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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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manchmal auch Lenny, mit einem großen Muttermal unter dem rechten Auge und einem zu kurzen Bein.
    Falls der Musiker der Gesuchte war, so hatte er inzwischen einiges an Gewicht zugelegt. Aber schließlich war er selbst, Rob, auch nicht mehr so schlank.
    Wahrscheinlich war es gar nicht der Mann, den er suchte, sagte sich Rob J. Es gab sicher mehrere Männer in Amerika mit einem großen Muttermal im Gesicht und einem zu kurzen Bein. Und er erkannte plötzlich, dass er nicht wollte, dass es der richtige Mann war. Er gestand sich ein, dass er die Männer gar nicht mehr wirklich finden wollte. Was sollte er tun, wenn der Hornist Lenny war? Ihm die Kehle durchschneiden? Hilflosigkeit grinste ihn an.
    Es war ihm gelungen, Makwas Tod in eine der hintersten Schubladen seines Gedächtnisses zu verbannen, aber jetzt war diese Schublade, gleich der Büchse der Pandora, wieder geöffnet worden, und er spürte, wie eine vergessen geglaubte Kälte in ihm hochkroch, eine Kälte, die nichts mit der Temperatur in der kleinen Hütte zu tun hatte. Er verließ seine Behausung und ging zu dem Zelt, in dem die Regimentsverwaltung saß. Adjutant Douglass war inzwischen daran gewöhnt, dass der Doktor die Personalakten einsah, und hatte Rob J. schon gesagt, dass er noch nie einen Arzt gekannt habe, der so viel Wert auf lückenlose Patientenberichte legte. »Wieder Papierkram, Doc?«
    »Ein bisschen.«
    »Bedienen Sie sich! Die Ordonnanz ist gerade Kaffee holen gegangen. Sie können gerne welchen abhaben. Aber tropfen Sie mir bitte bloß nicht auf die verdammten Akten!« Rob J. versprach es.
    Die Kapelle war der Headquarters Company angegliedert. Douglass bewahrte die Unterlagen jeder Kompanie ordentlich getrennt in grauen Kästen auf. Rob J. fand den gesuchten Kasten, und darin lag ein Aktenbündel, das mit 119. Indiana-Regimentskapelle beschriftet war. Er ging die Unterlagen sorgfältig durch. Es gab unter den Musikern keinen mit dem Vornamen Leonard, doch als Rob J. die Karteikarte fand, wusste er sofort, dass er die richtige vor sich hatte, genauso wie er manchmal wusste, ob jemand überleben oder sterben würde.
    Ordway, Lanning A., ohne Dienstgrad, Heimatort Vincennes, Indiana.
    Freiwillig für ein Jahr verpflichtet, am 28. Juli 1862 in Fort Wayne eingetreten.
    Geboren in Vincennes, Indiana, am 11. November 1836.
    Größe 1,70 m, Haut hell, Augen grau, Haare braun.
    Eingesetzt für begrenzte Tätigkeit als Musiker (Horn in F) und allgemeine Arbeiten (wegen körperlicher Behinderung).

Truppenbewegungen
    Rob J.’s Vertrag war schon seit Wochen abgelaufen, als Colonel Symonds zu ihm kam, um über eine Neuerung zu sprechen. Zu dieser Zeit wüteten in den anderen Regimentern bereits die gefürchteten Frühlingsfieber - nicht aber im 119. Indiana. Dessen Angehörige litten zwar wegen des Schlafens auf feuchtem Boden an Erkältung und wegen der Ernährung an Durchfall, doch die Warteschlangen vor Robs Sprechstundenzelt waren die kürzesten, die er je erlebt hatte, seit er bei der Army arbeitete. Die ältesten Männer, die von Anfang an nicht hätten rekrutiert werden dürfen, hatte man nach Hause geschickt. Die meisten anderen litten unter Läusen, hatten schmutzige Füße und Hälse und Juckreiz im Schritt, und vor allem tranken sie zuviel Whiskey. Aber sie waren drahtig und abgehärtet durch die langen Märsche und den ständigen Drill, und sie hatten klare Augen und Tatendurst, weil es dem Assistenzarzt Cole irgendwie gelungen war, sie gesund durch die kalte Jahreszeit zu bringen, wie er es versprochen hatte. Von den sechshundert Mann des Regiments waren im Laufe der Wintermonate sieben gestorben - eine Sterblichkeit von zwölf Promille. Im gleichen Zeitraum starben in den drei anderen Regimentern 58 Promille und jetzt, da das Fieber grassierte, würde der Satz mit Sicherheit noch steigen. Also war der Colonel zu seinem Doktor gekommen, und Rob J. unterschrieb, ohne zu zögern, einen neuen Vertrag für weitere drei Monate. Was sie jetzt brauchten, erklärte er Symonds, sei eine Ambulanz, die das Regiment in der Schlacht betreuen konnte. Die zivile Sanitary Commission hatte den Kriegsminister so lange bedrängt, bis für die Potomac-Army Ambulanzen und Bahrenträger bewilligt wurden, doch damit hatte die Reformbewegung ein Ende gefunden, ohne dass für die Verwundeten der Einheiten im westlichen Sektor eine ähnliche Versorgung gewährleistet gewesen wäre. »Wir werden selbst dafür sorgen müssen«, sagte Rob J. Er und Symonds saßen

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