Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
Vom Netzwerk:
Medical Society.
    »Sind Sie ein Copperhead, Dr. Cole?«
    »Nein, das bin ich nicht.«
    »Und Sie haben auch nicht den kleinsten Funken Sympathie für den Süden?«
    »Ich bin gegen die Sklaverei. Ich will, dass der Krieg zu Ende geht, ohne noch mehr Leid anzurichten, und ich unterstütze den Süden nicht.«
    »Warum ist Sergeant-Major Korff in dieses Haus gekommen?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Shaman war entschlossen, den lange zurückliegenden Mord an einer Indianerfrau in Illinois und die Tatsache, dass drei Männer und ein politischer Geheimbund in die Vergewaltigung und den Tod dieser Frau verwickelt waren, nicht zu erwähnen. Das war alles zu weit entfernt, zu mysteriös. Er wusste, wenn er es zur Sprache brachte, würde er nur den Argwohn dieses unfreundlichen Armeeoffiziers herausfordern und sich und seinen Bruder noch mehr gefährden.
    »Sie verlangen von uns zu akzeptieren, dass ein Sergeant-Major der United States Army bei einem versuchten Raubüberfall getötet wurde.«
    »Nein, ich verlange nicht, dass Sie irgend etwas akzeptieren. Major Poole. Glauben Sie, dass ich diesen Mann eingeladen habe, in einem von mir gemieteten Haus ein Fenster einzuschlagen, das Haus unbefugt um zwei Uhr morgens zu betreten und im Krankenzimmer meines Bruders eine Waffe abzufeuern?«
    »Warum hat er es dann getan?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Shaman, und der Major runzelte die Stirn.
    Während Poole Shaman verhörte, befragte der Leutnant im Wohnzimmer Alex. Gleichzeitig durchsuchten die Gemeinen und die Deputies des Sheriffs den Stall und das Haus, sie öffneten Shamans Gepäck und leerten Schubladen und Schränke.
    Von Zeit zu Zeit unterbrachen die beiden Offiziere die Verhöre, um sich zu besprechen.
    »Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Ihre Mutter eine Südstaatlerin ist?« fragte Major Poole Shaman nach einer solchen Pause. »Meine Mutter wurde in Virginia geboren, hat aber mehr als ihr halbes Leben in Illinois verbracht. Ich habe es Ihnen nicht gesagt, weil Sie mich nicht danach gefragt haben.«
    »Das haben wir in Ihrer Arzttasche gefunden. Was ist das, Dr. Cole?« Poole breitete vier Zettel auf dem Bett aus. »Auf jedem stehen Name und Adresse einer Person, eines Südstaatlers.«
    »Es sind die Adressen von Angehörigen der Zeltkollegen meines Bruders im Gefangenenlager von Elmira. Diese Männer haben sich um meinen Bruder gekümmert und ihn gepflegt. Wenn der Krieg vorbei ist, werde ich mich mit ihnen in Verbindung setzen, um herauszufinden, ob sie es geschafft haben. Und wenn sie es geschafft haben, werde ich ihnen danken.«
    Die Verhöre zogen sich in die Länge. Oft wiederholte Poole Fragen, die er schon einmal gestellt hatte, und Shaman wiederholte dann seine Antworten.
    Mittags gingen die Männer zum Essen zu Barnard und ließen nur die beiden Gemeinen und einen Sergeanten im Haus zurück. Shaman ging in die Küche, kochte Haferschleim und brachte Alex, der bedrohlich erschöpft aussah, eine Schüssel davon. Alex sagte, er könne nichts essen.
    »Du musst essen, das ist deine Art zu kämpfen!« sagte Shaman energisch, worauf Alex nickte und das mehlige Zeug auszulöffeln begann.
    Nach dem Mittagessen wurden die Plätze getauscht, der Major verhörte nun Alex und der Leutnant Shaman. Gegen drei Uhr nachmittags verlangte Shaman zur Verärgerung der Offiziere eine Unterbrechung und wechselte - vor Publikum - den Verband an Alex’ Stumpf. Shaman war sehr erstaunt, als Major Poole ihn bat, drei seiner Soldaten zu jener Stelle im Wald zu führen, wo er das amputierte Stück von Alex’ Bein verbrannt hatte. Er zeigte ihnen den Ort, und sie schaufelten den Schnee beiseite und wühlten in den Ascheresten, bis sie verkohlte Fragmente von Schien- und Wadenbein fanden, die sie in ein Taschentuch legten und mitnahmen. Am Spätnachmittag gingen die Männer. Das Haus war nun wieder angenehm leer, aber es herrschte auch eine Atmosphäre der Unsicherheit und des Verletztseins. Eine Decke hing vor dem zerbrochenen Fenster, die Böden waren schmutzig, und in der Luft hing der Körper- und Pfeifengeruch der Männer. Shaman erhitzte die Fleischsuppe. Zu seiner freudigen Überraschung hatte Alex plötzlich wirklich Hunger, und er gab ihm zur Suppe auch eine reichliche Portion Rindfleisch und Gemüse. Auch Shamans Appetit wurde dadurch angeregt, und nach der Suppe aßen sie Butterbrot mit Marmelade und Apfelmus, und Shaman brühte frischen Kaffee auf. Dann trug er Alex nach oben und legte ihn in Mrs. Clays Bett. Er

Weitere Kostenlose Bücher