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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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endlich in sein Bett komme, und er folgte ihr eiligst die Treppe hinauf. Im Schlafzimmer überkam ihn plötzlich Befangenheit. »Ich glaube, ich sollte erst einmal gründlich baden«, meinte er nervös. Sie flüsterte, er könne auch danach baden. Die langen Monate der Trennung, seine Erschöpfung und der Schmerz im Arm fielen mit seinen Kleidern von ihm ab. Sie küssten und erforschten einander begieriger als damals nach ihrer Hochzeit bei der Großen Erweckung in der Scheune des Farmers, denn jetzt wussten sie, was ihnen so gefehlt hatte. Seine gesunde Hand fand sie, und er ließ seine Finger sprechen. Nach einer Weile gaben Sarahs Knie nach, und er zuckte vor Schmerz zusammen, als sie gegen ihn sank. Sie sah sich die Wunde an, ohne zu erbleichen, half ihm dann, den Arm wieder in die Schlinge zu legen, und zwang ihn, sich auf das Bett zu legen und die Initiative ihr zu überlassen. Rob J. schrie während sie sich liebten; einmal, weil der Arm weh tat.
    Freude erfüllte ihn, nicht nur darüber, zu seiner Frau zurückgekehrt zu sein, sondern auch darüber, die Pferde im Stall mit Äpfeln füttern und feststellen zu können, dass sie sich an ihn erinnerten; zu Alden zu gehen, der gerade Zäune reparierte, und die Herzlichkeit auf dem Gesicht des alten Mannes zu sehen; den Kurzen Weg durch den Wald zum Fluss zu nehmen und unterwegs anzuhalten und Unkraut von Makwa-ikwas Grab zu entfernen; in der Nähe, wo das hedonoso-te gestanden hatte, an einen Baum gelehnt einfach nur dazusitzen und das Wasser friedlich vorbeifließen zu sehen, ohne dass vom anderen Ufer Soldaten mit schrecklichem Kriegsgeschrei heranstürmten und schossen. Spät an diesem Nachmittag gingen er und Sarah auf dem Langen Weg zu den Geigers. Auch Lillian weinte, als sie ihn sah, und küsste ihn auf den Mund. Der letzten Nachricht zufolge sei Jason bei guter Gesundheit, erzählte sie, und habe einen Posten als Verwalter eines großen Krankenhauses am James River.
    »Dann war ich ganz in seiner Nähe«, sagte Rob J. »Nur ein paar Stunden entfernt.«
    Lillian nickte. »So Gott will, kommt er bald nach Hause.« Sie konnte den Blick kaum von Rob J.s Arm wenden. Sarah lehnte die Einladung zum Abendessen ab: Sie wollte ihren Mann ganz für sich allein haben. Doch das war ihr nur zwei Tage lang gegönnt, denn am dritten Morgen hatte es sich herumgesprochen, dass Rob J. zurück war. Die Leute kamen - einige nur, um ihn zu begrüßen, doch der größte Teil, um das Gespräch wie zufällig auf einen Furunkel am Bein oder einen schlimmen Husten oder Bauchschmerzen zu bringen, die nicht vergehen wollten. Sarah kapitulierte. Alden sattelte Boss für ihn, und Rob J. ritt zu einem halben Dutzend Farmen, um alte Patienten zu besuchen.
    Tobias Barr hatte zwar fast jeden Mittwoch in Holden’s Crossing Sprechstunde gehalten, doch die Leute waren nur in Notfällen hingegangen, und Rob J. stand vor derselben Aufgabe wie damals, als er neu nach Holden’s Crossing gekommen war: unbehandelte Leistenbrüche verfaulte Zähne und chronische Bronchitis. Bei den Schroeders sagte er, er sei erleichtert, dass Gustav nicht noch mehr Finger bei irgendwelchen Unfällen auf der Farm verloren habe, was wirklich stimmte, obwohl er es scherzhaft sagte. Alma servierte ihm Zichorienkaffee und Mandelbrot und erzählte ihm die lokalen Neuigkeiten, von denen ihn einige sehr betrübten. Paul Gruber war im letzten August auf seinem Weizenfeld tot umgefallen. »Wahrscheinlich das Herz«, meinte Gus. Und Suzy Gilbert, die immer darauf bestanden hatte, Rob J. schwere Kartoffelpfannkuchen vorzusetzen, war einen Monat zuvor im Kindbett gestorben. Es gab Neuzugänge in der Stadt: Familien aus Neuengland und aus dem Staat New York sowie drei katholische Familien, die frisch aus Irland eingewandert waren. Er könne kein Wort verstehen, was die redeten, sagte Gus mit starkem deutschem Akzent, und Rob J. konnte nicht umhin zu lächeln. Am Nachmittag ritt er an einer inzwischen umfangreichen Ziegenherde vorbei zum Konvent der Franziskanerinnen. Miriam Ferocia begrüßte ihn strahlend. Er setzte sich in den Bischofssessel und erzählte ihr, was er erlebt hatte. Als er von Lanning Ordway und dessen Brief an Reverend David Goodnow berichtete, hing sie gespannt an seinen Lippen. Sie bat ihn, Goodnows Namen und Adresse notieren zu dürfen. »Es gibt Menschen, für die diese Information sehr wertvoll sein wird«, sagte sie.
    Und dann erzählte sie ihm von ihrer Welt. Der Konvent blühte: Vier neue Nonnen und

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