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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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mit dem Essen. »Welches Fleisch ich auch vorgesetzt bekomme, es ist zu zäh und kaum gewürzt«, brummte er. »Wir könnten vielleicht auch den Lohn erhöhen, ein wenig«, schränkte er gleich wieder ein. »Es ist schlecht gewürzt«, bestätigte Rob. »Das kommt bei Euch niemals vor. Ich war immer begeistert, wie Ihr Wild zubereitet.«
    »Wie viel Lohn hältst du denn für angemessen - für einen sechzehnjährigen Jungen?«
    »Ich will gar keinen Lohn.«
    »Du willst keinen Lohn?« Der Bader sah ihn argwöhnisch an. „Mein. Das Einkommen stammt vom Verkauf des Spezificums und der Behandlung von Kranken. Deshalb möchte ich den Erlös von jeder zwölften verkauften Flasche und jedem zwölften behandelten Kranken.«
    »Von jeder zwanzigsten Flasche und jedem zwanzigsten Kranken.« Rob zögerte nur einen Augenblick, bevor er nickte. »Diese Bedingungen gelten für ein Jahr«, sagte er. »Sie können dann nach Übereinkunft neu festgesetzt werden.«
    »Abgemacht!«
    »Abgemacht!« stimmte Rob ruhig zu. Beide hoben grinsend ihre Krüge.

    Der Bader hielt sich an die Abmachung. In Northampton jedoch, wo es erfahrene Handwerker gab, ließ er eines Tages von einem Tischler einen zweiten Wandschirm anfertigen, und als sie im nächsten Ort hielten, stellte er ihn nicht weit von dem seinen auf. »Es ist Zeit, dass du auf eigenen Füßen stehst«, erklärte er. Nach der Vorstellung und dem Porträtzeichnen setzte sich Rob hinter den Wandschirm und wartete. Würden sie ihn ansehen und lachen? Oder würden sie sich von ihm abwenden und sich vielleicht in der Schlange des Baders anstellen?
    Sein erster Patient zuckte zusammen, als Rob dessen Hände ergriff, denn eine alte Kuh war ihm auf das Handgelenk getreten. »Das Mistvieh hat den Eimer umgestoßen. Als ich ihn aufstellen wollte, ist das verdammte Vieh mir draufgestiegen, versteht Ihr?« Rob hielt das Gelenk vorsichtig in der Hand und vergaß sofort alles ringsherum. Er sah einen schmerzhaften Bluterguss. Auch ein Knochen war gebrochen, der vom Daumen zur Handwurzel führte. Ein wichtiger Knochen. Er brauchte einige Zeit, um das Handgelenk richtig zu verbinden und in eine Schlinge zu legen. Er wartete hinter dem Wandschirm auf den nächsten Patienten, als ein junger Mann hereinkam, der vielleicht nur ein oder zwei Jahre älter war als er. Rob unterdrückte einen Seufzer, als er sah, dass sich der linke Zeigefinger in einem fortgeschrittenen Stadium des Brandes befand. »Kein schöner Anblick.«
    Der junge Mann wurde blass um die Mundwinkel, dennoch gelang es ihm zu lächeln. »Ich habe ihn mir vor zwei Wochen beim Holzhacken zerquetscht. Er hat natürlich ziemlich geschmerzt, schien aber gut zu heilen. Und dann...«
    Das erste Fingerglied war schwarz und ging in eine entzündlich verfärbte Stelle über, an die sich eine mit Blasen bedeckte Partie anschloss. Aus den großen Blasen trat blutiger Ausfluss und Fäulnisgeruch.
    »Wie wurde der Finger behandelt?«
    »Ein Nachbar riet mir, feuchte, mit Gänsekot vermischte Asche aufzulegen, um den Schmerz herauszuziehen.«
    Rob nickte, denn es war ein allgemein übliches Mittel. »Jetzt ist es eine verzehrende Erkrankung, die sich, wenn man nichts dagegen unternimmt, in die Hand und dann in den Arm fressen wird. Lang bevor sie den Rumpf erreicht, wirst du sterben. Der Finger muss abgenommen werden.«
    Der junge Mann nickte tapfer.
    Rob seufzte nun doch. Er musste sich doppelt absichern; einen Finger abzunehmen war ein ernster Eingriff, und diesem Jungen würde sein Finger ein Leben lang fehlen, wenn es darum ging, seinen Lebensunterhalt zu verdierifcn. Er ging zu des Baders Wandschirm. »Ist etwas los?« Des Baders Augen glitzerten.
    »Ein Fall, den ich Euch zeigen muss«, antwortete Rob und ging zu seinem Kranken voraus, während der dicke Mann etwas langsamer folgte.
    »Ich habe ihm gesagt, dass er abgenommen werden muss.«
    »Ja«, bestätigte der Bader, und sein Lächeln war verschwunden. »Das ist richtig. Brauchst du Hilfe, Kleiner?«
    Rob schüttelte den Kopf. Er gab dem Patienten drei Flaschen Spezificum zu trinken und legte dann sorgfältig alles bereit, was er benötigte, damit er nicht während der Amputation etwas suchen oder gar den Bader zu Hilfe rufen mußte.
    Er legte zwei scharfe Messer, eine Nadel und einen gewachsten Faden, ein kurzes Brett, Leinenstreifen zum Verbinden und eine kleine Säge mit feinen Zähnen bereit. Der Arm des Jungen wurde an das Brett festgebunden, so dass seine Hand mit der Handfläche nach

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