Medienmuendig
andere Probleme. Zu den häufigsten Fragen zum Thema »Kinder und Medien« gehören bei diesen Eltern die Folgenden:
Ab welchem Alter soll mein Kind den Umgang mit dem Fernsehen lernen?
Muss ich befürchten, dass ein Nachholbedürfnis entsteht, wenn das Kind nicht fernsieht?
Wie verhindere ich, dass mein Kind leidet, weil es »nicht mitreden kann«?
Unkontrolliertes Fernsehen außerhalb des Elternhauses.
Themen, die sonst, bei »normalen« Eltern auf den allerobersten Plätzen der Elternfragen zum Thema Medien stehen (Welche Sendungen sind geeignet? Was tun bei Streit um Medienzeiten? Hilfen bei der Auswahl von Computerspielen. Wie lange ist zu lange?), spielen dagegen praktisch keine Rolle. Und warum spielt die Frage nach Streit um Medienregeln gerade in den Familien der bildschirmfreien Zone keine Rolle?
Gerd: Totalverbot für Golfspielen?
Anita und Gerd wohnen in einem alten, etwas baufälligen Haus mit vielen Apfelbäumen im verwilderten Garten. Die drei gemeinsamen Kinder sind 1, 3 und 6 Jahre alt. Der Sohn, den Anita mit in die Familie gebracht hat, ist schon fast erwachsen. Eine typische Patchwork-Familie? Vielleicht nicht ganz. Anita arbeitet in Vollzeit als Lehrerin, während Gerd als Hausmann zusätzlich im Fernstudium Informatik studiert. Ganz schön kompliziert, das alles unter einen Hut zu bringen. Eine fröhliche Familie, mit entschiedenen Meinungen:
Bei uns gibt’s kein »Fernsehverbot«! Gar nicht Fernsehen kann auch ein kontrollierter Umgang und kein Totalverbot sein. Wir spielen auch nicht Golf − deshalb gibt es aber doch kein Totalverbot für Golfspielen!
Gerade weil Gerd sich mit Computern gut auskennt, ist er sehr entschieden in seiner Ablehnung von Computern oder Fernsehen für kleine Kinder. Je nach Persönlichkeit des Kindes, so etwa ab 12 Jahren, meinen Anita und Gerd, sollte man Jugendliche ins Fernsehen einführen, »zuerst gemeinsam mit einer Bezugsperson«, sagt Anita.
Die Kunst ist, einen gesunden Umgang mit dem Fernsehen zu haben, gerade als Familie. »Weil er nicht da ist, umgehen wir natürlich dann Diskussionen: Darf ich mal gucken? Es kommt ganz selten mal, ach, ich würd’ jetzt auch mal fernsehen, aber es ist jetzt nicht präsent, es ist nicht wichtig. Mit den Kleinen ist es sowieso nicht so’n Problem.«
Wie sehr allerdings das, was in dieser Familie kein Thema ist, in der Gesellschaft als selbstverständlich angesehen wird, das ist ihnen schon bewusst. Es ist ja gut, dass durch die öffentlichen Fernsehgebühren ein anspruchsvolles Programm finanziert werden kann, aber dass die Gebühreneinzugszentrale es einfach nicht glauben möchte, dass eine sechsköpfige Familie keineneinzigen Fernseher hat, sorgt für jährliche Irritationen. Gerd erzählt:
Bei mir kam neulich wieder einer, der hat gesagt, er muss jetzt mal in meine Wohnung, da hab ich gesagt, nee, muss er überhaupt nicht, hat er gesagt, er ist von der GEZ, […] Irgendwann ist er dann abgerauscht, kam aber am nächsten Tag wieder. Ich hab gesagt, nee, ich lass Sie wieder nicht rein. Dann ist er da rumgesprungen wie Rumpelstilzchen.
Gibt es bei so viel Unterschiedlichkeit überhaupt Anhaltspunkte, dass man etwas Allgemeines über »
die
bildschirmfreie Erziehung« sagen könnte? Ja, die Übereinstimmungen lassen sich aber nur schwer an Zahlen, Daten, messbaren Fakten festmachen. Es gibt bei allen äußerlichen Unterschieden, von denen oben die Rede war, sogar überraschend große Gemeinsamkeiten. Diese Eltern haben ein starkes Bedürfnis nach Erfahrungen aus erster Hand: Sie wollen, dass ihre Kinder einen Reichtum an Erfahrungen im echten Leben und im unmittelbaren Kontakt mit anderen Menschen sammeln. Für Bildschirme bleibt da keine Zeit. Es ist also tatsächlich so, wie die Familie von Gerd und Anita sagt: »Totalverbot« ist der falsche Ausdruck, denn diese Familien sagen meistens gar nicht Nein zum Bildschirm, sondern Ja zum Leben. Eine Auswahl an Interviewausschnitten hierzu:
Ich bin der Meinung, dass das Fernsehen grundsätzlich fürs Vorschulalter, also für unsere Kinder, nicht in Frage kommt, und zwar vor allen Dingen auch aus dem Grund, weil ich finde, dass es eben keine primären Erfahrungen bietet. […] Es entspricht einfach nicht meiner Haltung, meiner Vorstellung von Kindheit, was ich meine, was Kinder stattdessen Wunderbares erleben können und wie sie in die Welt einbezogen werden können.
Wenn dann auf so Computerspielen für kleine Kinder
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