Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
sondern dass Sie jene Worte finden, die Resonanz in Ihnen auslösen, etwas in Ihnen zum Schwingen bringen und die Meditation verstärken.
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Wenn Sie mit einem Wort für längere Zeit üben, bildet sich eine feste Verknüpfung mit dem zugehörigen meditativen Zustand. In stressigen Situationen können Sie das Wort dann nutzen, um sich in diesen Zustand zu versetzen und Abstand zu gewinnen, anstatt sich mit ärgerlichen Gedanken noch weiter aufzuschaukeln.
Entwickeln Sie die Fähigkeit zur Beobachtung Ihrer gedanklichen Vorgänge. Welche Gedanken sind nützlich und welche eher schädlich? Werden Sie sich Ihrer Gedankentätigkeit bewusst, und gewinnen Sie die Freiheit, selbst zu entscheiden, wann Sie über was in welcher Weise nachdenken und wann Sie es lieber lassen, weil es nichts bringt. Finden Sie heraus, welche Gedanken Ihnen guttun, Ihnen Kraft und Freude geben. Begrenzen Sie diese Art der Selbstreflexion nicht auf die Zeit der Meditation, sondern fragen Sie sich auch im Alltag immer wieder, was jetzt gerade geschieht, was Sie auf gedanklicher Ebene tun und ob es das ist, was Sie wirklich wollen. Meditation eröffnet Ihnen die Möglichkeit, eine veränderte Perspektive auf das Denken einzunehmen und es aktiv zu gestalten.
Fragen, die der Verstand nicht beantworten kann
Der Erfolg der Wissenschaften bei der Erklärung vieler Naturphänomene belegt eindrucksvoll, dass der menschliche Verstand ein mächtiges Werkzeug zur Erkenntnisgewinnung ist. Sehr viele Probleme lassen sich durch systematische Studien und rationale Überlegungen lösen. Auch das Verständnis von uns selbst hat sich durch Einsichten der Psychologie und der Hirnforschung bereits verändert und wird dies weiterhin tun. Der Erwerb von Wissen über uns selbst verändert unser Denken darüber, wer wir sind. In der Meditation geht es jedoch nicht um verstandesmäßiges Wissen über etwas, sondern um Erkenntnisse aus unmittelbarer Erfahrung, es geht um eine veränderte Wahrnehmung, um intuitive Einsichten in die eigene Natur.
Eine Strategie, um die Begrenzung des analytischen Denkens offenzulegen, besteht in der Beschäftigung mit paradoxen Rätseln. Dieser Ansatz, mit sogenannten Koans zu arbeiten, wurde in der Rinzai- Schule des Zen entwickelt. Eine bekannte Frage lautet beispielsweise: »Wie klingt das Klatschen einer Hand?« Nehmen Sie sich etwas Zeit, und suchen Sie nach einer befriedigenden Antwort.
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Waren Sie zunächst verwirrt oder zumindest irritiert, weil sich die Frage unsinnig anhört? Wie sind Sie vorgegangen, um eine Antwort zu finden? Haben Sie sich vorgestellt, wie es wäre, mit nur einer Hand zu klatschen, und wie das klingen würde? Ist das noch ein Klatschen? Führt Sie die Beschäftigung mit der Frage in die Stille?
Ein Schüler der Rinzai-Schule muss die Antwort seinem Zen-Meister präsentieren, und dieser allein entscheidet, ob sie akzeptabel ist oder nicht. Es gibt keine vorgefertigte »richtige« Antwort. Der Verstand kann sich noch so lange abmühen, eine plausible Antwort zu finden, diese wird nicht akzeptiert werden. Die Aufgabe des Schülers besteht vielmehr darin, die Frage in sich aufzunehmen, sich intensiv so lange damit zu beschäftigen, bis sich in einem Moment plötzlicher Einsicht die Lösung offenbart.
Eine weitere bekannte Frage lautet: »Welches war dein ursprüngliches Gesicht vor deiner Geburt?« Lassen Sie sich wieder etwas Zeit, um diese Frage in sich arbeiten zu lassen. Beobachten Sie sich selbst bei der Problemlösung. Wohin führt Sie diese Frage? Was würden Sie dem Meister antworten?
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Diese Rätselfragen sind darauf angelegt, dass Sie eingefahrene Bahnen des Denkens verlassen. Sie werden mit logischen Widersprüchen konfrontiert (Kann eine Hand überhaupt klatschen?), mit Grenzfragen der eigenen Existenz (Seit wann gibt es mich in dieser Gestalt?), die Sie nur lösen können, wenn Sie eine neue Perspektive einnehmen. Das Denken wird durch diese Übungen an seine Grenzen geführt, und Sie erkennen, dass es jenseits des begrifflichen Denkens einen Beobachter gibt, der das gesamte Geschehen erfassen kann.
Dies können Sie direkt erkunden, indem Sie sich die Frage stellen, woher die Gedanken kommen. Wie entstehen die Gedanken? Versuchen Sie genau wahrzunehmen, wie ein Gedanke in Ihnen entsteht. Wenn Sie versuchen, darüber nachzudenken, woher die Gedanken kommen, kommen Sie nicht weiter, denn es sind ja die Gedanken selbst, die Sie untersuchen möchten. Können Sie einen Gedanken wahrnehmen,
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