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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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während er das Wort ergriff.
    »Niemand verlässt diesen Saal«, rief er. »Nicht, bevor nicht aufgeklärt ist, was soeben geschah!«
    Die Wachen riegelten sofort sämtliche Türen des Audienzsaals ab. Ringsum stellten sich daraufhin die livrierten Krieger in ihren Harnischen vor den Ausgängen auf und kreuzten die Hellebarden.
    Hier und da versuchte tatsächlich der eine oder andere Edelmann oder eine Dame aus einem niederen serbischen Adelshaus, das über mehrere Ecken mit dem Haus des Kaisers verbunden war, noch zu entwischen, aber es blieb beim halbherzigen Versuch. Schließlich wusste jeder im Raum, wie unbarmherzig die Waffenknechte des Kaisers sein konnten, obwohl sie noch nicht einmal die schlimmsten waren.
    Wirklich schlimm waren die unerkannt unter der Bevölkerung wandelnden Büttel, die der Kaiser angestellt hatte. Sie spionierten und mordeten im Geheimen, und niemand war in der Lage, sie daran zu hindern.
    »Alles muss genauestens untersucht werden«, verkündete nun Stefanos Pantelis. Die Stimme des Ersten Logotheten klang auch jetzt noch autoritär, obwohl er im Moment nicht im Willen des Kaisers von Gottes Gnaden, sondern nur in eigenem Namen sprach. Irre ich mich, oder ist er nur sehr wenig überrascht von den Geschehnissen?, ging es Maria durch den Kopf.
    Jason Argiris wirkte ebenfalls sehr ruhig und gefasst – und die Tatsache, dass er sich zurzeit mit Athanasius Synkellos intensiv unterhielt, war wohl auch nur mehr als ein Zufall. Der Stellvertreter des Patriarchen nickte mehrfach und strich sich dabei den nach Art der orthodoxen Geistlichen fast bis zum Brustbein herabreichenden Bart glatt.
    »Wir können nur hoffen, dass dies alles nicht das Ergebnis einer Verschwörung gegen die Kirchenunion ist«, raunte Davide Scrittore ihr zu. Es war kaum mehr als ein Flüstern, und die Tatsache, dass er dabei auf Latein sprach, zeugte davon, dass er offenbar nicht von jedem verstanden werden wollte.
    »Haltet Ihr das denn für denkbar?«, murmelte Maria.
    »Aber natürlich. Die Union war immer umstritten und hätte die Gläubigen in der Stadt beinah in zwei völlig verfeindete Lager gespalten! Dasselbe gilt für die Geistlichkeit. Ich glaube, diese Kräfte haben im Geheimen niemals aufgehört, ihr Spiel voranzutreiben!«
    »Ein Spiel, das Konstantinopel den Türken in die Hände würfeln wird!«
    »Wenn man diese Stadt wirklich vor diesem Schicksal hätte bewahren wollen, dann hätte man schon vor Jahren anders handeln müssen!«, meinte Davide. »Was auch getan wurde, es kam wohl alles zu spät.«
    Maria sah ihn an. »So pessimistisch, Davide?«
    »Nein, nur klarsichtig.«
    Augenblicke später kehrte Fausto Cagliari zurück in den Audienzsaal. Er sprach zunächst mit Jason Argiris, dann trat Stefanos Pantelis hinzu.
    Es war bezeichnenderweise nicht der Erste Logothet, der dann zu den im Saal versammelten Herrschaften sprach, sondern der Kommandant der Leibgarde. »Der Kaiser ist von uns gegangen. Ein Arzt, der über jeden Zweifel erhaben ist, hat seinen Tod festgestellt und als Ursache die natürliche Schwäche des Körpers im Alter postuliert. Seine Nachfolge ist geregelt, und so gibt es keinen Anlass, das Vertrauen in das Kaisertum der Rhomäer in Frage zu stellen!«
    »Wie lange wird man uns hier noch festhalten?«, meldete sich nun Bartolomeo Maldini zu Wort. Niemand anderem als dem über achtzigjährigen Gesandten Genuas hätte ein solcher Zwischenruf zugestanden – und aus keinem anderen Mund wäre er geduldet worden.
    »Ursprünglich war es meine Absicht, jeden hier im Saal zu verhören und durchsuchen zu lassen«, erklärte Jason Argiris. »Nachdem jedoch der Medicus Cagliari die Möglichkeit einer Vergiftung kategorisch ausschließt, besteht dafür keine Veranlassung mehr. Ihr seid frei zu gehen, wann immer Ihr den Palast zu verlassen wünscht, Gesandter!«
    Ein Raunen ging nun durch die Anwesenden. Stimmengewirr brandete auf.
    »Das ist doch lächerlich!«, meinte Marco in zynischem Tonfall. Er lachte rau auf. »Kein Arzt ist so gut, dass er in so kurzer Zeit so etwas zu erkennen vermöchte! Und von Giften, die sich nicht durch ihre Wirkungsweise verraten und keine verräterischen äußeren Zeichen hinterlassen, scheint dieser Arzt wohl auch noch nie etwas gehört zu haben!«
    »Lasst uns gehen«, sagte Davide düster. »Sonst zieht uns der Strudel, der sich gerade aufzutun beginnt, mit in die Tiefe.«
    Sie hatten bereits den Audienzsaal verlassen und durchschritten eilig einen der hohen

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