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Meer ohne Strand

Meer ohne Strand

Titel: Meer ohne Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Friedrich
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biß sich auf die Lippen. Konnte aber ihren Fuß nicht wieder bedecken, nun, nachdem er ihn einmal entblößt hatte, sie sagte: »Okay.«
    Weinte lächelnd, sagte: »Okay okay okay okay, wie machst du das nur, Robert? Und warum, das frage ich mich. Warum tust du das alles für mich, sag es mir, Robert«,
    Er antwortete, was ihm einfiel.
    »Weil du so wunderbar bist, natürlich«,
    Sie winkte ab. Benötigte seinen Charme nicht, er sagte: »Vielleicht weiß ich es selbst nicht. Vielleicht hat es mehr mit mir zu tun als mit dir, vielleicht war es auch Neugier.
    Vielleicht wollte ich einfach herauskriegen, was wirklich passiert ist«,
    Sie nickte. Legte die Hand auf seinen Arm, sagte: »Und wir werden Jacques finden, Robert. Wir werden herauskriegen, was wirklich passiert ist, jetzt kann ich bald wieder laufen. Und dann werden wir Jacques suchen«,
    Das also war es, was ihr noch immer am wichtigsten war: der Junge. Jacques. Der andere.
    Jeremy kam weiterhin zu Besuch.
    John und Red kamen, sie lebten nur im Sommer auf dem Cape. John: Anwalt aus Boston. Segler, Reiter. Dünenwanderer. Red: Produkt der Mesalliance eines Irischen Setters mit einem Straßenköter, sein Fell von derselben Farbe wie das Haar seines Herrn, sie wohnten zwei Häuser weiter. Robert kannte sie vom Sehen, eines Abends schlenderten sie am Strand entlang. Jeremy winkte ihnen zu,
    »Hi John! Long time no see«,
    John blinzelte hinauf zum Sonnendeck. Verwandelte dann die Stiege zum Sonnendeck in eine Freitreppe, mit seiner schlaksigen Eleganz, er hatte schon von Sina gehört: P’town-Gerüchte. Robert holte ein Bier für ihn, Wasser für Red. John zog sich einen Stuhl heran. Erzählte von seinem Bruder: der nach einem Autounfall jahrelang in Krankenhäusern gelegen hatte, dergleichen erfuhr Robert nun. Eine Frau sprach Robert im Supermarkt an. Stellte sich vor: Susan Crotta,
    »Sie sind doch der Architekt, der das Haus gegenüber von meinem renoviert hat«,
    Sie hatte einen Laden in Provincetown. Verkaufte Kuchen, Pasteten, sie mochte um die fünfzig sein. Der Nachnamebeschrieb ihr Äußeres: italienische Vorfahren, sie bot ihre Hilfe an.
    »Ich war in New York, bei meiner Familie. Ich habe gerade erst alles gehört, sonst wäre ich schon früher vorbeigekommen«,
    Sie konnte Brot backen, Haare schneiden. Konnte Radios reparieren, Warzen besprechen, John sagte,
    »Sie hat mir mal einen Schaukelstuhl hergerichtet. Einen alten Shakerstuhl, und hinterher hat sie die besten Tortellini gemacht, die ich je gegessen habe, weißt du noch, Susan? Das muß vor zwei Jahren gewesen sein«,
    Robert stellte Susans Apfelkuchen in die Backröhre, um ihn warm zu halten. Setzte Wasser auf für die Nudeln, Sina und Jeremy hackten am Küchentisch Knoblauch, grüne Chilies. John hatte getrocknete Tomaten aus Boston mitgebracht, schwarze Oliven, Susan gab New-York-Klatsch zum besten. Ihre Hände flogen beim Sprechen auf. Schwebten, kreisten über dem Ziel. Stießen dann herab,
    »So, jetzt aber mal zu euch. Zu Robert und Sina, ich habe ja Unglaubliches über euch gehört. Märchen, Heidensagen, also, jetzt sagt mal. Was ist denn nun wirklich dran an der Geschichte«,
    Der Junge trat aus dem Wald, zum tausendsten Mal. Stand in der Kurve, winkte, Robert sagte kein Wort. Sina sagte: »Ich kann mich an gar nichts erinnern. Ich weiß nur das, was Robert gesagt hat«,
    Erzählte.
    Nahm den Faden der Geschichte auf: berichtete, was Robert erlebt hatte. Spann dann aber den Faden weiter,
    »Der Junge heißt Jacques, soviel immerhin weiß ich. Das ist der Name des Jungen, Jacques«,
    Verwob ihre Erzählung mit seiner. Tat das zum erstenmal: legte den Strang ihrer Erinnerung über den seinen, flocht mit ihm zusammen an diesem Seil, das sie verband, Sie ist noch da draußen, sie stirbt, sie stirbt! Robert rannte. Rannte durch Schnee, erstickte zum tausendsten Mal in einem Kältemeer, Susan legte die Hände um ihren Teller, wie um ein Steuerrad. John hatte sich vorgebeugt. Jeremy ließ kein Auge von John: hatte offensichtlich ganz anderes im Sinn, er kannte die Geschichte ja auch längst. Hätte sie selber erzählen können, Es fing an zu schneien, der Wald war sehr still. Das Blut in ihrem Haar begann zu schmelzen, Robert kam noch einmal ins Krankenhaus. Lernte noch einmal, Gegenwart zu sammeln, dann die Tage dieser Gegenwart herunterzuzählen bis zum Tag Null, noch einmal kaufte er Wäsche, ein Gazekleid. Schleppte sie mit hinaus auf das Cape, saß nun neben ihr in der Küche: Robert

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