Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
dass mehr als die Hälfte aller Fehltage von Arbeitnehmern auf psychische Ursachen zurückzuführen ist. Dies wirft die Frage auf, ob achtsamkeitsbasierte Stressreduktionsprogramme nicht auch einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung von Krankheiten leisten können.
Stressreduktion und Prävention bei Gesunden
Aus dem vorherigen Abschnitt geht hervor, dass Meditation bei der Behandlung und Bewältigung vieler Krankheiten hilfreich sein kann. Vielleicht speist sich Ihr Interesse an Meditation daraus, dass Sie auf der Suche nach alternativen oder ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten für eine bestehende Erkrankung sind. Doch auch wenn Sie nicht krank sind, können Sie von Meditationsübungen profitieren, weil deren Wirkungen nicht alleine in der Bewältigung negativer, leidvoller Zustände bestehen, sondern auch in der Herstellung positiver Zustände der Zufriedenheit, inneren Erfüllung und Freude.
Außerdem gibt es auch im Alltag von gesunden Menschen genügend Situationen, die Stress, Ängste und depressive Verstimmungen auslösen. Ein achtsamer Umgang mit sich selbst und den Mitmenschen sowie regelmäßige Zeiten der Entspannung und Besinnung können verhindern, dass sich stressbedingte Erkrankungen entwickeln. Insbesondere Menschen, die im Berufsleben einem hohen permanenten Druck ausgesetzt sind, können von Achtsamkeitsübungen profitieren, um der Gefahr eines Ausbrennens (burnout) vorzubeugen.
Entsprechende Studien wurden bisher hauptsächlich mit Personen in der Gesundheitsversorgung durchgeführt (Krankenpfleger, Ärzte, Therapeuten), die einer starken Dauerbelastung ausgesetzt sind. Oft handelte es sich dabei auch um Ausbildungskandidaten in den genannten Berufen, die Meditation im Sinne einer Burnout-Prophylaxe erlernten, um sich auf die späteren beruflichen Anforderungen vorzubereiten (Williams & Zylowska, 2009).
Meta-Analysen zur Wirksamkeit
Eine Beurteilung der Wirksamkeit von Meditation als Methode zur Stressbewältigung bei Gesunden wurde jüngst von Chiesa und Serretti (2009) vorgenommen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Meditation eine vergleichbare Stressverminderung erzielt wie die klinischen Standard-Entspannungsverfahren. Darüber hinaus zeigten sich bei den Teilnehmern an MBSR-Kursen eine Reduzierung von Ängstlichkeit und grüblerischen Gedanken sowie eine Zunahme von Mitgefühl und Selbstfürsorge. Allerdings stuften die Autoren dieser Meta-Analyse die Qualität der zehn einbezogenen Studien als eher niedrig ein.
In Bezug auf die Wirksamkeit von MBSR bei klinischen Gruppen war die Datenlage noch vor einigen Jahren ebenso unbefriedigend. So wiesen die beiden ersten Meta-Analysen von Baer (2003) und Grossman et al. (2004) ebenfalls auf die geringe Anzahl und niedrige methodische Qualität der verfügbaren Studien hin und formulierten entsprechend vorsichtige Aussagen bezüglich der Wirksamkeit. Aufgrund des enormen Anstiegs der Forschungsaktivität (siehe Abbildung zu Beginn dieses Kapitels) hat sich diese Situation inzwischen zum Positiven hin gewandelt. Drei Viertel aller Wirksamkeitsstudien zu MBSR wurden im Zeitraum von 2005 bis heute publiziert.
Angesichts dieser rasanten Entwicklung wurden inzwischen zwei weitere Meta-Analysen durchgeführt, um eine aktualisierte Beurteilung des Ergebnisstandes vorzunehmen. Die erste wurde 2006 auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Nürnberg vorgestellt und ist in der Diplomarbeit von Koch (2007) an der Universität Jena dokumentiert. Die zweite und derzeit aktuellste Meta-Analyse wurde an der Universität Marburg durchgeführt (Müller & Ziehen, 2009). Dort war es erstmals möglich, die Meta-Analyse ausschließlich auf gut kontrollierte Studien zu stützen, in denen eine zufällige Zuordnung der Teilnehmer auf die verschiedenen Bedingungen vorgenommen wurde.
Die Ergebnisse dieser methodisch vorbildlichen Meta-Analyse zeigen, dass MBSR durchweg einen positiven Effekt mittlerer Größe auf die psychische Gesundheit der Teilnehmer hatte. Damit können gleichlautende Resultate früherer Studien nunmehr als abgesichert gelten: MBSR ist ein Verfahren mit nachgewiesener Wirksamkeit, das Effekte in gleicher Größe erzielt wie andere klinische Standardverfahren. Die Effekte waren zeitlich stabil und fielen bei Gesunden höher aus als bei Patienten. Die positiven Wirkungen auf die körperliche Gesundheit waren im Durchschnitt geringer und variierten stärker zwischen den Studien.
Die Autorinnen kommen zu dem Fazit, dass
Weitere Kostenlose Bücher