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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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Säulengänge. Die Wachen standen regungslos auf ihren Posten und ließen sie ebenso passieren wie all die anderen, die jetzt aus dem Palast hinausdrängten.
    Maria bemerkte hinter sich einen Tumult. Wächter stürzten sich auf einen Mann, der ebenfalls versucht hatte, im Strom der Audienzgäste den Kaiserpalast zu verlassen.
    Maria erkannte sofort, wer es war.
    »Stefanos Pantelis!«, entfuhr es ihr.
    Der Erste Logothet sandte ihr einen verzweifelten Blick zu, während die Wächter ihn packten.
    »Ich habe niemandem etwas getan!«, rief er.
    Aber die Wächter ließen nicht mit sich reden, sie führten das aus, was ihnen befohlen worden war. Einer versetzte ihm einen Schlag, sodass er benommen in sich zusammenfiel und keinen Widerstand mehr leistete. Anschließend schleiften sie ihn davon.
    »Wir werden ihn so schnell nicht wiedersehen«, mutmaßte Davide.
    »Was geht hier vor sich, Davide?«
    »Stefanos Pantelis scheint in Ungnade gefallen zu sein. Wir können nur hoffen, dass in diesem Strudel nicht auch unsere Freunde am Hof mit in die Tiefe gerissen werden.«
    »Ihr meint Nektarios?«, fragte Maria.
    »Wir können nichts tun, als abzuwarten«, erklärte Davide nüchtern. »Der Wind hat sich eindeutig gedreht, und wir werden genug damit zu schaffen haben, uns selbst zu retten. Der Kaiser hat unsere Privilegien zwar bestätigt – und ich gehe davon aus, dass dies schon vor unserer Ladung zur Audienz schriftlich niedergelegt wurde –, aber das heißt nicht, dass das für alle Ewigkeit so bleiben muss.«

Fünftes Kapitel

    Kanonendonner
    Tag um Tag war Wolfhart Brookinger von Lübeck aus nach Süden gezogen. Über die ungefähre Route, die er nach Konstantinopel zu nehmen hatte, war er sich im Klaren. Noch vor seiner Reise nach Lübeck hatte er alle Karten studiert, die es an der Universität zu Erfurt zu sehen gab, und sich eingehende Notizen gemacht. Über Böhmen und Ungarn würde sein Weg führen, dann durch die Länder verschiedener kleinerer slawischer Herrscher, um schließlich einen Bereich zu betreten, der unter der Herrschaft des Sultans stand und der die Stadt vollkommen umschloss.
    Zweifellos wäre es sicherer gewesen, den Seeweg über Genua oder Venedig zu wählen. Die Kosten für die Passage hätten Wolfharts Mittel allerdings bei weitem überstiegen. Zwar hatte ihn sein Vater für die Reise ganz hinlänglich ausstaffiert, und er hätte auch jederzeit die Möglichkeit gehabt, sein Pferd zu verkaufen, um zu etwas Silber zu kommen, aber andererseits wusste er ja nicht, wie lange er dann davon würde leben müssen. Selbst wenn er Konstantinopel erreicht hätte, hieße das ja nicht, dass er dort gleich das Wohlwollen des großen Medicus Cagliari und eine Stellung in dessen Diensten erhielte. Vielleicht müsste er sich so durchschlagen oder gar dafür bezahlen, dem großen Medicus bei der Ausübung seines segensreichen Handwerks über die Schulter sehen zu dürfen. Also versuchte Wolfhart, mit so geringem Aufwand wie möglich durchzukommen. Daran war er im Übrigen bereits durch seine Zeit in Erfurt gewöhnt. Es war eine ganz grundsätzliche Erkenntnis und Entscheidung in seinem Leben gewesen, die Bildung des Geistes höher zu schätzen als Gold und Silber. Eine Entscheidung, die seine Familie wohl niemals wirklich verstehen würde. Doch musste nicht jeder einen eigenen Weg gehen und dem folgen, was der Herr einem in die Seele gelegt hatte?
    Jedenfalls war Wolfhart sehr froh darüber, dass es zwischen ihm und seinen Eltern nicht über diese Frage zu einem endgültigen Bruch gekommen war, und er rechnete es ihnen hoch an, dass sie ihn mit ihrem Wohlwollen ziehen ließen – wenngleich ihm natürlich klar war, dass sie sich etwas anderes von ihm gewünscht hätten.
    Wolfhart kampierte an diesem Tag an einem rauschenden Bach, einem der vielen Nebenarme der Moldau.
    Keine halbe Stunde zu Pferde entfernt befanden sich die Mauern der goldenen Kaiserstadt Prag. Aber da die Nächte noch nicht zu ungemütlich waren, um sie draußen im Freien zu verbringen, hatte Wolfhart beschlossen, die Tore der Stadt nicht zu durchreiten und sich die Taler für ein Wirtshaus oder einen Platz zwischen den Strohballen eines Mietstalls zu sparen.
    Ein lauter Knall ließ Wolfhart im Morgengrauen zusammenzucken. Das Pferd wurde unruhig. Ein weiterer Knall folgte. Er klang eher wie ein donnernder Kanonenschlag, und Wolfhart fragte sich, wem an diesem Tag wohl ein Salut gegeben würde! Denn wenn an diesem Ort ein Krieg getobt hätte,

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