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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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geschlossen, tauchte
Gordy zwischen den Blättern der Birkenfeige am Kopfende
des Bettes auf.
    »Du hast so laut geschrien, dass ich nicht gehört habe, wie sie
die Treppe heraufkam.« Zerknirscht zuckte er mit den Schultern.
»Ich habe es einfach nicht mehr bis ins Badezimmer geschafft.
Aber in Zukunft scheint das ja auch nicht mehr nötig
zu sein«, meinte er lächelnd. »Wir werden sie nicht mehr anlügen
müssen.«
    Ich presste die Lippen zusammen und blitzte ihn wütend
an. Die Sache mit Tante Grace war ja gut und schön, doch was
Gordy betraf, hatte ich im Moment wirklich andere Sorgen.
    »Was hast du mit mir gemacht?«, blaffte ich, fasste das nasse
Top mit den Fingern und hielt es mir vom Körper weg. »Wolltest
du mich ertränken?«
    Gordian richtete sich zu seiner vollen Länge auf und zwinkerte
mir zu. »Nein, ich habe nur versucht, mit dir zu schlafen.«
    »Gordy, das ist nicht witzig! Sag mir einfach, was passiert
ist!«, zischte ich. »Wer ist hier gewesen? Kyan?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Cyril?«
    »Niemand außer dir und mir. Wenn du also denkst …«
    »Was soll ich denn sonst denken?«, stieß ich hervor. »
Du
hast
dich auf mich gelegt …«
    Die Erinnerung daran, wie schön genau das gestern Abend
gewesen war, war inzwischen verblasst.
    »Ja … weil ich so nah wie nur irgend möglich bei dir sein
wollte, aber ich habe dich nicht angerührt.« Gordian umrundete
das Bett und kam nun langsam auf mich zu. »
Niemand
hat
dich angerührt.« Er sah mir fest in die Augen.
    »A-aber wieso … ich meine, ich habe geweint …«, stammelte
ich.
    »Ja, das hast du.«
    »Aber wie …?«
    Gordy strich mir besänftigend über die Schulter. In seinen
Augen blitzte es. Ganz automatisch blickte ich auf das Grübchen
über seiner Oberlippe und mein Zorn verrauchte auf
der Stelle. »Du würdest es ohnehin nicht glauben«, sagte er
leise.
    »Was?«, murmelte ich irritiert.
    Wie immer, wenn Gordian mich mit seinem besonderen
Lächeln überrumpelt hatte, fühlte ich mich ein paar Sekunden
lang wie benommen. Und als ich endlich wieder klar denken
konnte, blieb mir keine Zeit, weiter nachzubohren, was in der
Nacht wirklich passiert war und was das für glitzernde Kristalle
waren, die gestern Abend in seinen Augen erschienen waren.
Denn Tante Grace würde es garantiert nicht dulden, dass ich
auch nur eine Minute zu spät zum Frühstück kam.
    Aber all das würde ich nachholen, gleich heute Nachmittag.
Und ich würde ganz sicher keine Ruhe geben, bevor er mir
nicht alle Fragen beantwortet hatte.
    »Es gefällt mir nicht«, sagte er, nachdem ich im Bad gewesen
war und ihm anschließend hastig von meinem neuen Job erzählt
hatte. »Solange du in dieser Silberschmiede bist, kann ich
nicht auf dich aufpassen.«
    Fast entlockte mir diese Bemerkung ein Grinsen. Hatte ich
nicht gewusst, dass er genau das sagen würde?
    »Ist das denn überhaupt noch nötig?«, bemerkte ich stattdessen
spitz. »Offenbar ist ja nie jemand in meinem Zimmer
gewesen. Niemand hat versucht, mir etwas anzutun. Ich habe
das alles doch bloß geträumt!«
    »Elodie …«
    Ich sah, wie unglücklich er war und wie sehr er mit sich
kämpfte. Doch ebenso wie ich würde er das aushalten und sich
gedulden müssen.
    »Bis nachher«, sagte ich, schlüpfte durch die Tür und eilte
die Treppe hinunter.
    Ich hatte weder Hunger noch Appetit, trotzdem aß ich zwei
Toasts mit Rührei und Champignons und eine gebackene Tomate,
nur um meiner Großtante zu signalisieren, dass sie sich
keine Sorgen um mich zu machen brauchte.
    Nach dem Frühstück gab sie mir eine Karte und erklärte mir
den Weg.
    »In gut fünf Minuten solltest du dort sein«, meinte sie. »Es
ist ausgeschildert. Du kannst es gar nicht verfehlen.«
    »Und notfalls hätte ich auch einen Mund, um nach dem
Weg zu fragen«, versicherte ich ihr. Dann holte ich das Fahrrad
aus dem Schuppen und fuhr los.
    »Wir sollten versuchen, miteinander auszukommen!«, rief
meine Großtante mir nach. »Findest du nicht?«
    Ich bremste ab, wendete in einer lang gezogenen Kurve auf
der Kiesauffahrt und fuhr langsam zu ihr zurück. »Tut mir leid,
ich wollte nicht schnippisch sein«, entschuldigte ich mich,
schlang ihr meinen Arm um den Hals und küsste sie auf die
Wange.
    »Nein, du wolltest mir nur zu verstehen geben, dass du
schon groß bist«, erwiderte sie und drückte mich sanft. »Und
du hast recht: Ich sollte dich nicht so bevormunden.«
    »Zu spät«, sagte ich und schenkte ihr ein Lächeln. »Nun
werde ich mir

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