Medienmuendig
draufsteht: Schult die soziale Kompetenz. Das ist völlig widersinnig. Ich denke, also gerade, wenn ich mir meine Tochter anschaue, wiedie mit ihrer Freundin spielt, was die da alles an sozialer Kompetenz erwerben. […] Ich denk das sind alles Sachen, die von keinem Computerspiel auch nur annähernd irgendwie imitiert werden können.
Und insofern, wir haben keinen Fernseher, einfach aus dem Grund, weil wir gar keine Zeit haben, fernzusehen. Weil wir unsere Zeit, die wir gemeinsam haben, auch miteinander verbringen wollen und nicht vor der Glotze.
Es gibt einfach wichtigere Dinge zu tun.
KAPITEL 10
Streit um Bildschirmnutzung – Kein Thema?
Erstens: Es gibt keine Familie, in der Fernsehen und Computer nicht irgendwann zum Konfliktthema werden. Die Kunst ist nur, die Zeiten und die Themen für diese Auseinandersetzungen so zu wählen, dass etwas Gutes aus dem Konflikt entstehen kann.
Zweitens: Die verbreitete Annahme, je weniger Bildschirmzeiten, desto mehr Konflikte müsse es geben, ist falsch. Für das Kindergartenalter gilt sogar das genaue Gegenteil. In der bildschirmfreien Zone ist das »Verbot« für die Kinder meist gar kein Thema. Aus den Augen, aus dem Sinn. Und auch später gibt es umso weniger Streit, je klarer und je besser begründet die Regeln sind. Beispiele für »gute« Medienregeln gibt es weiter unten. Sie sind je nach Alter der Kinder sehr unterschiedlich.
Zunächst zurück zur Frage, was es denn bedeuten würde, dass aus dem Konflikt um Medien etwas Gutes entsteht. Manchmal braucht man dafür einen sehr, sehr, sehr langen Atem, denn es kann über 20 Jahre dauern, bis der Nachwuchs ein Bewusstsein für das Positive an den Konflikten entwickelt. Über 20 Jahre? Wer in der Befragung von 2005 als Erwachsener auf seine eigene Kindheit zurückblickte, konnte sich fast immer an Streit um Mediennutzung erinnern. »Es gab da schon mal ziemlich Zoff«
,
sagte mir eine Mutter.
Damals gab es Streit, viele haben ihre Eltern als »viel zu streng« beschimpft. Heute, als Erwachsene, nun mit eigenen Kindern gesegnet, sind sie ihren Eltern dankbar für die Einschränkungen. Dieselbe Mutter sagt: »Heute finde ich es eigentlich eher gut
.
«
Aber eben erst 20 Jahre später. Und warum finden es die meisten Eltern rückblickend gut, dass ihre Eltern die Medienzeiten eingeschränkt haben? Weil sie dadurch einfach mehr Zeit für andere Dinge hatten, wurde am häufigsten als Grund angegeben. Auf die Frage, ob sie es bei ihren eigenen Kindern nun ähnlich machen wollen oder nicht, sagten diese Eltern praktisch alle Ja. Es gab aber auch eine andere, kleinere Gruppe von Eltern, die es ganz anders machen wollen als ihre Eltern. Es sind diejenigen, die in ihrer Kindheit eine extreme Laissez-faire-Haltung erlebt hatten: Bildschirmzeiten, Inhalte, alles war erlaubt, keiner kümmerte sich. Als Jugendliche freuten sie sich vielleicht noch über so viel Freiheit. Heute, als Eltern, beurteilen sie diese grenzenlose und im negativsten Sinne »konfliktfreie« Medienerziehung ganz anders: Sie wollen es nicht so machen. Die ermutigende Botschaft lautet also: Wenn Sie in den Auseinandersetzungen um Medien konsequent sind, werden Ihre Kinder es Ihnen später, manchmal auch erst sehr viel später, danken.
Einig waren sich die befragten Eltern darüber, dass eine gelingende Medienerziehung heute viel schwieriger sei als vor 20 Jahren. Warum? Damals konnte man zum Spielen noch einfach raus auf die Straße, zu den anderen. Heute muss man sich fragen, zu welchen anderen? Damals gab es drei Programme, es gab Sandmännchen, Sendung mit der Maus, Lassie und Bonanza. Heute gibt es Hunderte Sender mit 24-Stunden-Programm, und nicht nur Sponge Bob, Pokemons und Konsorten, sondern zusätzlich Handyspiele, Konsolenspiele, Computerspiele, Internet. Ja, man kann sagen, dass es heute schwieriger ist. Gleichzeitig ist es aber auch dramatischer, wenn es schiefgeht, und es lohnt sich daher umso mehr, sich an den richtigen Stellen mit Kindern über Medien auseinanderzusetzen. Am Anfang einer gelingenden Medienerziehung kann und sollte die entspannte Phase stehen, in der Bildschirme noch gar kein Thema sind. Um das zu merken, müssen Sie nicht unbedingt alle Fehler wiederholen, die andere Eltern vor Ihnen bereits gemacht haben:
Sibylle: Es kommt immer was für Kinder!
Sibylle und Wolfgang haben sich im Jazz-Chor kennengelernt. Damals war Sibylle alleinerziehende Mutter einer zehnjährigen Tochter, inzwischen haben die Beiden geheiratet
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