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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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nickte in Richtung
Rattantisch, auf dem mein Notebook lag – »die Cyril mir gezeigt
hat, mich nicht davon abgehalten haben, dich wiederzusehen?
«, fragte er dann.
    »Weil du wusstest, dass sie zu meiner Vergangenheit gehören,
dass ich diese Jungs geküsst hatte, bevor ich
dich
kannte.«
    Gordy biss sich auf die Unterlippe, dann wandte er sein Gesicht
ab. »Ich habe auch eine Vergangenheit«, presste er tonlos
hervor.
    Mit einem Schlag wurde mir eiskalt. Bisher hatte er mir
immer nur von seiner Familie und seinen Freunden erzählt,
aber nie davon, ob es vielleicht auch eine Nixe in seinem
Leben gegeben hatte … oder womöglich noch gab.
    »Hast … Hattest du eine Freundin?« Mein Herz klopfte mich
fast um den Verstand, als ich diese Frage stellte.
    Gordian seufzte. »Nein«, sagte er leise, während er seinen
Blick zur Zimmerdecke richtete. »Hatte ich nicht. Nixe haben
keine festen Partner.« Er wirkte irgendwie entmutigt, ich allerdings
hätte losjubeln können, so erleichtert war ich.
    »Und was ist mit deinen Eltern? Sind sie denn gar nicht
richtig zusammen?«
    »Meine Eltern sind eine Ausnahme.«
    Überrascht, aber auch ein wenig beunruhigt stützte ich
mich auf, um Gordy besser ansehen zu können. »Inwiefern?«
    »Sie sind einander bestimmt.«
    Ich starrte ihn an. »Und was bedeutet das?«
    »Dass sie ihr ganzes Leben miteinander verbringen werden
und nur gemeinsame Kinder haben«, erklärte er mir. »Idis und
ich sind also echte Geschwister, während Kyan, Zak und Liam
beispielsweise nur Halbgeschwister haben.«
    »Okay«, sagte ich, »okay.« Schlafen mit einem offenen Auge,
Saughäute an Händen und Füßen, der Umstand, dass ihre
Beine sich in Flossen verwandelten – all das faszinierte mich
eher, als dass es mich schockte, aber diese Besonderheit der
Bestimmung setzte dem Ganzen noch mal eins drauf. »Wie
haben sie das gemerkt?«
    »Es ist einfach so … Cullum und Ozeane lieben sich zu sehr,
um sich mit anderen zu paaren«, antwortete Gordy zögernd.
    »Und wer bestimmt darüber?«, fragte ich weiter. »Ich meine,
sie werden doch nicht von ihren Vätern oder Großvätern ausgesucht?
«, vergewisserte ich mich.
    »Natürlich nicht.« Gordy lachte leise in sich hinein. Dann
wurde sein Blick plötzlich abwesend und ein seltsamer Ausdruck
legte sich über sein Gesicht, der ein unbehagliches Gefühl
in mir auslöste. »Das Meer
bestimmt
es«, sagte er rau. »Das
Meer ganz allein.«
    »Das Meer ist also so etwas wie ein Gott?«
    Eigentlich fand ich diesen Gedanken sehr schön, wesentlich
weniger abstrakt jedenfalls als die Vorstellung, dass Gott
irgendwo im Universum weilte und so tat, als ginge ihn das,
was auf der Erde passierte, nichts an.
    »Ich denke eher, dass es etwas sehr Natürliches ist«, entgegnete
Gordy. Er wandte sich wieder mir zu und beruhigenderweise
war jetzt alles Merkwürdige aus seinem Blick verschwunden. »Das Meer mit all seinen Lebewesen verfügt über ein
größeres Wissen und einen besseren Überblick als jeder einzelne
Nix. Meistens lässt es uns gewähren, nur ganz selten greift
es ein und überträgt einzelnen Nixen eine Bestimmung, der
sie sich nicht entziehen können, weil sie dem Ganzen dient.«
    »Moment mal …« Ich war nicht sicher, ob ich ihm folgen
konnte. »Deine Eltern, Cullum und Ozeane, sind füreinander
bestimmt, weil es dem Meer
nützt

    Gordian nickte.
    »Tut mir leid, aber das verstehe ich nicht.«
    »Das ist auch nicht nötig«, gab er zurück. »Der Sinn erschließt
sich selbst denen, die die Bestimmung erfüllen, nur
in den seltensten Fällen. Das Meer hat nun mal seine eigenen
Regeln. Es kennt die Zusammenhänge und sorgt dafür, dass
alles immer wieder ins Gleichgewicht zurückfindet. Es weiß
schon, was es tut.«
    »Und wenn die beiden sich geweigert hätten?«, bohrte ich
nach. »Was wäre mit ihnen passiert?«
    »Ach, Elodie.« Gordy schenkte mir ein strahlendes Lächeln.
»Sie lieben sich. Sie hätten sich nicht geweigert.«
    »Dann hat Bestimmung also immer etwas mit Liebe zu
tun?«, hakte ich vorsichtig nach.
    »Nein, das nicht.« Sein Lächeln erstarb und wieder legte sich
dieser seltsame Ausdruck über sein Gesicht. »Aber immer ist
sie so stark, dass es ganz und gar unmöglich ist, sich dagegen
zu wehren. Man denkt nicht einmal darüber nach … und noch
nie ist jemand dem Gesetz des Meeres entflohen.«

Nachdem ich geduscht hatte, schlich Gordy über den Balkon
ins Gästehaus hinüber, und ich ging hinunter, um mit Tante
Grace zu

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