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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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heulte in stillem Protest auf.
    Er packte sein Seehundfell und polterte die Stufen des Turms hinunter, während ihm die eigenen achtlosen Worte noch in den Ohren widerhallten.
    »Wollt Ihr die Verfolgung aufnehmen, Lord?«
    »Verfolgung wohin? Dies ist eine Insel.«
    Und Lucy konnte nicht schwimmen.
    Konnte nicht …
    Sollte nicht …
    Zur Hölle noch mal. Er knallte die Geheimpforte hinter sich zu.
    Sie durfte nicht allein ans Meer hinuntergehen. Nicht beim ersten Mal. Ohne Führer konnte sie die Orientierung verlieren und sich unter den Wellen verirren.
    Verirren.
    Wie sein Vater sich verirrt hatte.
    Conn stolperte und stürzte auf den Strand, mehr Bulle als Mann, blind vor Angst, ohne klaren Gedanken vor Sorge. Madadh bewachte einen kleinen Haufen am Rande des Wassers. Lucys Mantel. Lucys Kleider.
    Lucy war fort.
    Sein Herz verwandelte sich in seiner Brust zu Eis. Sie hatte ihn verlassen.
    Er wollte ihren Namen herausschreien und sich ins Wasser werfen, um sie zu verfolgen.
    Er rang den Impuls nieder. Es gab keine Möglichkeit, herauszufinden, wo in diesem unermesslichen Ozean sie war. Oder was sie war. Ob sie verwandelt oder orientierungslos oder ertrunken war.
    Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
    Er stand da und lauschte, ließ sein Herz und all seine Sinne hinausspüren, um Lucy zu finden. Aber alles, was zu ihm zurückkam, waren die langsam heranrollenden Brecher und die hohen Schreie der Seevögel.
    Madadh erhob sich mit hängenden Ohren, den dünnen Schwanz eingekniffen, als würde sein beschränktes, hündisches Gehirn die Verantwortung für Lucys Verschwinden übernehmen.
    »Nicht du«, sagte Conn heiser. »Ich bin schuld.«
    Er griff nach ihrem Mantel, als ob ihm das Berühren des Stoffes, der ihre Haut berührt hatte, so etwas wie Trost spenden oder einen Hinweis auf ihren Verbleib oder ihr Schicksal liefern könnte. Etwas löste sich aus den Falten des Mantels und fiel blitzend in den Sand.
    Conn hob es mit bebender Hand auf.
    Der Aquamarintropfen glitzerte so blass wie ein Diamant im Zwielicht der Dämmerung.
    Sein Herz krampfte sich zusammen. Er schloss die Hand darüber.
    Im nassen Sand fiel er auf die Knie und beugte den Kopf.
    Lucy.
     
    Lucy.
Eine Berührung wie von einem Finger auf ihrer Seele.
    Sie war Lucy.
    Ihr Name war eine Kette um ihren Hals, die ihr die Kehle zuschnürte. Sie tauchte ab, um ihm zu entkommen, doch das Echo folgte ihr in die Tiefen wie das Läuten einer Glockenboje.
    Sie pflügte durchs Wasser, gejagt von ihrem eigenen Namen, von der Erinnerung an seine Stimme.
    Sie hatte ihn verlassen, denjenigen, der sie rief. Den sie liebte. Aus ihren großen, feuchten, runden Augen, die in der Dunkelheit sahen, weinte sie Tränen in die See.
    Doch sie drehte nicht um. Der Sirenengesang des Meeres brauste in ihren Ohren, als sie im Kielwasser der Sonne abtauchte, getrieben von einem Bedürfnis, das stärker war als Hunger, beherrschender war als Erschöpfung, aufgestachelt von Visionen von Blut und Tränen, die das Wasser befleckten.
    Welle um Welle.
    Tag um Tag.
    Sie schlief nur sehr kurz, in den Wogen auf und ab hüpfend, Salz atmend. Erwachte und schwamm weiter. Schlief und schwamm wieder. Bis ihre Kraft fast aufgebraucht war und ihr Verstand fast tot, bis sie nur noch als Zweck und Schatten existierte, der in den Schatten unter Wasser dahinglitt.
    Der Sonne folgend.
    Auf der Heimreise.
    Sie trug den, den sie liebte, bei sich, als Angelhaken in ihrem Herzen, und jeder Kilometer, den sie sich weiter von ihm entfernte, riss ihr die Brust auf und vergoss mehr von ihrem Blut.
     
    Die Wächter versammelten sich um die alte Karte, die wie von Zauberhand auf Conns Tisch erschien. Die hohen Fenster ließen rosafarbenes Licht und dunkle Schatten ins Turmzimmer herein.
    Als würde das Schloss bereits brennen, dachte Conn. Er schob den Gedanken daran und an seine Angst von sich und legte die Hände hinter dem Rücken zusammen.
    »In der Nähe des Schlots gib es keine Spuren von Leben«, sagte Morgan. Er war gerade von dem Schlot zurückgekehrt. »Kein Tintenfisch, keine Krabbe, nicht einmal Würmer.«
    »Die Hitze hat sie umgebracht«, vermutete Griff.
    Morgan schüttelte den weißblonden Schopf. »Leben gedeiht sehr wohl in der Hitze um die Schlote.«
    Ronat runzelte die Stirn. »Wenn dort also kein Leben ist …«
    »Dann hat sich der Schlot erst vor kurzem geöffnet. Nach Gaus Besuch«, ergänzte Conn grimmig.
    Das Problem war nicht die Ursache, sondern ihrer aller Reaktion darauf.
    Auf

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