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Meer ohne Strand

Meer ohne Strand

Titel: Meer ohne Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Friedrich
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Lobster shacks Hummer aßen, natürlich aßen sie wieder Hummer: Boiled lobster mit Butter, mit Cole slaw in Plastikschüsseln, Ketchup stand auf dem Tisch in bunten Flaschen, Pappbecher mit eisiger Cola, Wolkenfetzen flogen durch den Himmel wie Strähnen von Engelshaar. Die Wellen brausten grau gegen die Küste, riesige Möwen stemmten sich gegen den Wind, ließen sich übers Wasser davonreißen von den Böen, nach dem Essen gingen sie hoch zu George’s.
    Saßen auf dem Deck in der Sonne, die Füße gegen das Geländer gestemmt. Lachten, während der Wind Elfenknoten in ihre Haare wob, tranken Weißwein aus dünnen Gläsern, er war froh: erleichtert. So daß er jetzt in sie verliebt sein konnte, er war von Anfang an offen mit ihr gewesen. Nie hatte sie etwas aus ihm herauspressen müssen: Er hatte sie immer Anteil nehmen lassen an seinem Leben.
    Nicht nur an seinem Leben in P’town: wo sie ihn jedes Wochenende besuchte, wenn er nicht zu ihr nach Rhode Island kam, auch an seinem anderen Leben.
    Dem Leben in Deutschland. Seinem wirklichen Leben: So nannte sie das, sie wollte Anteil nehmen an seinem wirklichen Leben. Das sagte sie. Sie wollte seine Beziehung mit Natalie verstehen,
    Aber was macht sie denn, was treibt sie beruflich? Ich bitte dich, irgend etwas muß sie doch machen. Aber, Robert!Das ist doch Unsinn! Das kann dir doch nicht einfach egal sein,
    Wollte ihn verstehen: ihn, Robert Brauer, es war durchaus schmeichelhaft. Es war manchmal anstrengend: diese Versuche Julias, ihn zu verstehen, in ihrem Laden, ihrer Wohnung konnte er jederzeit anrufen. Sie stellte ihm ihre Freunde, Kollegen vor. Nahm ihn mit zu sommerlichen Clam bakes am Wasser, begann, über Architektur zu lesen. Zog ihn in Diskussionen über seine Arbeit, zeigte ihm die Universitäten der Ivy League, die grandios gräßlichen Mansions von Newport, sie schenkte ihm Bücher aus ihrem Laden. Gedichtbände, Romane, die sie liebte: als sie bemerkte, wie wenig er las, schenkte sie ihm Kassetten. Die mit Gedichten besprochen waren, er lauschte ihnen durchaus, wenn er in Amerika war, im September brachte sie ihn in die Catskills. Die im herbstlichen Farbrausch ertranken, am offenen Feuer eines Gasthauses bestellten sie Whisky, während Herbstnebel fiel. Liebten sich später, voll ruhiger Gelassenheit, es war das letzte Mal: Kurz darauf war Gabriel Phillips’ Haus fertig
    Er hatte es um ein Stockwerk erweitert. Hatte das Haus entgrenzt, die Räume zueinander, das gesamte Haus zum Meer hin geöffnet: das man jetzt von jedem Zimmer aus sah, er hatte Wände durchbrochen, Teile der Decks verglast. Hatte die Farben von Wasser, Sand, Himmel ins Innere schwappen lassen: meergrau lichtblau graublau wolkenweiß sandocker sonnengelb, Stiegen verbanden die Decks miteinander: so daß man sich auf der Außenhaut des Hauses bewegen konnte wie in seinem Inneren, Robert faxte die Bilder nach Deutschland.
    Aber, Robby, es ist wundervoll! Phantastisch, ganz großartig,
    Er stand auf dem unteren Sonnendeck, während er mit Gabriel telefonierte. Der Strand war leer, einsam. Viel Raum aber: mit dem Wind flach darüber, im Licht, er sah zu seinem Haus auf.
    Das dem Wind, dem Licht gewachsen war. Das aus dem Sand emporwuchs, organisch, absolut richtig, noch sah man das helle Narbengewebe der neuen Schindeln: Aber der Salzwind würde sie bald verwittern lassen, kenntlich machen, Robert würde nie mehr hier herkommen. Als Gabriel auflegte, rief er Julia an, um ihr das zu sagen.
    Sie war gefaßt. Er hatte nichts anderes von ihr erwartet. Er bedankte sich für die gemeinsame Zeit: Da zog sie scharf die Luft ein. Wünschte ihm aber alles Gute, er schob das Handy in die Jackentasche. Ging dann noch einmal hinunter zum Wasser. Ging noch einmal am Wasser entlang, bevor er endgültig fortfuhr, ging ohne Schuhe, wünschte sich einen kurzen Moment lang einen Hund: Andererseits, was sollte er mit einem Hund?
    Ein Hund war nichts als eine weitere Verpflichtung: für einen, der ohnehin seinen Verpflichtungen nicht gerecht wurde, Warum hast du mich allein gelassen, Robert? Was geht dich diese fremde Frau an, reicht es denn nicht, daß du sie gerettet hast? Ich bin hier allein,
    In seinem Arbeitszimmer in Deutschland legte Robert Brauer das Gesicht in die Hände.
    In der Küche hörte er Natalie singen. Ihr Gesäß, ihre Oberschenkel waren voll Striemen. Waren schwarzblau geprügelt, in ihrem Gesicht heller Triumph, sie wollte kochen,für heute abend. Er hatte gesagt, er wollte sich vor

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