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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel
Autoren: C Walden
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Kirchen schon seit langem eine wahrhaft vollkommene Union!«
    In diesem Moment klopfte es an der Tür.
    »Was ist?«, fragte Meister Cagliari unwirsch.
    »Meister, Ihr habt Besuch!«, war die Stimme des hinkenden Lazaros zu hören. Gleich darauf fügte er noch hinzu: » Hoher Besuch.«
    »Das wird der Logothet sein«, stellte Wolfhart fest.
    »Ja, das mag zutreffen.« Er trat nahe an Wolfhart heran. »Es gibt kein Zurück, Wolfhart. Das habt Ihr seit geraumer Zeit gewusst. Wir gehen mit dem Tod an sich um, und das fordert Opfer. Immer wieder. Es ist nicht zu ändern, und es sollte Männer wie uns auch nicht schlechter schlafen lassen als ohnehin schon.«
    »Wenn Ihr das sagt.«
    »Ihr habt schon viel gelernt, Wolfhart. Und diese Lektion werdet Ihr auch noch verinnerlichen, selbst wenn es jetzt auf eine etwas schnellere und rauere Art geschehen musste, als ich es Euch gewünscht hätte.« Sein Blick bohrte sich regelrecht in Wolfharts Augen. »Ich kann mich auf Euch verlassen, nicht wahr?«
    Es war keine Frage. Es war eine Drohung.

Einundzwanzigstes Kapitel

    Verzweiflung
    Kanonendonner war von diesem Tag an ständig zu hören. Die gewaltigen Geschütze, über die einem überall in der Stadt die schauerlichsten und teilweise schier unglaublichsten Geschichten zu Ohren kamen, wurden ohne Unterlass geladen und abgefeuert. Alle zwei Stunden vernahm man einen gewaltigen Donnerschlag des Konstantinopel-Geschützes und in einem genauso langen Intervall einen etwas weniger starken, aber immer noch beängstigenden Knall des Basilisken. Dazwischen feuerten die anderen Geschütze, sodass ein unablässiges Donnern und Knallen stattfand.
    Der Beginn des Beschusses hatte die Stadt in den ersten Tagen nahezu gelähmt, ihre Bewohner waren vor Angst wie erstarrt. Nachdem man sich jedoch offenbar auch an solche Schrecken gewöhnen konnte, schien sich das Leben in den Handwerksgassen und auf den Märkten bis zu einem gewissen Grad zu normalisieren. Selbst in den Werkstätten der Handwerker wurde wieder gearbeitet, und bei den Geldwechslern herrschte so viel Betrieb wie seit Tagen nicht mehr. Es mutete fast so an, als ob man das drohende Unheil einfach zu ignorieren versuchte.
    Maria machte sich Sorgen um ihren Bruder, der schon seit mehreren Tagen nicht nach Hause gekommen war. Er war nicht aufzufinden, und niemand schien zu wissen, wo er geblieben war.
    »Er wird sich mit diesen Ketzern und Teufelsanbetern treffen«, glaubte Maria, als sie mit Davide darüber sprach.
    »Seriféa ist ebenfalls verschwunden«, stellte Davide fest.
    »Ich dachte, sie sei zu ihrem Vater zurückgekehrt!«, gab Maria überrascht zurück.
    Davide nickte. »Ja, weil Euer Bruder ihr das Herz gebrochen hat und sie es nicht mehr ertragen konnte, hier zu leben. Aber ich habe erfahren, dass sie nie dort ankam.«
    Marias Augen verengten sich. »Davide, redet offen mit mir! Was, glaubt Ihr, ist da geschehen?«
    »Wenn ich das nur wüsste.«
    »Ich weiß, dass sie sich sehr um meinen Bruder gesorgt hat und ihm sogar zu einer dieser unheiligen Zusammenkünfte gefolgt ist, die vom Orden der Cherubim abgehalten werden, um irgendwelche Zeremonien abzuhalten. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass sie vielleicht ebenfalls in den Bann dieses Ordens geraten ist?«
    »Meiner Meinung nach nein«, bekannte Davide. »Ihr Glaube ist gefestigt.«
    »Marco hatte zwar immer gewisse Zweifel, und ehrlich gesagt habe ich ihn manchmal dafür insgeheim bewundert, dass er einem Gedanken einfach folgte – ohne Furcht davor, wohin er ihn führen könnte. Allerdings hätte ich niemals gedacht, dass er in solchem Maß zum Sklaven einer Idee werden könnte. Einer Idee, die nichts anderes sagt, als dass man das Böse tun muss, um das Böse zu verhindern. Und was mich am meisten erschreckt, ist, dass er offensichtlich jeden Glauben an die Zukunft verloren hat. Denn wie ist es sonst erklärlich, dass er das Vermögen des Hauses zu verschleudern versuchte und dass es ihm völlig gleichgültig zu sein scheint, was morgen mit ihm sein wird?« Maria hob den Kopf.
    Dass Seriféa ihren Dienst im Hause di Lorenzo aufgab, hatte die junge Frau Maria nicht selbst gesagt. Stattdessen war sie von Davide darauf angesprochen worden, der zunächst eine vorübergehende Rückkehr zu ihrem Onkel erwähnte, mit dem sie vor langen Jahren auch nach Konstantinopel gekommen war. Der Onkel lebte mittlerweile am anderen Ende der Stadt, nördlich des alten Konstantinopel an der senkrecht zur Mese verlaufenden Hauptstraße,
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