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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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sie. Dann wurde ihr Gesicht wieder ernst. «Das Meer und ich gehen schon seit geraumer Zeit getrennte Wege», sagte sie. «Reichst du mir mal die Pfanne rüber? Danke.»
    Adrian schaute ihr zu, wie sie herumwerkte. Er konnte sie so gut verstehen, es war ja bei ihm nicht anders.
    «Bei dir ist das etwas anderes», begann sie in diesem Moment. «Du bist jünger.»
    «Ich war übrigens gestern oben auf dem Friedhof.»
    Er erwähnte die frische Rose auf dem Grab nicht. Und sie sagte ebenfalls nichts dazu. Adrian fragte sich, wo das Mädchen wohl begraben werden würde, wenn sie es fanden. Sie hatte sein Leben nur so kurz gestreift, doch er wurde den Gedanken an sie nicht los. Hätte er ihr nachlaufen sollen? Wäre er ihr nachgegangen, wenn sie nicht ausgerechnet in Richtung Wasser gelaufen wäre? Hätte er etwas ahnen müssen? Wie auch immer, er hätte gerne auch auf ihr Grab eine Rose gelegt.
    «Weißt du …», begann er.
    Sie richtete sich auf. «Ich habe nachgedacht», sagte sie sehr entschieden. «Und ich bin zu der Ansicht gekommen, dass wir eine Fußbodenheizung einbauen sollten. In dem Atelier», fügte sie hinzu, als sie sein verwirrtes Gesicht sah.
    «Fußbodenheizung», wiederholte Adrian. Er brauchte einen Moment, um seine so ganz anders gelagerten Gedanken zu sortieren und sich auf das Thema einzulassen. «So etwas ist teuer, Tante. Ich weiß nicht, ob …»
    «Eben darüber wollte ich mit dir reden.» Rose trat an den Tisch, zog sich einen Schemel heran und setzte sich. Sie liebte Schemel. Benutzte sie Stühle, so berührte ihr magerer Rücken niemals die Lehne.
    Unwillkürlich setzte Adrian sich aufrecht hin.
    «Es ist wegen des Bootshauses», begann seine Tante.
    «Jetzt fängst du auch noch damit an. Welches Bootshaus in drei Teufels Namen?» Adrian hob ratlos die Hände.
    Rose runzelte die Stirn. «Was heißt ‹auch noch›?», fragte sie, dann sagte sie: «Ah, du hast mit Patrick gesprochen.»
    «Ich habe nicht mit Patrick gesprochen. Ich rede nie mit Patrick.
Er
hat mit
mir
geredet. Hat was von einem Aquapark erzählt. Und von einem Grundstück, das du nicht hergeben willst.»
    «Na, dann weißt du ja schon alles.» Rose Ames lehnte sich zurück.
    «Gar nichts weiß ich.» Adrian starrte sie an. «Was ist das für ein Haus?», fragte er, als sie nicht weitersprach.
    «Es ist ein Bootshaus, wie gesagt.» Das Reden schien seiner Tante schwerzufallen.
    Adrian starrte noch immer. «
Das
Bootshaus meinst du? Das, von dem sie abgefahren sind?»
    «Unser Haus und unser Steg. Immer schon. Das Boot, das drin lag, hieß
Lady Blue
.» Sie lächelte. «Dein Onkel wollte es ‹Lady Rose› nennen, aber ich war dagegen. Ich hatte Angst, am Ende könnte er mehr Zeit mit ihm verbringen als mit mir.»
    «Ach, ich glaube, der Typ war er nicht», sagte Adrian und dachte an den Brief.
    «Nein», gab seine Tante zu. «Das war er nicht.»
    Eine Weile schwiegen sie.
    «Weißt du, wir waren früher sehr oft dort. Ganze Nachmittage haben wir da verbracht, einen Picknickkorb dabei. Du bist auf den Apfelbäumen dort rumgeklettert.»
    «Ach», sagte Adrian.
    «Einmal, das weiß ich noch, bist du von einem runtergefallen. Jetzt sind das ja alles Krüppel, sie tragen nicht mehr, ganz morsch die Stämme. Seltsam, als ob sie es wüssten.»
    Adrian war bei der Erwähnung des Sturzes zusammengezuckt. «Ich war dort unten?», fragte er. Er versuchte sich zu erinnern, wie er mit Knightley zusammen das Bootshaus betrachtet hatte. Es war ihm vollkommen fremd erschienen.
    «Du hast es geliebt.» Seine Tante klang sehr entschieden. «Vorher.» Sie schwieg. «Vielleicht hättest du es weitergeliebt. Aber ich habe dich nicht mehr hingelassen. Ich wollte das Haus bestrafen, irgendwie. Wollte es vereinsamen, verkommen, sterben lassen.» Sie sah ihn an. «Irgendjemanden musste ich doch bestrafen.»
    Adrian griff nach ihrer Hand.
    Sie seufzte. «Es war natürlich dumm. Ich komme mir ein bisschen vor wie ein trotziges Kind. Du weißt schon, so eines, das nichts mehr isst und sich denkt: Wenn ich erst gestorben bin …»
    «… dann wird es ihnen leidtun», vollendete Adrian den Satz für sie. Sie lachten beide und verstummten wieder.
    «Und jetzt will die Gemeinde das Grundstück haben.» Adrian begann zu begreifen.
    Rose nickte. «Es ist einer der wenigen Flecken Grund direkt am Meer, der nicht Steilküste ist. Sie wollen da vielleicht so was hinbauen, so einen …» Sie suchte nach dem Wort.
    «Aquapark.» Adrian nickte.
    «Was immer das

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