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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Bett zurückkroch.
»Wir tun es, weil wir sie füttern wollen. Einfach so. Wir essen
sie gar nicht.«
    »Ihr füttert Möwen und lasst Menschen verhungern?«
    Ja, Gordy, dachte ich schuldbewusst, schnappte mir die
Bettdecke
und wickelte mich darin ein. Wir tun eine Menge
schreckliche Dinge.
    »Wie kommt es eigentlich, dass ihr so viel über uns wisst?«,
fragte ich, nachdem ich eine Weile gedankenverloren vor mich
hingestarrt hatte.
    »Wie kommt es, dass du dich in Bettzeug versteckst?«, erwiderte
er belustigt und zog mich zu sich herüber.
    »Ich fühle mich manchmal so … so … unwert«, murmelte ich
beklommen.
    »Und deshalb verkriechst du dich in Bettzeug?« In Gordys
türkisfarbenen Augen blitzte es übermütig.
    »Das ist nicht lustig«, sagte ich.
    »Stimmt, das ist es nicht. Aber du bist nicht unwert, Elodie.
Du nicht«, wisperte er an meinem Ohr. »Und Ashton und
Ruby sind es auch nicht.«
    »Na ja, zumindest versuchen wir, alles richtig zu machen.
Vielleicht reicht das ja schon.«
    Gordy zog mich nun ganz in seine Arme und wir lagen eine
Weile still beieinander. Inzwischen war es beinahe dunkel im
Zimmer. Der Himmel draußen hatte sich wieder zugezogen,
nur hier und da blitzte ein Stern oder ein Teil der Mondsichel zwischen den Wolken hervor. Gordys Haare kitzelten mich an
der Stirn. Ich atmete seinen Duft und betrachtete sein Profil,
das sich unwirklich von der Dunkelheit abhob.
    »Wir sind Delfine«, sagte er plötzlich. »Wir können unter
Wasser nicht atmen.«
    »Aber ihr seid Nixe.«
    »Ja, und wir haben gelernt, länger ohne Sauerstoff auszukommen
als unsere tierischen Freunde. Wir können viele Meilen
zurücklegen, bevor wir zum Luftschnappen an die Oberfläche
steigen müssen. Und dabei kommen wir euch oft sehr
nahe, ohne dass ihr es bemerkt. Menschen lieben Delfine. Sie
freuen sich, wenn sie uns sehen, und lassen uns dicht an sich
herankommen. Außerdem ist unser Gehör sehr gut, wie du
weißt.«
    »Die Menschen halten euch für Delfine«, sagte ich. »Sie können
euch von den Tieren nicht unterscheiden.«
    Gordy schwieg. »Aber du kannst es«, flüsterte er schließlich.
»Du hast Idis gesehen.«
    Ich schluckte. Ja, das hatte ich. Es war wie ein Wunder gewesen.
    »Vielleicht ist es ein Zeichen«, murmelte ich. »Dafür, dass
wir in Wahrheit zusammengehören.«
    Gordian drehte sich auf die Seite, wandte mir sein Gesicht
zu und küsste mich unterhalb des Ohrläppchens. »Aber das
war uns doch längst klar.«
    »Ich meinte eigentlich, wir alle«, sagte ich. »Die Menschen
und die Nixe.«
    Ebenso wie die Nixenarten untereinander, fügte ich im Stillen
hinzu. Was für ein seltsamer, aber schöner Gedanke …
    Nur einen Atemzug später blitzte Cyrils dunkler, hasserfüllter Blick vor mir auf und ich spürte einen schneidenden
Schmerz in der Brust.

    Als ich die Augen aufschlug, war es hell im Zimmer. Gordy lag
neben mir, das Gesicht in meinem Haar, einen Arm in meinem
Nacken, den anderen um meinen Bauch geschlungen.
    »Hey«, sagte er leise.
    »Du bist wach?«
    »Das bin ich immer«, erwiderte er, zog den Arm unter mir
weg und stützte sich auf. »Zumindest mit einer Hälfte meines
Gehirns.«
    »Soll das heißen, du schläfst nicht?«, fragte ich verblüfft.
    »Na ja, zumindest nie ganz«, war seine Antwort. »Es ist so
wie bei den
echten
Delfinen auch. Würden sie schlafen wie du,
würden sie ertrinken.«
    »Du bist also wach und gleichzeitig schläfst du?«, resümierte
ich zweifelnd. »Wie machst du das?«
    »Ein Auge offen, das andere zu«, sagte Gordy zwinkernd.
    »Im Ernst?«, rief ich entsetzt. Bei aller Schönheit, aber diese
Vorstellung war einfach zu gruselig!
    »Ja, im
Ernst
«, sagte Gordian und lächelte verschmitzt.
»Möchtest du, dass ich es dir vormache?«
    »Nein, bitte nicht!«
    »Es ist aber ganz praktisch«, meinte er und küsste mich auf
die Nase. »Denn ich habe auch stets ein Ohr gespitzt. Wenn
deine Großtante die Treppe heraufkäme, würde ich sie hören,
ehe sie die Tür geöffnet hat. Es ist also gar nicht schlimm, dass
du vergessen hast, sie abzuschließen.«
    Ein Schreck fuhr mir durch die Glieder. »Wir sind einfach
eingeschlafen!«, rief ich. »Noch dazu in unseren Klamotten.«
Ich wollte aufspringen, doch Gordy hielt mich fest.
    »Was hast du denn?«
    »Ich fühle mich schrecklich«, sagte ich. »Klebrig und verschwitzt.
Du etwa nicht?«
    Ein Grinsen zupfte an seinen Mundwinkeln. »Nein.«
    »Na klar«, erwiderte ich. »Delfine schwitzen wahrscheinlich
überhaupt

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