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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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Apfel. Ein frischer, säuerlicher Geschmack explodierte auf ihrer Zunge. »Wie alt bist du eigentlich?«
    Er zögerte. »Ich wurde vor dreitausend Jahren als leiblicher Sohn meines Vaters Llyr geboren.«
    Lucy atmete ein. Hustete.
    Conn reichte ihr eine Serviette und wartete höflich, während Lucy sie sich vor den Mund hielt.
    »Und was …« Sie schnaufte. »Was ist mit deiner Mutter?«
    »Ich kenne sie nicht.«
    Sie ließ die Serviette sinken und starrte ihn an. »Du weißt nicht, wer deine Mutter war?«
    »Ich meine, dass ich sie kaum gekannt habe. Ich erinnere mich nicht an sie.« Er gab ihr ein Glas Wasser. »Wenn man im Meer geboren wird, lebt man dort, bis man sich zum ersten Mal verwandelt, bis man im Alter von sieben oder acht Jahren zum ersten Mal Menschengestalt annimmt. Wenn man an Land geboren wird, lebt man an Land – auch hier, bis man heranwächst und sich mit elf bis dreizehn Jahren verwandelt. Ich wurde im Meer geboren und entwöhnt, als ich zwei Jahre alt war. Als ich hierherkam, nach Sanctuary, hatte ich meine Mutter schon jahrelang nicht mehr gesehen.«
    Sie umklammerte das Glas fester. »Das ist ja furchtbar.«
    »Anders vielleicht.«
    »Kinder brauchen ihre Mutter.« Sie sprach aus Erfahrung und einer tiefen, verschütteten Sehnsucht.
    »Sie brauchen jemanden, der ihnen beibringt, wie man überlebt und wie man sich wann verhält.«
    Sie versuchte, sich an das zu erinnern, was er ihr über ihre Kindheit erzählt hatte.
»Mein Vater hat mir Instruktionen erteilt – wenn man es so nennen will.«
    »Deshalb hast du eine Lehrerin engagiert.«
    »Nicht ganz.«
    »Miss March.«
    »Sie war nicht nur Lehrerin«, sagte Conn. »Sie war auch Griffs Frau.«
    Ihr tat der Kopf weh. Lucy stellte das Glas ab und drückte die kalten Finger an ihre Schläfen. »Sie waren verheiratet? Ein Selkie und eine …«
    »Menschenfrau.« Conn zuckte die Achseln. »Das kommt vor. Deine Mutter hat ja auch deinen Vater geheiratet.«
    Sie schob den Stuhl vom Tisch weg. Ihr war der Appetit vergangen. »Meine Mutter hat meinen Vater verlassen.«
    »Weil ihr die Entscheidung abgenommen wurde.« Conn füllte ihr Glas nach. »Griff war seiner Frau treu ergeben bis zu ihrem Todestag.«
    »Aha. Und wie hat es ihr gefallen, auf Sanctuary zu leben?«
    »Sie war hier glücklich. Ihr Leben war erfüllt.«
    »Du hattest also Glück«, vermutete Lucy. »Weil sie geheiratet haben, meine ich.«
    Ohne zu antworten, trank Conn einen Schluck Wein. Seine Augen lagen außerhalb des Feuerscheins, im Schatten.
    Sie starrte ihn an. Seine Worte flüsterten in ihrem Hinterkopf:
»Sie brauchen jemanden, der ihnen beibringt, wie man überlebt und wie man sich wann verhält.«
    Und Roths Stimme.
»Der Prinz sagte, er wolle uns nicht wie kleine Wilde aufwachsen lassen.«
    In ihrer Brust öffnete sich eine tiefe Kluft. Sie holte Luft. »Es war kein Glück. Du hast sie hierhergebracht, oder?«
    Conns Gesicht wurde verschlossen, so kühl und glatt wie Eis. »Sie war glücklich«, wiederholte er. »Sie hat sich entschieden, zu bleiben.«
    »Aber sie hatte sich nicht entschieden, zu kommen.« Sie zerknüllte die Serviette in ihrem Schoß. »Was hast du getan? Du hast sie einfach geraubt, wie du das Schiff geraubt hast.«
    »Die Welpen brauchten eine Lehrerin. Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich meine Pflicht gegenüber meinem Volk erfülle.«
    Ihr schwirrte der Kopf. Ihr Mund war trocken. »Hast du deshalb … hast du mich … Aber Iestyn sagte, dass es hier keine Kinder mehr gibt.«
    »Genau deshalb«, antwortete er.
    Ihr Herz knallte gegen ihre Rippen. »Ich verstehe nicht.«
    Doch sie tat es. O ja, sie tat es.
    »Ich brauche Kinder«, bekräftigte Conn. Sein Blick prallte auf den ihren. »Ich brauche dich. Deine Kinder. Unsere. Dein Blut und meinen Samen, um mein Volk zu retten.«
     

[home]
    9
     
    »Kinder«, echote Lucy. Sie starrte ihn schockiert an. Wütend. Bestürzt. Er konnte doch nicht wollen … Er konnte doch nicht glauben … »Ich bin ja nicht einmal bereit, mit dir zu schlafen.«
    »Noch einmal mit mir zu schlafen.«
    Sie wurde rot. »Überhaupt.«
    Er wölbte die Brauen. »Du kannst nicht abstreiten, dass zwischen uns Leidenschaft ist.«
    Abstreiten? Selbst jetzt noch, da ihr Herz in einem Eisblock brannte, hatte sie nur Augen für ihn. Fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Ihre Schwäche, wo er besorgt war, machte sie wütend und erschreckte sie.
    »Leidenschaft allein reicht nicht«, erwiderte sie starrsinnig.

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