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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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ernst!«, sagte Maria.
    »Nein, natürlich nicht. Wenngleich Ihr mir zugestehen müsst, dass ich mich keiner Stadt und keinem Land auf dieser Welt genug verpflichtet fühle, um für sie mein Leben zu riskieren oder – noch schlimmer! – ohne angemessenen Lohn für seine Herrschaft zu arbeiten!«
    »Die Lage dieses Reiches ist allerdings von ganz besonderer Art«, sagte Maria.
    »Reich?«, echote Urban. »Ich spreche anscheinend Eure Sprache zu schlecht, um Euch richtig zu verstehen. Ihr macht wohl einen Witz.«
    » Basileia ton Romaion – Königreich der Römer.«
    »Ein Königreich, zu dem Rom gar nicht gehört und das zudem von einem Kaiser regiert wird – das ist ein Witz.«
    »Es wird auch einfach Imperium genannt.«
    »Das ist ein noch größerer Witz! Ein Imperium, das bis zur Stadtmauer reicht!«
    »Ihr vergesst die Besitzungen auf dem Peloponnes!«
    »Ein paar abgelegene Dörfer von Schafhirten vermutlich!« Urban lachte. »Je kleiner das Reich, desto imposanter der Name, so will es mir scheinen.«
    »Dieses Reich ist der letzte Vorposten der Christenheit in dieser Gegend, und wenn es fallen sollte, dann wäre das nicht einfach nur der Fall irgendeiner Stadt, sondern ein Erdbeben für die gesamte Christenheit. Und da sollte man sich schon überlegen, auf welcher Seite man steht!«
    »Nun, ich bin natürlich ein Mann des Glaubens«, versicherte Urban, wobei das aus seinem Mund nicht so recht überzeugend klang. »Und bisher habe ich ausschließlich christlichen Herren meine Dienste angeboten!«
    »Ich wette, Euch ist das Hemd näher als die Hose, und auch Ihr würdet für den Teufel persönlich Kanonen bauen, so er Euch darum bäte!«, ertönte nun eine schneidende Stimme, die von der halb offenen Tür her klang.
    »Marco!«, entfuhr es Maria.
    Marco trat ein. Sein Wams war nachlässig zugeknöpft. Er warf Seriféa einen kurzen Blick zu, der sie erröten ließ, und wandte dann seine Aufmerksamkeit denen zu, die am Tisch saßen. »Versteht mich nicht falsch, Herr Kanonengießer! Ich würde Euch das noch nicht einmal vorwerfen! Es muss schließlich nicht jeder so unheimlich rechtschaffen sein wie meine Schwester. Und wer weiß, vielleicht ist sie das auch gar nicht und versteht es nur, ihre Sünden vor der Welt geheim zu halten. Vor der Welt wohlgemerkt, denn Gott sieht ja bekanntlich in jedes Herz, sei es noch so finster oder noch so hell!«
    »Nun, ich bin ein einfacher Mann, der gelernt hat, wie man mit Metallen umgeht und sie in eine Form bringt, die fest und haltbar ist«, sagte Urban. »Ich maße mir aber nicht an, von allem anderen irgendetwas zu verstehen, geschweige denn, dass ich dazu fähig wäre, andere zu belehren!«
    »Ihr wollt Euch nicht festlegen und keine Meinung kundtun – außer über handwerkliche Fragen!«, stellte Marco fest und verzog dabei das Gesicht. »Eine kluge Haltung, würde ich sagen. Männer wie Ihr behalten den Kopf meistens länger auf den Schultern als diejenigen, die klaren Grundsätzen folgen! Ihr könnt Euch beglückwünschen!«
    »Marco, das ist ein Gast«, sagte Maria gereizt.
    »Nun, ich bin überzeugt, dass er über versteckte Bosheiten schon deshalb hinwegsieht, weil er sie gar nicht versteht!«, war Marco überzeugt. Er wandte sich an Seriféa. »Bring mir Wein! Dazu ist es nie zu früh!« Dann fixierte er Urban mit einem durchdringenden Blick und sagte: »Ihr seid doch ein Fachmann für Kanonen – und Ihr könnt den Boden dieser Stadt kaum betreten haben, ohne der gewaltigen Mauern ansichtig geworden zu sein, die sie schützen.«
    Auf Urbans Stirn erschien eine Falte. Der Tonfall unterschwelliger Feindseligkeit konnte ihm selbst dann nicht verborgen bleiben, wenn er sprachlich nicht alle Nuancen zu erfassen vermochte. »Das ist richtig«, stellte er zögernd fest.
    »Dann habt Ihr doch sicher eine Antwort auf die Frage, ob die Mauern unserer Stadt so unzerstörbar sind, wie viele glauben.«
    »Nichts ist unzerstörbar.«
    »Könnt Ihr das etwas näher ausführen?«
    »Es hängt von der Größe des Geschosses und der Kanone und der Menge des verwendeten Pulvers ab. Und davon, ob es gelingt, das Metall in eine Form zu bringen, die den Kräften standhält, die im Inneren der Kanone entfesselt werden. Die einzige Grenze der Zerstörungskraft liegt in der Kunst des Gießers.« Urban zuckte mit den breiten Schultern. »Mit genügend Pulver könnt Ihr Geschosse aus Blei oder Gestein durch die Luft fliegen lassen, die schwerer als die größten Kirchenglocken sind und

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