Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
regelmäßigen Theta-Wellen (4 bis 7 Hz) auftreten, oft vermischt mit Alpha-Wellen, vor allem bei erfahrenen Meditierenden. Wellen in diesem Frequenzbereich tauchen zwar auch beim Dösen und Einschlafen auf, sind jedoch nicht so gleichförmig. Die Meditierenden bleiben geistig präsent und reagieren sofort auf Ansprache.
Während tiefer Meditation ( samadhi oder Erfahrungen von Transzendenz) können Phasen mit schnellen Beta-Wellen im Frequenzbereich von 20 bis 40 Hz auftreten. Anders als bei erregten Wachzuständen, wo diese Wellen im Beta- und Gamma-Bereich niedrig sind und stark fluktuieren, sind die Wellen bei den Meditierenden größer und weitflächig synchronisiert, was als Zeichen einer außergewöhnlich stabilen Konzentration und hochgradiger Wachheit gedeutet wird.
Am Ende der Meditation kann der Alpha-Rhythmus manchmal fortbestehen, selbst bei geöffneten Augen, wo Reize der Außenwelt normalerweise schnell zu einer Blockade führten (siehe oben).
Diese Beschreibung stützt sich auf Befunde aus verschiedenen Studien und liefert eine idealtypische Abfolge von Stadien, die während der Meditation durchlaufen werden können. Eine Zuordnung der beobachteten EEG-Muster zu unterschiedlich tiefen Erfahrungen während der Meditation ist jedoch schwierig, weil diese nicht mit einer ähnlich hohen zeitlichen Auflösung erfasst werden können. Retrospektive Berichte leiden unter dem Umstand, dass während der Meditation das Zeitgefühl stark verändert sein kann oder ganz verlorengeht. Die Aufforderung, bestimmte Erfahrungen während der Meditation beispielsweise per Knopfdruck anzuzeigen, kann wiederum eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen.
Dementsprechend sind wiederholte Messungen mit klar definierten Meditationstechniken und eingehende Befragungen unerlässlich, um zu einer differenzierten Klassifikation von bestimmten Erlebnissen und Bewusstseinszuständen während der Meditation zu kommen und anhand des EEGS objektive Indikatoren für deren Auftreten im Verlauf einer Sitzung zu bestimmen (Hinterberger, 2010).
Einen detaillierten Überblick über die große Vielfalt der bisher vorliegenden Einzelbefunde liefert ein Übersichtsartikel von Cahn und Polich aus dem Jahr 2006. Nicht nur die Meditationsmethoden, sondern auch die Fragestellungen, Versuchsanordnungen und Analyseverfahren unterscheiden sich zwischen den vorliegenden Untersuchungen erheblich. Einige Studien beschäftigen sich mit Auswirkungen von Meditation auf das EEG während des Nachtschlafs. Andere wiederum untersuchen, ob sich während der Meditation das Verhältnis der Aktivität zwischen der linken und rechten Hirnhälfte verschiebt. Schließlich existiert eine Reihe von Studien, die wiederholt die gleichen Stimuli darbieten, um die dadurch hervorgerufenen elektrischen Potentiale zu analysieren.
All diese Ansätze bieten Möglichkeiten, Auswirkungen der Meditationspraxis auf Hirnfunktionen zu objektivieren. Aus der bunten Mischung von Einzelbefunden lassen sich jedoch kaum Aussagen mit einer methodenübergreifenden Gültigkeit ableiten. Neuere Übersichtsarbeiten zu Themen wie der Aufmerksamkeitssteuerung bei Meditierenden zeichnen ein vollständigeres Bild, indem sie Befunde der EEG-Forschung mit denen bildgebender Verfahren verknüpfen, die Aufschluss über Veränderungen in tieferen Hirnstrukturen bieten (Lutz et al., 2008 a).
Messungen des EEGS können wichtige Informationen dazu beisteuern, wie verbesserte Aufmerksamkeitsleistungen durch ein Meditationstraining zustande kommen. Im ersten Teil des Buches war beschrieben worden, dass sich nach einem Achtsamkeitstraining die Erkennensrate von Zielreizen erhöhte, die in einer Serie von Reizen kurz nacheinander auftauchen. Die Hypothese, dass die Aufmerksamkeit der Meditierenden nicht so stark durch den ersten Zielreiz gebunden wird, fand eine Bestätigung im EEG: Die durch den ersten Zielreiz hervorgerufenen elektrischen Potentiale fielen bei den Personen nach dem Achtsamkeitstraining tatsächlich niedriger aus. Durch die geringere Verarbeitungstiefe waren sie offenbar schneller wieder aufnahmebereit für den nachfolgenden Zielreiz.
Für ein Verständnis der gesundheitlichen Wirkungen ist eine Studie bedeutsam, in der zugleich Veränderungen der Emotionen, des EEGS und der Immunreaktion erfasst wurden. Mitarbeiter einer Biotechnologie-Firma, die an einem achtwöchigen MBSR-Kurs teilgenommen hatten, zeigten eine Abnahme negativer und einer Zunahme positiver Affekte. Außerdem kam es
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