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Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)

Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)

Titel: Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ott
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bevor er voll ausgebildet ist? Was ist die Quelle der Gedanken? Wie lange dauert ein Gedanke? Wie schnell verblasst er? Verfeinern Sie Ihr Vermögen, das eigene geistige Geschehen feiner aufzulösen und dem Spiel der Gedanken zuzuschauen.
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    Diese Art der Beschäftigung mit den eigenen Gedanken soll Ihnen die Denktätigkeit als solche bewusster machen und dient zugleich der Einsicht in die Tatsache, dass Sie mehr sind als Ihre Gedanken. Wenn Sie Meditation praktizieren, um Selbsterkenntnis zu erlangen, lautet die Königsfrage letztendlich: »Wer bin ich?« Die Beantwortung dieser Frage in der Meditation erfordert keinen Denkprozess, sondern einen fundamentalen Wechsel in der Wahrnehmung in einen Modus der Anschauung, der als Selbstwesensschau, Erwachen oder Erleuchtung bezeichnet wird. Das nächste Kapitel beleuchtet die Merkmale dieser Erfahrungen sowie mögliche neurophysiologische Mechanismen.

Sein
    Während die vorherigen Kapitel einzelne Bereiche des Bewusstseins herausgriffen und näher beleuchteten, steht in diesem Kapitel deren Integration im Mittelpunkt. Wenn Sie während der Meditation sitzen, atmen, Ihren Körper spüren, sich Ihrer Gefühle und Gedanken bewusst werden, dann können Sie die Aufmerksamkeit selektiv auf einen dieser Bereiche richten. Dazu dienten die bisherigen Meditationsübungen. Sofern Sie diese praktizieren, können Sie lernen, aufrecht und entspannt zu sitzen, mittels achtsamer Atmung das vegetative Erregungsniveau zu senken, die Körperbewusstheit zu steigern, Muskelspannungen zu lösen, sich emotional zu klären, positive Gefühle zu kultivieren und schließlich das Spiel Ihrer Gedanken zu beobachten und zu steuern.
    All diese Zielsetzungen haben jeweils einen Wert für sich, und die entsprechenden Übungen können relativ unabhängig voneinander praktiziert werden. Auf diese Weise können Sie Meditation als mentales Training nutzen, um Ihr Bewusstsein zu erweitern und Ihre Fähigkeiten zur Selbstregulation zu erhöhen. Sie bewegen sich dabei in den ersten vier Tiefenbereichen der Meditation, die im Einführungskapitel vorgestellt wurden. Meditation wird zum Werkzeug der Selbstmodifikation, bietet ein Arsenal psychologischer Techniken, die Ihnen dabei behilflich sind, Ihre persönlichen Ziele zu verwirklichen.
    Der Übergang zum fünften und letzten Tiefenbereich der Meditation erfordert demgegenüber eine veränderte Perspektive. Zur Erinnerung seien nochmals die Merkmale aufgeführt, die den Tiefenbereich der Nicht-Dualität kennzeichnen: Gedankenstille, Einssein, Leerheit, Grenzenlosigkeit, Transzendenz von Subjekt und Objekt. Sie als Subjekt lösen sich im Rahmen dieser Erfahrungen in ein Gefühl allumfassender Einheit auf. Das Ihnen vertraute Ich in der Form, in der Sie es bisher als Zentrum Ihres Erlebens und Handelns kennen, hört vorübergehend auf zu existieren.
    Im nachfolgenden wissenschaftlichen Teil wird zunächst genauer beschrieben, welche subjektiven Veränderungen während solcher mystischen Erfahrungen auftreten. Anschließend wird darauf eingegangen, welche neurophysiologischen Mechanismen diesen Erfahrungen zugrundeliegen könnten. Im Übungsteil werden Sie dann dazu angeleitet, günstige Voraussetzungen für das Auftreten solcher Erfahrungen herzustellen und mögliche Risiken zu minimieren.
    Stand der Forschung
    Als wissenschaftlicher Forschungsgegenstand liegen mystische Erfahrungen in einem Grenzgebiet von Psychologie, Religionswissenschaft und Philosophie. In diesem Buch wird primär eine psychologische Perspektive eingenommen und durch neurowissenschaftliche Überlegungen ergänzt. William James war als Begründer der modernen Psychologie zugleich der Erste, der sich in seinen berühmten Vorlesungen über Die Vielfalt religiöser Erfahrung (James, 1902) ausführlich mit den Merkmalen mystischer Erfahrungen beschäftigte (siehe unten).
    Mit dem Aufkommen des Behaviorismus in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden allein durch Innenschau zugängliche Phänomene von der wissenschaftlichen Betrachtung weitestgehend ausgeschlossen. Diese Tabuisierung endete erst mit der sogenannten kognitiven Wende in den 50er Jahren. Die Anerkennung der Bedeutung von Denkprozessen fand unter anderem in der Herausbildung neuer Wissenschaftszweige ihren Niederschlag, wobei insbesondere die Kombination aus Kognitionswissenschaft und Hirnforschung (cognitive neuroscience) zunehmende Bedeutung erlangt und zur Einrichtung eigener Ausbildungsgänge geführt hat. Aufgrund

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