Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. Es wirkte wie aus Stein, aber es sprach auch etwas daraus, das er vorher übersehen hatte. Der alte Mann verstand sich aut Menschen, und zum erstenmal ließ seine Besorgnis etwas nach, denn er erkannte die Stärke dieser Frau. Er würde die entsprechenden Anordnungen treffen, und sie würde das Notwendige tun.

    Sklaven holten sie in einer Sänfte ab. Sie wußte nicht, was sie mit Rot1 James anfangen sollte, also nahm sie ihn mit. Dies erwies sich als eiru glückliche Lösung, denn im Harem des Hauses des Paradieses nahmen die Frauen das Kind begeistert auf.
    Sie wurde zu den Bädern geführt, was ihr peinlich war. Rob hatte ihr erzählt, daß es für mohammedanische Frauen ein religiöses Gebot war, alle zehn Tage ihre Schamhaare mit einem Enthaarungsmittel aus Kalk und Arsen zu entfernen. Ebenso wurden die Haare in den Achselhöhlen bei einer verheirateten Frau einmal wöchentlich, bei einer Witwe alle zwei Wochen und bei einer Jungfrau einmal im Monat ausgezupft oder abrasiert. Die Frauen, die sie bedienten, starrten sie mit unverhohlenem Abscheu an.
    Nachdem man sie gewaschen hatte, bot man ihr drei Tabletts mit Parfüms und Farbstoffen an, aber sie verwendete nur ein wenig Duftwasser.
    Sie wurde in einen Raum geführt und angewiesen zu warten. Die Einrichtung bestand nur aus einer großen Strohmatratze mit Kissen und Decken und einer geschlossenen Truhe, auf der ein Waschbecken stand. Irgendwo in der Nähe spielten Musikanten. Sie fror. Als sie schon ziemlich lang gewartet hatte, nahm sie eine Decke und hüllte sich ein.
    Dann kam Alã. Sie war verängstigt, aber er lächelte, als er sie in der Decke sah.
    Er bedeutete ihr mit Gesten, die Decke abzulegen, und dann mit einer ungeduldigen Handbewegung, auch das Kleid auszuziehen. Sie wußte, daß sie, an den orientalischen Frauen gemessen, mager war, und die persischen Frauen hatten ihr deutlich vor Augen geführt, daß Sommersprossen Allahs gerechte Strafe für schamlose Frauen bedeuteten, die keinen Schleier trugen.
    Er berührte ihr schweres, rotes Haupthaar, hob eine Handvoll davon an seine Nase. Sie hatte ihre Strähnen nicht parfümiert, und er verzog das Gesicht, weil der Duft fehlte.
    Die Hände des Königs lagen noch auf ihrem Kopf. Er sprach Persisch, und sie wußte nicht, ob mit sich selbst oder zu ihr. Sie wagte nicht einmal, den Kopf zu schütteln, um anzudeuten, daß sie ihn nicht verstand, damit er die Geste nicht als Ablehnung deutete. Er begann, sich ungeniert mit ihren Schamhaaren zu befassen. Sie erregten seine Neugierde. »Henna?«
    Dieses eine Wort verstand sie, und sie versicherte ihm in einer Sprache, die er natürlich nicht verstand, daß die Farbe nicht Henna war. Er zog eine Strähne vorsichtig durch die Fingerspitzen und versuchte, das Rot wegzuwischen.
    Dann legte er sein einziges, loses Kleidungsstück aus Baumwolle ab. Seine Arme waren muskulös, aber er war um die Körpermitte dicklich und hatte einen vorstehenden, behaarten Bauch. Sein ganzer Körper war behaart, und sein Glied war kleiner als das Robs und dunkler. In der Sänfte auf dem Weg zum Palast hatte sie sich

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