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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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so wäre ihm davon zweifellos längst etwas zu Ohren gekommen. Zu sehen war davon während der gesamten Reise ebenso nichts gewesen. Dass die Auseinandersetzungen mit den hussitischen Ketzern nach fast zwanzig Jahren noch einmal aufgeflammt sein sollten, konnte Wolfhart nicht glauben. Ein Kreuzzug des Papstes hatte diese Abweichler zum Schweigen gebracht, und falls es noch welche von ihnen gab, so übten sie ihre Lehre im Verborgenen aus.
    Wieder donnerte es, und Wolfhart hatte diesmal alle Mühe, das noch ungesattelte Pferd ruhig zu halten.
    »Schön ruhig!«, murmelte er, während er dem Tier den Hals tätschelte. »Das gilt nicht uns beiden.«
    Der Gaul schnaubte, sodass man fast meinen konnte, er hätte die Worte verstanden und wollte ihnen widersprechen.
    Ein paar weitere Explosionen folgten noch, dann war endlich Stille.
    Wolfhart wartete noch, bis das Pferd sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Das dauerte allerdings eine ganze Weile, aber ehe das nicht geschehen war, konnte er seinen Sattel unmöglich auf den Rücken des Tieres legen. Geduld – das war das A und O im Umgang mit Pferden. So viel hatte Wolfhart inzwischen begriffen, und genau genommen unterschieden sich Gäule in dieser Hinsicht kaum von den meisten Menschen, wie er fand.
    Als dann eine ganze Weile nichts mehr zu hören gewesen war, wagte es der Reisende schließlich, seinen Gaul für die Weiterreise wieder zu satteln. Mehr brauchte er dafür nicht zu tun, alles, was er mitführte, trug er ohnehin am Leib.
    Hufschlag ließ ihn jetzt aufhorchen. Ein Reiter preschte in scharfem Galopp über den Waldweg. Der Umhang flog ihm hinterher wie eine dunkle Fahne. Sein Pferd war schwarz wie die Nacht. Er riss an den Zügeln, als er Wolfhart bemerkte.
    Den Reiter schätzte Wolfhart auf etwa vierzig Jahre. Er war kräftig von Statur, und der Großteil seines Gesichts war von einem dunklen Bart verdeckt, der schon hier und da leicht von silbergrauen Streifen durchwirkt war. Die Stirn war hoch, der Haaransatz schon fast bis zur Mitte des Kopfs zurückgegangen. Dass die Haut dort im Gegensatz zu seinem Gesicht kaum gebräunt war, sprach dafür, dass er normalerweise eine Mütze trug und sie womöglich während eines scharfen Ritts verloren hatte. Am Gürtel hing ein Langmesser. Unter dem Umhang war ein schwarzes, abgetragenes Lederwams zu sehen, dessen herausragendstes Merkmal die vielen aufgenähten Taschen und Ösen waren, mit denen sich Werkzeuge bei der Arbeit kurzzeitig befestigen ließen, um die Hände frei zu haben. Das war zweifellos die Weste eines Handwerkers. Die Ösen und Taschen sprachen für einen Zimmermann, die Art und Weise, wie das Leder vorn verstärkt war, eher für einen Schmied oder einen anderen Berufsstand, der sich gegen Funkenflug schützen musste, aber die trugen bei ihrer Arbeit normalerweise zusätzlich eine Schürze.
    Schweißperlen glänzten auf der hohen Stirn des Reiters. Schweißperlen, die im Widerspruch zur Kühle dieses Morgens standen.
    »Wohin so eilig?«, fragte Wolfhart.
    »Was kümmert dich das?« Einen Augenblick musterte der bärtige Reiter ihn und wirkte dann erleichtert. Wolfhart schwang sich nun ebenfalls in den Sattel. Kaum war er aufgesessen, preschte ein weiterer Reiter herbei. Er war bewaffnet, trug Schwert, Harnisch und eine Livree, wie man es bei den Stadtwachen erwarten konnte. Aus der Ferne waren Geräusche zu hören, die darauf schließen ließen, dass er nicht allein war.
    Der herannahende Reiter zog sein Schwert und rief lauthals nach Verstärkung. »Sie sind zu zweit!«, brüllte er.
    Der Bärtige war offensichtlich auf der Flucht – und anscheinend hatte dessen Verfolger den Eindruck, dass Wolfhart zu dem Flüchtigen gehörte.
    Mit blankgezogener Klinge näherte sich der Reiter.
    Anstatt seinem Gaul jetzt endgültig die Sporen zu geben, griff der Bärtige in eine der Taschen an seinem Lederwams. Er holte einen Stein hervor und schleuderte ihn mit ungeheurer Wucht in Richtung des Heranstürmenden. Mit atemberaubender Zielsicherheit traf der Stein das Pferd des Verfolgers am Auge. Wiehernd ging es auf die Hinterbeine. Der Waffenknecht wurde aus dem Sattel geschleudert und landete rücklings auf dem weichen Waldboden, während der Gaul davonstob.
    Der Bärtige wandte sich an Wolfhart. »Worauf wartest du – Narr?«
    Hierauf drückte er seinem Pferd die Hacken in die Seiten und ließ es voranpreschen.
    Wolfhart überlegte nicht lange und tat dasselbe. Jedenfalls hatte er keine Lust, sich mit einer

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