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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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zwischen seinen Händen halten. Als er Schlafwandler auf den Mund schaute, sah er erfreut, dass der Medizinmann jetzt etwas sang, das er kannte, eins von Makwas Liedern, und er sang mit:
    ... Wi-a-ya-ni,
Ni-na ne-gi-se ke-wi-to-se-me-ne ni-na.
    ... Wohin du auch gehst,
Ich gehe mit dir, mein Sohn.
    Jemand brachte ein Holzscheit und warf es ins Feuer, und eine gelbe Säule tanzender Funken stieg in den schwarzen Himmel. Der Schein und die Hitze des Feuers machten Shaman benommen und matt, empfänglich für Visionen. Besorgt drehte er sich zu seiner Frau um. Rachel bot ihm einen Anblick, der ihre Mutter entsetzt hätte: Sie war ohne Kopfbedeckung, das Haar zerwühlt und wirr, auf ihrem Gesicht glänzte der Schweiß, und aus ihren Augen strahlte die Freude. Noch nie hatte sie fraulicher auf ihn gewirkt, menschlicher, begehrenswerter. Sie sah seinen Blick und beugte sich lächelnd vor, um ihm etwas zu sagen. Für jeden hörenden Menschen wären ihre Worte im Dröhnen der Trommel und im Gesang untergegangen, aber Shaman hatte keine Schwierigkeiten, sie von ihren Lippen abzulesen. »Das ist so schön, wie einen Büffel zu sehen!« sagte sie.
    Am nächsten Morgen verließ Shaman, ohne seine Frau zu wecken, früh das Nachtlager und badete im Iowa, während Schwalben durch die Lüfte segelten und zu seinen Füßen kleine Fische mattgoldglänzend durchs Wasser schossen.
    Es war kurz nach Sonnenaufgang, doch in der Siedlung lärmten schon Kinder, und als er an den Hütten vorbeiging, sah er barfüßige Frauen und einige Männer in der Kühle des Morgens ihre Gärten bestellen. Am Ortsrand traf er Schlafwandler, und die beiden blieben stehen und unterhielten sich angeregt wie zwei Gutsherren, die sich bei ihrem morgendlichen Verdauungsspaziergang begegnen. Schlafwandler fragte ihn nach Makwas Bestattung und ihrem Grab. Shaman tat sich schwer mit der Antwort. »Ich war ja noch ein kleiner Junge, als sie starb. Viel weiß ich nicht mehr davon«, sagte er. Aber aus dem Tagebuch seines Vaters war ihm bekannt, dass Makwas Grab am Morgen geschaufelt und sie am Nachmittag in ihrer besten Decke begraben worden war. Ihre Füße zeigten nach Westen, und der Schwanz einer Büffelkuh war ihr ins Grab gelegt worden. Schlafwandler nickte zustimmend. »Was liegt zehn Schritt nordwestlich ihres Grabes?«
    Shaman sah ihn verwundert an. »Ich erinnere mich nicht mehr. Ich weiß es nicht.«
    Der Medizinmann machte ein ernstes Gesicht. Der alte Mann in Missouri, derjenige, der beinahe Schamane gewesen sei, habe ihm beigebracht, was beim Tod eines Schamanen beachtet werden müsse, sagte er. »Wenn ein Schamane bestattet wird«, fuhr er fort, »beziehen vier watawinonas, Kobolde der Hinterlist, zehn Schritte nordwestlich des Grabes Stellung. Die watawinonas bewachen abwechselnd das Grab - einer ist immer wach, während die anderen drei schlafen. Sie können dem toten Schamanen zwar nichts anhaben, aber solange man sie an diesem Ort lässt, kann er seine Kräfte nicht benutzen, um den Lebenden beizustehen, die um seine Hilfe bitten.« Shaman unterdrückte ein Seufzen. Vielleicht hätte er mehr Toleranz aufbringen können, wäre er mit dem Glauben an solche Dinge aufgewachsen. Während der Nacht war er wach gelegen und hatte sich gefragt, wie es wohl seinen Patienten zu Hause erging. Und jetzt wollte er seine Arbeit hier zum Abschluss bringen und sich so früh auf den Rückweg machen, dass sie die Nacht an der schönen Stelle des Flusslaufs verbringen konnten, an der sie schon auf dem Herweg ihr Lager aufgeschlagen hatten.
    »Um die watawinonas zu vertreiben«, sagte Schlafwandler, »muss man ihren Schlafplatz finden und ihn ausbrennen.«
    »Gut. Ich werde es tun.« Shaman hatte es zwar nicht vor, doch Schlafwandler schien diese Lüge zu erleichtern. Kleiner Hund gesellte sich zu ihnen und fragte, ob er beim Armritzen Charlie Farmers Stelle einnehmen könne, da Keyser Tama noch in der Nacht gleich nach dem Verlöschen des Feuers verlassen habe. Shaman war enttäuscht, dass Keyser sich nicht verabschiedet hatte, doch er nickte Kleiner Hund zu und bat ihn zu helfen. Sie begannen früh mit den restlichen Impfungen. Diesmal ging es ein bisschen schneller, denn Shaman hatte an Übung gewonnen. Sie waren schon beinahe fertig, als ein von zwei Braunen gezogener Wagen auf die Lichtung fuhr. Keyser saß auf dem Kutschbock, und hinten im Wagen saßen drei Kinder, die neugierig auf die Sauks und die Mesqua-kies starrten.
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie

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