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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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Bedeutung?«, fragte sie.
    »Ja. Er bedeutet ›Hund‹.«
    Ihr Lächeln galt nun ihm und raubte ihm schier den Atem. »Sehr originell.«
    »Früher habe ich ihnen andere Namen gegeben«, rechtfertigte er sich.
Ihnen allen.
»Sie leben nicht sehr lange. Neun oder zehn Jahre. Nach einer gewissen Zeit war es einfacher, sie beim selben Namen zu rufen.«
    Ihre großen grauen Augen ruhten auf seinem Gesicht, als ob sie eine Seite an ihm entdeckt hätte, nach der noch niemand gesucht hatte. Die er selbst lieber nicht zu genau erforschte.
    Sein Stolz gebot ihm, nicht wegzusehen.
    »Wie viele Hunde hattest du denn schon?«, fragte sie leise.
    Er zuckte die Achseln. »Hunderte. Nach dem vierzehnten oder vierzigsten habe ich gelernt, sie nicht zu … gern zu haben.«
    Sie legte den Kopf schief, den Blick noch immer auf sein Gesicht geheftet. »Aber warum schaffst du dir dann überhaupt ein Haustier an?«
    Diese Frage hatte er sich selbst schon oft gestellt. Jedes Mal, wenn er einen kranken alten Hund in den Armen hielt oder eine weiße Schnauze tätschelte. Jedes Mal, wenn er den Kadaver eines Hundes in die Hügel trug, um ihn dort allein und schweigend zu begraben.
    »Ich hatte schon immer Hunde. Mein Vater auch. Das ist Tradition«, sagte er. Oder eine besondere Art, mit der Vergangenheit in Kontakt zu bleiben, mit dem Vater, der ihn im Stich gelassen hatte.
    »Wenn du schon Hunderte von ihnen hattest, dann hattest du doch jede Menge Gelegenheiten, die Tradition zu ändern«, gab sie zu bedenken. »Ich glaube, sie sind deine Kameraden.«
    Er presste die Hände hinter seinem Rücken noch fester zusammen. Mit steinerner Miene starrte er sie an. Entsetzt. Ertappt. Selkies lebten allein, frei von menschlichen Verstrickungen und menschlichen Gefühlen. Sie brauchten keine Kameraden. Er brauchte keine Kameraden.
    »Du kannst natürlich glauben, was du willst«, sagte er höflich und nahm sie auf die Arme.
    Er spürte, dass sie erschrocken Luft holte. Aber sie wehrte sich nicht.
    Ein Fortschritt? Vielleicht.
    Ihr wirres helles Haar war zwischen ihnen eingeklemmt. Er befreite es sanft, indem er ihr Gewicht in seinen Armen verlagerte.
    »Ich kann selbst laufen, weißt du«, sagte sie.
    »Du kannst nicht klettern«, widersprach er. »Nicht barfuß.«
    »Ich bin härter, als ich aussehe.« Sie lächelte kläglich. »Und schwerer.«
    Groß und anmutig, mit einer Haut, die so blass wie eine entrindete Weide war.
    Er hob die Augenbrauen. »Ich denke, dass ich diese Last aushalte.«
    So wie sie seine Berührung.
    Er stieg mit ihr den Hang hinauf. Trotz ihres blassen Gesichts und ihrer kalten Hände fühlte sie sich warm in seinen Armen an, warm und feucht. Unter dem Seehundfell und der Jacke spürte er das schnelle Heben und Senken ihrer Brust. Seine Hand war ihr ganz nahe. Ihr Haar kitzelte seine Kehle. Sie roch nach Frau und schwach nach nassem Hund.
    Sie war keine Selkie.
    Aber ihre menschliche Art – schwierig, aufrichtig, arglos zu sein – hatte ihren eigenen natürlichen Reiz.
    Der Pfad war schmal und von seinen eigenen Füßen und den Pfoten der Hunde ausgetreten. Das hohe Gras flüsterte von zu Hause. Ein Vogel rief eine Warnung oder einen Willkommensgruß und schwang sich über die Zinnen empor.
    Lucy sah zu dem Vogel hoch und auf den Pfad und Madadh hinab, der ständig vor und zurück lief. Sie sah eigentlich überallhin, nur nicht zu ihm.
    Sie wurde an ihn gedrückt mit all ihren Kurven und knochigen Kanten, den langen, starken Beinen und den kleinen, festen Brüsten. Ihr Atem strich warm über seine Wange. Ihre Hände waren kalt.
    Sein Blut regte sich. Er setzte die Hände, die sie hielten, um. Wenn er sie in sein Zimmer bringen konnte, in sein Bett, konnte er sie wärmen, trösten, überzeugen, sie mit seiner Magie binden …
    Er runzelte die Stirn.
Weil das ja beim ersten Mal so wunderbar geklappt hatte.
    Sie warf ihm einen Blick von der Seite zu. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Sein Penis war hart wie Stein. »Ja.«
    »Ich hab dir ja gesagt, dass ich schwer bin.«
    Eher groß und schlank und von einer Kraft, die der seinen ebenbürtig war. »Es ist nicht dein Gewicht, das mich verrückt macht.«
    »Ach?« Sie begegnete seinem erregten Blick und wurde rot. »Oh.«
    Die Tür zum Turm stand einen Spaltbreit offen. Er schob sie mit dem Ellbogen ganz auf. Die Luft von Sanctuary umfing ihn. Sie war kühl von Nebel und Magie und roch nach Zeit, Stein und Meer.
    Sie räusperte sich. »Du kannst mich jetzt herunterlassen.«
    Er

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