Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
Vom Netzwerk:
zurücklässt.«
    »Und du? Du hast auch diesen Mut?«
    »Ich hoffe es. Und ich bete dafür, dass er mich nicht verlässt, bevor ich die Grenze des Unwissens überschritten habe und dorthin vorgedrungen bin, wo es möglich wird, diese Krankheit nicht nur zu verstehen, sondern zu beherrschen und ihr den Schrecken zu nehmen.«
    Maria lächelte mild und auch etwas traurig. Der Enthusiasmus, mit dem er sprach, machte ihr klar, dass wohl nichts und niemand in Wolfharts Leben so wichtig war wie der Gedanke, die Pest besiegen zu können. Er würde ihr nie ganz gehören, das spürte sie. Selbst wenn sie sich unter viel günstigeren Bedingungen kennengelernt hätten, wäre das so gewesen. Maria erkannte dies zum ersten Mal in aller Deutlichkeit. Ein Traum, dachte sie. Und jetzt kam eben das Erwachen. Aber das bedeutete nicht, den Traum nun im Nachhinein bedauern zu müssen. Ganz im Gegenteil. Ihr Lächeln wirkte dennoch etwas gezwungen.
    »Es freut mich, dass dieser große Medicus offenbar von deinen Fähigkeiten überzeugt ist«, sagte sie.
    »Ich will nicht groß angeben«, sagte Wolfhart. »Die anderen Helfer, die ihm zur Verfügung stehen, sind allesamt vom Schicksal schwer gezeichnete Gestalten, denen wohl keine Wahl bleibt, als jemandem wie Cagliari zu folgen. Aber das soll meine Bewunderung für ihren Dienst nicht schmälern! Einer muss es doch tun. Einer muss es doch wagen, einen Schritt auf diesen Dämon zuzugehen, um ihm die Stirn zu bieten.« Sein Lächeln wurde breiter, wirkte zum ersten Mal während dieses Gesprächs wieder so frei und offen, wie Maria es gesehen hatte, als sie zusammen in ihrer Kammer gewesen waren und sich ihrer Liebe hingegeben hatten.
    »Jetzt rede ich auch schon von einem Dämon, obwohl ich dieses Gerede immer abgelehnt habe. Vielleicht liegt es daran, dass Meister Cagliari das auch tut. Seine Sichtweise leuchtet mir ein. Es geht darum, diesen Dämon, oder was immer es ist, zuerst zu verstehen. Denn aus dem Verständnis erwächst die Herrschaft und aus der Herrschaft die Möglichkeit, ihn zu vernichten.« Er ballte die Hände zu Fäusten, was auf Maria in diesem Moment etwas befremdlich wirkte. Er schien das zu spüren. Die Fäuste lösten sich wieder, und er berührte sie zärtlich an den Schultern. »Ich habe nie zu träumen gewagt, dass dies in Erfüllung geht«, gestand er.
    »Dann freue ich mich mit dir!«
    »Vielleicht habe ich sogar etwas für Urban erreichen können. Meister Cagliari scheint am Hof großen Einfluss zu haben und auch beim neuen Kaiser viel Vertrauen zu genießen. Er will die Dienste des Kanonengießers dort anpreisen – mal sehen, ob ihm das seine Geschäfte etwas erleichtert.«
    »Nun, unser Freund Nektarios ist ja nun zum Ersten Logotheten aufgestiegen und könnte sich auch für ihn verwenden.« Maria atmete tief durch. »Allerdings kann ich nur hoffen, dass die handwerklichen Fähigkeiten deines Begleiters tatsächlich so groß sind, wie er selbst sie anpreist, sonst wird sein Versagen zweifellos auf die zurückfallen, die sich für ihn eingesetzt haben.«
    »Nun, ich will ehrlich sein – ich habe ihn in der Nähe von Prag kennengelernt, als er auf der Flucht vor seinen Herren war. Kanonen haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie ab und zu zerbersten, anstatt mit ihrer Kraft ein Geschoss zu schleudern. Natürlich sagt er, dass er keine Schuld daran trüge, aber verbürgen kann ich mich dafür nicht, zumal ich nichts von der Metallgießerei und allem, was man zur Herstellung von Kanonen wissen muss, verstehe.«
    »Ich bin überzeugt davon, dass es in den Diensten des Kaisers Männer gibt, die das beurteilen können«, war Maria zuversichtlich. Sie seufzte. »Das Problem unseres Handelshauses sind zurzeit eher die Kanonen der Türken, die es jedem Schiff, das vom Schwarzen Meer her nach Konstantinopel zu segeln versucht, außerordentlich schwer machen, sein Ziel zu erreichen.«
    Maria nestelte an seinem Wams herum. Was rede ich hier eigentlich?, dachte sie. Sie spürte, dass er ihr noch etwas anderes zu sagen hatte – und sie ihm ebenfalls. All das Gerede von Dingen, von denen sie beide nichts verstanden, ließ letztlich nur die rare Zeit verstreichen, die sie für sich hatten. Jeden Moment musste man damit rechnen, dass entweder Seriféa oder Urban auftauchten. Vielleicht auch einer der anderen Bediensteten. Wie oft geschieht es, dass man auf einen Menschen trifft, von dem man schon im nächsten Moment weiß, dass man ihn liebt, bei dem es keine Zweifel gibt,

Weitere Kostenlose Bücher