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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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konzentrierte, die sie ihm stellte. Seine Sprache hatte sich mehr verschlechtert, als er befürchtet hatte, und sich damit auseinanderzusetzen war kein Vergnügen. Er war erleichtert, als schließlich die Kinder zurückkamen, die einen Eimer schleppten. Er war fast zur Hälfte mit Nüssen gefüllt, und Rachel sagte, sie werde sie zu Hause mit einem Hammer zerschlagen, die Kerne herausnehmen, und dann ein Nussbrot backen, von dem Shaman auch etwas abbekommen werde. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag zu einer weiteren Übungsstunde, doch als er nach der Sprechstunde mit den Hausbesuchen begann, stellte er beim ersten fest, dass Jack Dämon den Kampf gegen die Tuberkulose verloren hatte. Er blieb bei dem Sterbenden und versuchte, ihn zu beruhigen. Als das Ende kam, war es zu spät, um Rachel zu treffen, und er ritt bedrückt nach Hause. Der folgende Tag war ein Samstag. Im Haushalt der Geigers wurde der Sabbat strikt eingehalten, und so gab es keine Übungsstunde mit Rachel. Doch nach der Sprechstunde ging Shaman seine Stimmübungen allein durch. Er fühlte sich wurzellos und unzufrieden mit seinem Leben, was jedoch nichts mit seiner Arbeit zu tun hatte. Am Nachmittag nahm er sich wieder Cliburns Bücher vor und las weitere Ausführungen über die Gewaltlosigkeit und die Quäkerbewegung, und am Sonntag stand er früh auf und ritt nach Rock Island. Der Futtermittelhändler beendete gerade sein Frühstück, als Shaman eintraf. George stellte die Bücher ins Regal, bot ihm eine Tasse Kaffee an und nickte ohne erkennbare Überraschung, als Shaman ihn fragte, ob er zu dem Quäkertreffen mitkommen dürfe.
    George Cliburn war Witwer. Er hatte zwar eine Haushälterin, doch Sonntag war ihr freier Tag. Cliburn war ein ordentlicher Mann. Shaman wartete, bis er das Frühstücksgeschirr abgewaschen hatte, und bekam die Erlaubnis abzutrocknen. Sie ließen Boss im Stall und fuhren mit Cliburns Wagen, und auf dem Weg erzählte Cliburn ihm einiges über das Treffen.
    »Wir betreten das Versammlungshaus, ohne zu sprechen, und setzen uns: die Männer auf die eine, die Frauen auf die andere Seite. Ich denke, das ist so geregelt, damit die Teilnehmer nicht abgelenkt werden. Die Leute sitzen schweigend da, bis Gott einem die Last der Leiden dieser Welt aufbürdet, und dann steht diese Person auf und spricht.«
    Cliburn gab Shaman den Rat, sich in die Mitte oder den hinteren Teil des Versammlungsraums zu setzen. Sie würden nicht beieinander sitzen. »Es ist Brauch, dass die Ältesten, die schon viele, viele Jahre für die Society of Friends gearbeitet haben, vorne sitzen.« Er beugte sich vertraulich zu Shaman. »Es gibt Quäker, die uns da vorne >einflussreiche Freunde< nennen.« Er lachte.
    Das Versammlungshaus war klein und schmucklos, ein weißer Kasten mit Flachdach, weißgetünchten Wänden und grauem Boden. Dunkel gebeizte Bänke waren in U-Form aufgestellt, was allen ermöglichte, einander anzusehen. Vier Männer saßen bereits da. Shaman nahm auf einer rückwärtigen Bank nahe bei der Tür Platz - wie jemand, der vorsichtig eine Zehe ins Wasser hält, um die Temperatur zu prüfen. Ihm gegenüber saßen ein halbes Dutzend Frauen, und es hatten sich acht Kinder eingefunden. Die Ältesten waren wirklich alle in fortgeschrittenem Alter. George und fünf seiner »einflussreichen Freunde« saßen im vorderen Teil des Raumes auf einer Bank, die auf einer dreißig Zentimeter hohen Empore stand.
    Es herrschte eine Stille wie in Shamans tauber Welt. Von Zeit zu Zeit kamen neue Leute und ließen sich schweigend nieder. Schließlich kam niemand mehr. Shaman zählte elf Männer, vierzehn Frauen und zwölf Kinder. Und alle saßen in tiefem Schweigen da.
    Es war erholsam. Er dachte an seinen Vater und hoffte, dass er seinen Frieden gefunden hatte. Und er dachte an Alex. Bitte, schickte er ein Gebet in die vollkommene Stille, die er mit den übrigen teilte, bitte, lass meinen Bruder nicht bei den Hunderttausenden sein, die den Tod gefunden haben! Bitte, schick mir den lieben, verrückten Ausreißer gesund zurück! Und dann dachte er an Rachel, doch in diesem Zusammenhang wagte er nicht zu beten. Er dachte an Hattie, die die Augen und das Lächeln ihrer Mutter hatte, und viel redete. Er dachte an Joshua, der kaum sprach, ihn aber immer anzusehen schien.
    Ein Mann in den mittleren Jahren erhob sich von einer Bank ganz in Shamans Nähe. Er war mager und wirkte zerbrechlich. »Dieser schreckliche Krieg geht endlich dem Ende zu«, sagte er.

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