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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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den Besuchern der Hagia Sophia völlig gedreht. Zu rabiat traten sie auf und sorgten für die Sicherheit des Patriarchen und seiner engeren Umgebung.
    Nicht nur der neue Patriarch Athanasius wurde völlig abgesondert, sondern auch die anderen Geistlichen und Mönche, die in der Kirche ihre Gebete verrichteten, sangen oder Instrumente spielten, wurden gänzlich von den Gläubigen abgeschirmt. Es gab keine Möglichkeit, sich ihnen weiter als ein paar Schritte zu nähern oder sich gar eine Hand zum Zeichen des Segens auf den Kopf legen zu lassen.
    Als sie später die Kirche verließen, winkte ein Mann mit kräftigen Schultern und einem abgetragenen Wams Davide zu sich.
    »Ihr entschuldigt mich einen Moment, Maria?«
    »Gewiss.«
    Zusammen mit Thomás blieb Maria zurück und beobachtete, wie Davide mit dem Fremden hinter einem der breiten Stützpfeiler verschwand. Wenig später tauchte der Levantiner wieder auf – allein.
    Erst als sie wieder im Wagen saßen und ein Stück die Mese entlanggefahren waren, sprach Davide über diesen Vorfall. »Dieser Mann hat eine Botschaft von Zacharias dem Einäugigen überbracht.«
    »Und?«, fragte Maria. »Kann er endlich für uns etwas tun? Kein einziges Schiff ist in letzter Zeit vom Schwarzen Meer zu uns durchgekommen.«
    »Es sieht danach aus, dass diese Route auf absehbare Zeit nicht befahren werden kann. Die Befestigungen am Bosporus werden immer weiter ausgebaut und anscheinend mit mehr Kanonen bestückt. Es scheint, als ob im Augenblick jedes Stück Metall im weiten Umkreis eingeschmolzen und zu Kanonenrohren verarbeitet wird.«
    »Und was heißt das jetzt?«
    »Wir können im Moment nichts tun, als abzuwarten, bis sich die Lage wieder etwas beruhigt«, erklärte Davide. »Die Frage ist, ob das tatsächlich irgendwann geschehen wird.«
    »Inwiefern?«
    »Der Mann, den Zacharias geschickt hat, behauptet, dass man in Adrianopel einen Feldzug plant. Es werden Schiffe zusammengezogen, die den Bosporus blockieren könnten. Außerdem werden Soldaten, Schanzleute und Handwerker zusammengezogen, die man zur Herstellung von Belagerungsmaschinen braucht. Er sagte, ganz Adrianopel sei zu einer einzigen Werkstätte geworden, und man würde das Klopfen und Hämmern schon hören, wenn man von der Hauptstadt des Sultans noch einen halben Tagesritt entfernt ist.«
    Maria lächelte verhalten. »Das sind doch Geschichten!«, gab sie zurück.
    »Darauf würde ich mich ungern verlassen«, erwiderte Davide in einem sehr nachdenklich wirkenden Tonfall. »Übrigens, habt Ihr gehört, dass es im Konstantin-Hafen einen Pesttoten gegeben haben soll?«
    »Solche Vorfälle werden doch immer wieder erzählt.«
    »Diesmal scheint es zu stimmen. Es war einer der Lastenträger, die dort als Tagelöhner arbeiten. Man fand ihn inmitten einer Ladung wertvoller Hölzer – und ganz in seiner Nähe gab es auch ein paar verendete Ratten.«
    Maria atmete tief durch. Sie lehnte sich zurück, während der Wagen über den schadhaften Untergrund der Mese rumpelte, die man auf diesem Abschnitt schon sehr lange nicht mehr ausgebessert hatte. Hört dieses Unheil denn nie auf?, fragte sie sich.
    Äußerlich versuchte Maria so zu tun, als würde sie diese Nachricht nicht berühren. In Wahrheit jedoch wurde sie von solchen Nachrichten tiefer aufgewühlt als von allem anderen.
    »Vielleicht sollten wir einfach nur noch die Hände in den Schoß legen und uns zum Sterben bereit machen«, meinte sie voll Bitterkeit. »Es scheinen ja doch alle Anstrengungen keinen Sinn zu haben. Ja, nicht einmal die vage Aussicht auf irgendeinen noch so kleinen Erfolg ist am fernen Horizont auszumachen! Stattdessen geht es nur noch darum, die Verluste in einem erträglichen Rahmen zu halten.«
    »Fangt nicht an, Reden zu schwingen, wie es Euer Bruder tut«, hielt Davide ihr entgegen. »Denn ich fürchte, dass damit erst genau das heraufbeschworen wird, was im Grunde verhindert werden soll!«
    Die Tage gingen dahin, und die einzige gute Nachricht, von der Maria erfuhr, war das Eintreffen mehrerer Galeonen aus Venedig und Genua. Der Papst in Rom hatte diese Schiffe finanziert, wie sich rasch herumsprach, und mancher Rhomäer im Hafen spottete darüber, dass dies die Münze sei, mit der die Kirchenunion bezahlt worden sei. Für die meisten Einwohner der Stadt war das Einlaufen dieser Schiffe hingegen ein Grund zur Freude – ein vielleicht letztes Fanal der Hoffnung. Die schwer bewaffneten Galeonen blieben immerhin in Konstantinopel, um der

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