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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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schlafwandelnd in einen anderen Raum verirrt? Aber es gab doch nur diesen einen Zugang. Während sie versuchte, das Rätsel zu lösen, stellte sie fest, dass ihre Lampe verschwunden war. Stattdessen begannen die Bilder, mit denen die Wände bedeckt waren, zu leuchten. Es schien, als seien die Wände transparent. Sie trat näher an eine der Darstellungen heran und streckte ihre Hand aus. Das Bild schimmerte von innen heraus, in einem seltsamen fahlen grünen Licht. Es hatte nicht den kalten Glanz von Kunstlicht, sondern wirkte organisch, genau wie das Licht, das von Glühwürmchen erzeugt wurde.
    Als ihre Finger die Wand berührten, spürte sie Wärme in sich aufsteigen. Wärme und Hoffnung.
    In diesem Augenblick schien der Raum dunkler zu werden. Der Boden begann aufzuleuchten. Ein quadratisches Feld zeichnete sich ab. Winzige Staubteilchen, die darüber in der Luft schwebten, begannen zu flimmern und zu tanzen. Das Quadrat erstrahlte immer heller. Sie spürte, wie sie von ihm angezogen wurde. Je näher sie ihm kam, umso deutlicher sah sie, dass es nicht einfach nur ein leuchtender Fleck war. Es war ein Tor, das in eine fremde Welt führte. Möglicherweise sogar in eine andere Dimension. Sanft, aber unnachgiebig war der Sog, der sie näher und näher an den leuchtenden Schlund brachte. Und mit einem Mal erlahmte ihr Widerstand, und ihre Beine versagten den Dienst. Einen Moment lang schwebte sie noch über der Öffnung, dann riss das geheimnisvolle Leuchten sie in die Tiefe.

14
    Chris hatte seinen Kopf auf den harten Boden gebettet und die Augen geschlossen. Die verhaltenen Gespräche um ihn herum verblassten zu einem diffusen Rauschen, doch er konnte keinen Schlaf finden. Immer wieder kreisten seine Gedanken um ein Thema: Wen hatte Stromberg gemeint, als er den Maulwurf erwähnte? Wer war derjenige, der unter den Augen aller Anwesenden ein doppeltes Spiel trieb. Hatte Stromberg sich vielleicht geirrt? Wie er seinen Chef kannte, war das nur schwer vorstellbar. Wäre doch nur der Satellitenempfänger noch funktionsfähig. Stromberg hätte in der Zwischenzeit sicher neue Informationen für ihn gehabt. Verdammte Rebellen! Jetzt war er in dieser Sache ganz auf sich allein gestellt.
    Unerwartet drang ein Geräusch an sein Ohr. Ein Geräusch, das ihn alarmierte. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Er richtete sich kerzengerade auf und versuchte im Dämmerlicht etwas zu erkennen. Die Gruppe lag im Tiefschlaf versunken. Alle waren da … nur Hannah nicht!
    Er blickte sich um. Das Licht einer Taschenlampe flackerte in dem schmalen Stollen. Ein dumpfes Stöhnen drang durch die Dunkelheit an sein Ohr. Er sprang auf und rannte zur Öffnung des Tunnels. Als er sich duckte, um hineinzusehen, erstarrte er. Hannah kam ihm entgegen, mit einem Gesichtsausdruck, der ihn erschauern ließ. Blut lief aus einer Platzwunde an ihrem Kopf und sickerte über ihre linke Gesichtshälfte. Ihr Blick wirkte gehetzt, so, als habe sie die Orientierung verloren.
    »Versperrt«, brabbelte sie wirr. »Der Gang ist versperrt. Warum haben sie mich allein gelassen?«
    Chris packte sie bei den Schultern. »Hannah, ich bin’s. Du bist nicht allein. Wir sind alle noch hier.«
    Sie hörte ihn nicht, blickte durch ihn hindurch wie durch Glas. Ihre Augen waren auf die Mitte des Raums gerichtet. Chris schüttelte seine Kollegin, versuchte sie zur Besinnung zu bringen, aber es war hoffnungslos. Wo immer sie sich im Geiste befand, er konnte nicht zu ihr vordringen. Mittlerweile waren auch die anderen erwacht und hatten mitbekommen, dass etwas nicht stimmte. Irene und Abdu kamen sofort zu Hilfe.
    »Was ist los?«, fragte Irene mit besorgtem Blick.
    »Keine Ahnung. Sie war im Tunnel. Sie faselte etwas davon, dass wir sie zurückgelassen hätten und der Tunnel versperrt sei. Hannah, sieh mich an! Wir sind hier.« Er schüttelte sie wieder, doch Hannah zeigte keinerlei Reaktion. Ihr Assistent Abdu legte seinen Arm um sie und tupfte ihr das Blut von der Stirn. Mit warmen, fremd klingenden Worten redete er auf sie ein. Chris verstand nicht, was er sagte, aber die Worte zeigten Wirkung. Hannah schien sich zu entspannen, auch wenn sie das Bewusstsein nicht wiedererlangte. Ihre Augen waren noch immer auf den einen Punkt am Boden der Höhle gerichtet. »Da ist ein Licht«, hörte Chris sie sagen. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Ein Licht, so hell, so hell. Es singt. Es ist der Gesang der Sterne.«
    Betroffen starrte Chris die anderen an. Ihr Verhalten rief

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