Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
achtsamkeitsbasierte Programme wie MBSR bei Gesunden mit normaler und erhöhter Stressbelastung langfristig die Achtsamkeit und die psychische Gesundheit fördern. Im nächsten Kapitel geht es nun um die neurophysiologischen Mechanismen, die diesen Wirkungen zugrunde liegen.
Neurowissenschaftliche Meditationsforschung
Wie beeinflusst Meditation das Gehirn? Sie wissen bereits, dass es keine einfache Antwort auf diese Frage geben kann, weil die Meditationsmethoden sich erheblich voneinander unterscheiden und somit auch deren Auswirkungen auf die Aktivität und Struktur des Gehirns. Es macht einen Unterschied, ob Sie mit der Aufmerksamkeit durch den Körper wandern, ein Meditationsbild betrachten, ein Mantra wiederholen oder eine Haltung liebevollen Mitgefühls in sich hervorrufen.
Je nach gewähltem Fokus der Aufmerksamkeit werden spezifische Hirnregionen aktiviert, die für die betreffenden Sinnesmodalitäten und Emotionen zuständig sind. Außerdem werden Netzwerke für die Steuerung und Überwachung der Aufmerksamkeit aktiviert, die dafür sorgen, dass der gewählte Fokus erhalten bleibt und bei einem Abdriften wiederhergestellt wird. Die Voraussetzungen für ein Verständnis dieser Regulationsprozesse, die während der Meditation stattfinden, haben sich durch den raschen Erkenntnisfortschritt der Hirnforschung in den letzten zwanzig Jahren erheblich verbessert.
Der oben beschriebene allgemeine Boom der Meditationsforschung betrifft auch die neurowissenschaftliche Forschung. In der nachfolgenden Abbildung ist die Anzahl der Studien zum Thema Meditation wiedergegeben, die außerdem einen der folgenden Suchbegriffe enthielten: brain , eeg , mri oder fmri (Abkürzungen: eeg = electroencephalography , [f]mri = [functional] magnetic resonance imaging ).
Die Forschungsaktivität erreichte im Jahr 2000 ein stabiles Niveau von ca. 15 Studien pro Jahr und stieg dann weiter sprunghaft an. Dieser steile Aufwärtstrend scheint sich weiter fortzusetzen, denn für 2010 lieferte die Recherche kurz nach Ende des ersten Quartals bereits 25 Treffer, was auf das ganze Jahr hochgerechnet eine Verdopplung der Anzahl an Publikationen gegenüber 2009 bedeuten würde (nicht abgebildet; Abruf am 11. April 2010).
In den beiden nachfolgenden Abschnitten erhalten Sie einen Überblick über die Methoden und Ergebnisse der Meditationsforschung mit den beiden am häufigsten angewandten Messverfahren, dem Elektroenzephalogramm und der Magnetresonanztomographie. Dem schließt sich ein Ausblick auf die Zukunft der neurowissenschaftlichen Meditationsforschung an.
Elektrische Hirnaktivität
Eine kurze Vorstellung der Frequenzbänder des EEGS wurde bereits im ersten Teil des Buches gegeben (siehe Kapitel zum »Sein«: Wahrnehmung und Gamma-Aktivität im EEG). Wie zu erwarten ist, treten zu Beginn der Meditation, insbesondere bei geschlossenen Augen, vermehrt Alpha-Wellen (um 10 Hz) auf, wie sie für entspannte Wachzustände charakteristisch sind.
In frühen EEG-Studien mit Yogis und Zen-Mönchen wurden diese während der Meditation mit lauten Geräuschen oder Berührungen stimuliert. Typischerweise kommt es dabei zu einer kurzzeitigen Unterbrechung der Alpha-Wellen, und es treten vermehrt niedrige Beta-Wellen auf. Bei den untersuchten Yogis war diese sogenannte Alpha-Blockade erstaunlicherweise nicht auszulösen. Im Gegensatz dazu zeigten Zen-Mönche stets die gleiche Alpha-Blockade, was ebenfalls ungewöhnlich ist, denn normalerweise kommt es rasch zu einer Gewöhnung, und die Reaktionen auf die Störung nehmen ab (Habituation) .
Man glaubte damals, das neuronale Korrelat für zwei unterschiedliche Arten der Meditation gefunden zu haben, eine extrem tiefe und stabile Versenkung in das gewählte Meditationsobjekt bei den Yogis und eine nicht abstumpfende, wache Achtsamkeit bei den Zen-Mönchen (»Anfänger-Geist«). In späteren Untersuchungen mit westlichen Probanden, die diese unterschiedlichen Meditationsformen praktizierten, konnten diese Befunde nicht bestätigt werden. Es zeigten sich bei allen Meditierenden und bei den Kontrollpersonen vergleichbare Reaktionsverläufe (Becker & Shapiro, 1981).
Etwa zur gleichen Zeit fasste West (1980) die unterschiedlichen EEG-Befunde bei Meditierenden wie folgt zusammen:
Zu Beginn der Meditation werden die Alpha-Wellen größer, die für einen entspannten Wachzustand typisch sind, und in manchen Fällen nimmt gleichzeitig die Frequenz um 1–3 Hz ab.
Später können Phasen mit sehr
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