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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Schwall Luft aus. »Wie hat er dich denn angesehen?
«
    Gordy ließ seine Hand über meinen Rücken gleiten und
erhob sich. »Nicht besonders freundlich.«
    »Scheiße.« Ich ging offline und fuhr den Laptop herunter.
    »Wenn er Sina nur benutzt, um …« Ich sprach es nicht aus.
    »Dann drehe ich ihm den Hals um. Das schwöre ich dir.«

    »Unser Gedanken-Echolot funktioniert ganz ähnlich wie eure
Kästen, mit einem kleinen entscheidenden Unterschied: Das
Echolot ist ehrlich. Wir können uns dahinter nicht verstecken
«, sagte Gordy, als ich in Trägertop und Boxershorts und
mit einem Handtuch um meine nassen Haare aus dem Badezimmer
kam. Während ich geduscht hatte, war er in seine
Sachen geschlüpft und hatte sich auf dem Rattansofa ausgestreckt.
    Inzwischen war der Himmel aufgeklart, und am Horizont
hatte sich eine schmale glutrote Linie gebildet, die den indigoblauen
Himmel vom ebenso indigoblauen Meer trennte.
    »Ich würde das Ding am liebsten überhaupt nicht mehr einschalten
«, erwiderte ich und ließ mich in einen der beiden
Sessel fallen. »Es bringt sowieso nur Unglück.«
    Gordian schüttelte den Kopf. »Es sind nicht die Dinge. Es
sind die Menschen, die dahinterstehen. Ihr benutzt sie, um
anderen zu schaden.«
    »Nicht nur!« Keine Ahnung, wieso ich den Impuls hatte,
meine Spezies verteidigen zu müssen, ein bisschen schämte ich
mich sogar dafür, denn er hatte ja recht. – Wieder einmal!
    Gordy sah mich an. »Ihr erfindet sie, weil sie euch nützlich
erscheinen, aber dann verleiten sie euch dazu, sie zu eurem
Vorteil zu gebrauchen.«
    »Was ist so verkehrt daran?«
    »Nichts, solange ihr …«
    »… niemandem schadet, schon klar«, stieß ich aufgebracht
hervor. »Aber es sind ja nicht nur wir Menschen, ihr Nixe habt
euch doch längst davon anstecken lassen. Denk an das, was
Cyril getan hat.«
    Gordy zog eine Grimasse. »Cyril ist ein Hai«, entgegnete er
voller Abscheu. »Er lebt schon viel zu lange an Land.«
    »Das weißt du doch gar nicht.«
    »Ich rede nicht von ihm persönlich, sondern von seiner Art.
Hainixe führen sich wie die Herrscher der Meere
und
des Landes auf.
Dabei sind sie weder das eine noch das andere. Sie
gehören nirgendwo wirklich hin.«
    So wie du, dachte ich und war heilfroh, dass ich damit nicht
laut herausgeplatzt war. Aber Gordy blieben natürlich auch
meine Gedanken nicht verborgen.
    »Ja, genauso wie ich«, sagte er leise und richtete seinen Blick
zur Zimmerdecke. »Das ist es doch, was du sagen wolltest,
oder?« Er sah kurz zu mir, sprang vom Sofa auf und begann,
unruhig auf und ab zu laufen. »Aber es stimmt nicht ganz«,
fuhr er schließlich fort. »Ein Plonx ist noch viel weniger … wert
als ein Hainix. Ein Plonx ist gar nichts.«
    Innerhalb eines Sekundenbruchteils war Gordians Haut
schneeweiß geworden und die Farbe seiner Augen zu einem
fahlen Blau verblasst. Das Haar hing ihm wild in die Stirn und
seine Mundwinkel waren tief heruntergezogen. So hatte ich
ihn noch nie erlebt, und mir war sofort klar, dass er sich in
einem äußerst beunruhigenden Zustand befand.
    »Nein, nein, nein!« Ich sprang aus meinem Sessel hoch und
schloss meine Arme um ihn. »Für mich bist du alles. Hörst du,
du bist alles für mich.« Ich drückte mich an ihn und küsste
jeden Zentimeter seines Sweaters und so viel von seinem Hals,
wie ich erwischen konnte. »Bitte, Gordy, ich weiß, dass du
nicht glücklich bist, dass du das Meer brauchst und Orte wie
St Peter Port dir deine ganze Energie rauben. Und ich weiß
auch, dass ich all das nicht aufwiegen kann, aber so etwas
darfst du einfach nicht denken!«
    Gordian nahm mein Gesicht in seine Hände und sah mich
stumm an. In seinem Blick lag so viel Zärtlichkeit, aber auch so
viel Verzweiflung, dass mir unwillkürlich die Tränen kamen.
Ich spürte, dass meine Worte ihn trösteten, aber ich wusste
auch, dass ich ihm nicht wirklich helfen konnte, und das löste
das gleiche Ohnmachtsgefühl in mir aus, das ich kurz nach Pas
Tod empfunden hatte.
    Mit einem Schlag wurde alles in mir starr und kalt, und die
Dinge um mich herum – auch Gordy – rückten weit fort, so als
hätte ich nicht das Geringste mit ihnen zu tun.
    »Elodie!«, hörte ich Gordys Stimme. »Bitte, bleib hier!«
    Seine Hände lagen auf meinen Schultern, und er schüttelte
mich, sanft zuerst, dann immer heftiger. »Schau mich an.
Bitte, schau mich an.«
    Ich richtete meinen Blick auf ihn, ohne etwas zu empfinden,
aber ich bemerkte, dass die Farbe seiner Augen sich

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