Meerjungfrau
sich auf der richtigen Spur befanden. »Zum Beispiel hat er seinen Namen erst mit achtzehn ändern lassen. Warum so spät? Warum hätte er den Namen von Leuten tragen sollen, bei denen er nicht lange gewohnt hat?«
»Im Grunde hast du recht.« Paula schien jedoch noch nicht ganz überzeugt zu sein.
Aber sie würden es bald erfahren. Bald würden sie eines der fehlenden Puzzleteile über Christian Thydell finden. Oder Christian Lissander.
Mit dem Telefon in der Hand zögerte Erica. Sollte sie oder sollte sie nicht? SchlieÃlich sagte sie sich, dass die Sache ohnehin bald an die Ãffentlichkeit gelangen würde. Da konnte Gaby es auch von ihr erfahren.
»Hallo, hier ist Erica.«
Sie schloss die Augen, als Gaby sie mit den üblichen Phrasen überschüttete, und unterbrach nach einiger Zeit ihren Redeschwall.
»Christian ist tot.«
Am anderen Ende wurde es still. Dann schnappte Gaby nach Luft.
»Was? Wie?«, stammelte sie. »War es dieselbe Person, die â¦Â«
»Ich weià es nicht.« Wieder schloss Erica die Augen. Die Worte waren entsetzlich und klangen so endgültig. »Er wurde heute Morgen erhängt aufgefunden. Mehr kann die Polizei noch nicht sagen. Auch nicht, ob er es selbst getan hat oder ob es â¦Â« Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
»Erhängt?«, keuchte Gaby. »Das kann nicht wahr sein!«
Erica schwieg eine Weile. Sie wusste, dass es etwas dauerte, die Information zu verdauen. Ihr war es genauso ergangen, als Patrik es ihr erzählt hatte.
»Ich melde mich, wenn ich mehr weië, sagte Erica. »Allerdings fände ich es gut, wenn wir die Medien so lange wie möglich aus der Sache heraushalten könnten. Für seine Familie ist es ohnehin schwer genug.«
»Selbstverständlich.« Gaby schien es wirklich ernst zu meinen. »Aber halte mich auf dem Laufenden.«
»Versprochen.« Erica legte auf. Selbst wenn Gaby es sich verkneifen konnte, die Presse zu informieren, würde es nicht lange dauern, bis Christians Tod auf den Titelseiten gemeldet wurde. Christian war über Nacht berühmt geworden, und die Zeitungen hatten schnell begriffen, dass er die Auflage steigerte. In den kommenden Tagen würde sein geheimnisvoller Tod mit Sicherheit das Thema Nummer eins sein. Arme Sanna, arme Kinder.
Erica hatte die Jungen kaum ansehen können, als sie sich bei Sannas Schwester um sie gekümmert hatte. Sie hatten vor einem Berg von Legosteinen auf dem Boden gesessen. Hatten fröhlich und abgesehen von den üblichen Kabbeleien unter Geschwistern vollkommen sorglos gespielt. Das Erlebnis vom Vortag schien sie nicht getroffen zu haben. Aber vielleicht steckte es ihnen doch noch in den Knochen? Möglicherweise war in ihnen etwas kaputtgegangen, obwohl man ihnen äuÃerlich nichts anmerkte? Und nun war ihr Vater nicht mehr da. Welche Auswirkungen würde das auf ihr Leben haben?
Sie hatte ganz still auf dem Sofa gesessen und sich schlieÃlich gezwungen, einen Blick auf die beiden zu werfen, wie sie die Köpfe zusammensteckten und eifrig diskutierten, wo die Sirene des Rettungswagens hingehörte. Wie sehr sie Christian und Sanna ähnelten. Sie waren das Einzige, was noch von ihm blieb. Und das Buch. Die Meerjungfrau .
Plötzlich hatte Erica das dringende Bedürfnis, das Buch noch einmal zu lesen. In Erinnerung an Christian. Zuerst sah sie nach Maja, die friedlich schlief. Weil der Morgen so chaotisch verlaufen war, durfte ihre Tochter heute zu Hause bleiben. Zärtlich strich sie über das blonde Köpfchen auf dem Kissen. Dann holte sie das Buch, machte es sich bequem und schlug die erste Seite auf.
Magnusâ Beerdigung sollte in zwei Tagen stattfinden. In zwei Tagen würden sie ihn begraben. In einem Loch in der Erde.
Cia hatte das Haus nicht verlassen, seit man ihn gefunden hatte. Sie konnte es nicht ertragen, angestarrt zu werden, hielt diese Blicke nicht aus, die bei allem Mitleid zu fragen schienen, womit Magnus das verdient hatte. Die Spekulationen, er habe das Unglück durch sein eigenes Tun angezogen.
Sie wusste, was geredet wurde, weil sie den Klatsch jahrelang erlebt hatte. Sie hatte zwar nicht wesentlich dazu beigetragen, aber sie hatte ihn gehört, ohne zu widersprechen.
»Von nichts kommt nichts.«
»Wieso können die es sich eigentlich leisten, nach Thailand zu fahren? Er arbeitet bestimmt schwarz.«
»Was die mittlerweile
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