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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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ihrem Verhältnis, und er versuchte, das abzumildern. »Vielleicht kann ich in ein paar Tagen etwas auf der Farm tun. Wenn nicht, musst du mit Doug allein zurechtkommen.« Alden sah ihn verstimmt an und stapfte davon. Shaman und seine Mutter tauschten ein behutsames Lächeln aus, als er sich an den Frühstückstisch setzte. Sie hatten sich angewöhnt, über unverfängliche Themen zu sprechen. Er machte ihr Komplimente über die Würstchen und die Eier, die sie genau richtig gebraten hatte, ein Frühstück, das er seit seinem Weggang nicht mehr bekommen hatte. Sie erzählte, dass sie gestern auf dem Weg in die Stadt drei Blaureiher gesehen habe. »Es gibt in diesem Jahr mehr davon als sonst. Vielleicht sind sie durch den Krieg aus anderen Gegenden vertrieben worden.«
    Er hatte am Abend zuvor lange im Tagebuch seines Vaters gelesen und hätte ihr gerne viele Fragen gestellt, doch er wusste, dass sie dies traurig machen würde.
    Nach dem Frühstück nahm er sich die Patientenberichte seines Vaters vor. Niemand hatte genauere Protokolle geführt als Robert Judson Cole. Selbst wenn er todmüde war, hatte er vor dem Zubettgehen die Aufzeichnungen vervollständigt, und so war Shaman jetzt in der Lage, eine Liste all jener Leute aufzustellen, die sein Vater in den Tagen nach seiner Heimkehr behandelt hatte.
    Er fragte seine Mutter, ob er Boss und den Wagen nehmen könne. »Ich möchte nach den Leuten sehen, die Pa besucht hat. Typhus ist eine sehr ansteckende Krankheit.« Sie nickte. »Eine gute Idee. Wie sieht’s mit dem Mittagessen aus?«
    »Ich werde mir ein paar von deinen Brötchen mitnehmen.«
    »Das hat er auch oft getan«, sagte sie leise.
    »Ich weiß.«
    »Ich werde dir etwas Richtiges zu essen einpacken.«
    »Wenn es dir nicht zuviel Mühe macht.«
    Er trat zu ihr und küsste sie auf die Stirn. Sarah blieb reglos sitzen, nahm aber die Hand ihres Sohnes und drückte sie. Wieder einmal fiel Shaman auf, wie schön seine Mutter war.
    Seine erste Station war die Farm von William Bemis, der sich bei der Geburt eines Kalbes den Rücken verletzt hatte. Der Mann humpelte gebückt herum, sagte jedoch, sein Befinden habe sich gebessert. »Allerdings hab’ ich kaum noch was von der stinkenden Tinktur, die mir Ihr Vater dagelassen hat.« »Hatten Sie Fieber, Mr. Bemis?«
    »Teufel, nein. Warum sollte ich Fieber kriegen, wenn ich mir das Kreuz verrenkt habe?« Er sah Shaman misstrauisch an. »Woll’n Sie mir was für den Besuch berechnen? Ich hab’ nicht nach einem Doktor geschickt.« »Nein, Sir, ich berechne nichts dafür. Ich freue mich, dass es Ihnen besser geht.« Shaman füllte etwas von der »stinkenden Tinktur« in die fast leere Flasche und verabschiedete sich.
    Er beschloss, auch dort vorbeizusehen, wo sein Vater nur gewesen war, um alte Freunde zu begrüßen. Kurz nach Mittag kam er zu den Schroeders. »Genau richtig zum Essen«, freute sich Alma und schürzte missbilligend die Lippen, als er ihr eröffnete, dass er seine eigene Verpflegung dabeihabe.
    »Na, dann kommen Sie rein, und verspeisen Sie die, während wir essen«, sagte sie, und er folgte der Einladung, froh, Gesellschaft zu haben. Sarah hatte ihm aufgeschnittenen Lammbraten, eine gebackene Süßkartoffel und drei Brötchen mit Honig eingepackt. Alma brachte eine Platte mit gebratenen Wachteln und Pfirsichtaschen aus der Küche. »Sie werden doch nicht die Taschen verschmähen, die ich mit meiner letzten Marmelade gefüllt habe!« sagte sie, und er aß zwei und ein Stück Wachtelbrust.
    »Ihr Vater hat sich nie was mitgebracht, wenn er um die Essenszeit herkam«, erklärte Alma. Dann sah sie ihm geradewegs in die Augen. »Werden Sie jetzt in Holden’s Crossing bleiben? Als unser Doktor?« Er blinzelte verdutzt. Es war eine naheliegende Frage, eine Frage, die er sich eigentlich schon selbst hätte stellen müssen, was er jedoch vermieden hatte. »Wissen Sie, Alma... ich habe noch nicht darüber nachgedacht«, antwortete er lahm.
    Gus Schroeder beugte sich zu ihm hinüber und sagte flüsternd, als vertraue er ihm ein Geheimnis an: »Warum denken Sie dann nicht jetzt darüber nach?«
    Gegen drei Uhr traf Shaman bei den Snows ein. Edwin Snow baute am Nordrand der Stadt Weizen an - an der am weitesten von der Cole-Farm entfernten Ecke. Er war einer derjenigen, die nach Doc Cole geschickt hatten, als sich herumgesprochen hatte, dass er wieder da sei, denn Ed hatte eine schlimm entzündete Zehe. Nun sah Shaman den Mann ohne das geringste Hinken auf sich

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