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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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helfen.«
    »Aber der Kaiser hält doch die Hand über Euch und Eure Forschungen.«
    »Das tut er«, gab Fausto Cagliari zu. »Ich kann mich in dieser Hinsicht seit Jahren nicht beklagen. Und doch! Wenn ein solcher Verdacht erst einmal in der Welt ist … Ihr habt sicher schon erlebt, wie schnell das in diesen Zeiten geschehen kann!«
    »Ich habe meine Entscheidung längst getroffen«, erklärte Wolfhart.
    »Das freut mich zu hören.«
    »Ich will alles wissen, was es zu wissen gibt!«
    »Dann seid Ihr hier richtig.« Fausto Cagliari reichte Wolfhart das Messer. »Es sind noch einige Beulen mit wertvollem Inhalt übrig, junger Medicus!«
    Ein Tag verging wie der andere. Die Arbeit war kaum zu schaffen und erforderte ein Höchstmaß an innerer Sammlung und Aufmerksamkeit, denn jeder Fehler mochte unter Umständen grausam bestraft werden. Die aus den Wunden gewonnenen Sekrete wurden in dichten Behältnissen aufbewahrt, die zur Ausstattung jeder guten Alchimisten-Küche gehörten. In kolbenförmigen Glasbehältern wurden sowohl die Sekrete als auch das in kleine Stücke geschnittene Hemd des Toten über einer Flamme erhitzt. Außerdem schnitt Cagliari noch verschiedene Proben aus dem Inneren des Körpers heraus, die auf ähnliche Weise behandelt wurden.
    »Wir müssen versuchen, die eigentliche Substanz aus den Proben herauszukochen!«, erklärte Cagliari.
    »Ihr sprecht von jener Essenz, die den Schwarzen Tod auslöst«, vergewisserte sich Wolfhart, während er dem großen Medicus dabei zusah, wie er ein Stück der Lunge, das er zuvor in einem Mörser zerstoßen hatte, in einen der Kolben füllte, um auch daraus die Essenz herauszukochen. Eine von außen mit Bitumen abgedichtete und aus einem widerstandsfähigen Leder bestehende Schlauchverbindung wurde auf den Ausgang des erhitzten Kolbens aufgepfropft und fing den entstehenden Dampf auf, der dann in einen weiteren Kolben geleitet wurde, wo er sich in Form von Tröpfchen absetzte.
    Es war immer derselbe Vorgang. Im zweiten Kolben setzte sich nichts anderes als klares Wasser ab. Das, worauf es Fausto Cagliari ankam, war der Inhalt des ersten Kolbens.
    Die Rückstände wirkten zumeist unscheinbar, aber der Meister-Medicus war davon überzeugt, dass in ihnen in mehr oder minder großer Konzentration das zu finden war, was er die Essenz des Schwarzen Todes nannte.
    »Wir haben viel zu wenige menschliche Körper, mit denen wir das tun können«, erklärte Darenius. »Nur zu Zeiten der Pest gibt es so viele, dass wir sie gar nicht alle untersuchen können, selbst wenn wir es wollten!«
    »Darum nehmen wir Ratten«, ergänzte der hinkende Lazaros, der gerade einmal wieder die Feuerstelle angefacht hatte, die zu verlöschen drohte.
    Wolfhart lernte schnell, wie die entsprechenden Prozeduren durchzuführen waren, und er sog jedes Wort, was Cagliari sagte, in sich auf. Der Meister-Medicus sprach von all den Pestepidemien in ungezählten Städten, die er erlebt hatte, und davon, was man seiner Meinung nach hätte tun können. Das einzige Mittel war seiner Ansicht nach die Quarantäne von vierzig Tagen. »Aber das ist nichts weiter als eine Notmaßnahme, die nichts mit einer wirklichen Abwehr, geschweige denn einem tiefen Verständnis des Schwarzen Todes zu tun hat!«
    Cagliari schien die Dinge sehr grundsätzlich anzugehen. Und genau das gefiel Wolfhart. Nur ab und zu hatte er das Gefühl, dass da noch etwas war, was der große Medicus ihm bisher noch nicht offenbart hatte. Manchmal bemerkte Wolfhart bei ihm ein eigenartiges Zögern. Dann stockte er mitten im Satz und führte seinen Gedanken nicht zu Ende, so als wollte er damit stillschweigend ausdrücken: So weit seid Ihr noch nicht, Wolfhart Brookinger!
    Mit den gewonnenen Essenzen wurden später Ratten, die in besonderen Räumen gehalten wurden, in Berührung gebracht. Ratten, die von den Zwillingen frisch eingefangen worden waren und die Cagliari nach eingehender Untersuchung für gesund hielt. Nach kurzer Zeit war Wolfhart ebenfalls geübt genug, um zu beurteilen, ob eine Ratte pestinfiziert war. Die Symptome unterschieden sich zumeist nicht sonderlich von jenen, die auch bei den Menschen auftraten.
    »Untersuche die Ratten einer Stadt, und du weißt, wie schlimm die nächste Epidemie zu werden droht!«, meinte Cagliari. »Ich habe schon Städte gesehen, da hatte der Fluch längst begonnen, und die Bewohner hatten das noch gar nicht bemerkt! Aber es sind immer die Ratten, die zuerst sterben!«
    Das Quartier, das Wolfhart

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