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Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Woche kam zwar eine Putzfrau, die selbstverständlich schwarzarbeitete, aber um irgendetwas musste man sich trotzdem immer kümmern. Tausend kleine Dinge hatten zu funktionieren und am richtigen Platz zu sein, ohne dass Erik bemerkte, wie viel Arbeit dahintersteckte. Das Problem war nur, dass all diese Pflichten sterbenslangweilig waren. Als die Kinder noch klein waren, war sie liebend gern Hausfrau gewesen. Hatte die vielen kleinen Tätigkeiten geliebt – sogar das Wechseln der Windeln, das Erik kein einziges Mal übernommen hatte. Das hatte ihr jedoch nichts ausgemacht, weil es ihr das Gefühl vermittelte, wirklich gebraucht zu werden. Wichtig zu sein. Für ihre Kinder war sie der Mittelpunkt der Welt gewesen, sie war sogar morgens vor ihnen aufgestanden und hatte für sie die Sonne angeknipst.
    Diese Zeit war längst vorbei. Die Mädchen gingen zur Schule. Sie waren mit ihren Freundinnen und Freizeitaktivitäten beschäftigt und betrachteten Louise in erster Linie als Dienstleistungsbetrieb. Genau wie Erik. Zu allem Überfluss musste sie feststellen, dass die beiden langsam unausstehlich wurden. Erik kompensierte sein mangelndes Interesse an ihnen, indem er ihnen jeden materiellen Wunsch von den Lippen ablas, und seine Verachtung von Louise färbte bereits auf die Töchter ab.
    Louise strich über die Arbeitsfläche. Italienischer Marmor, extra importiert. Auf einer seiner Geschäftsreisen hatte Erik ihn selbst ausgesucht. Sie mochte den Marmor nicht. Zu kalt und zu hart. Wenn sie hätte wählen dürfen, hätte sie eine Küche aus Holz ausgesucht, vielleicht dunkle Eiche. Sie öffnete eine der schlichten, glänzenden Schranktüren. Auch diese waren kalt, sehr geschmackvoll, aber überhaupt nicht warm. Zu einer Arbeitsplatte aus dunklem Holz hätte sie sich von Hand lackierte weiße Fronten im Landhausstil ausgesucht, auf denen einzelne Pinselstriche sichtbar waren und die Oberfläche belebten.
    Ihre Hand umschloss eins der großen Weingläser. Ein Weihnachtsgeschenk von Eriks Eltern. Natürlich mundgeblasen. Schon an der Hochzeitstafel hatte ihr Eriks Mutter einen langen Vortrag über die kleine, aber feine Glasbläserei in Dänemark gehalten, wo man die teuren Gläser bestellen konnte.
    Plötzlich öffnete sich ihre Hand wie von allein. Auf dem schwarzen Marmorfußboden, der natürlich auch aus Italien stammte, zersplitterte das wertvolle Glas in tausend Scherben. In dieser Hinsicht war Erik genau wie seine Eltern, schwedische Produkte waren nie gut genug. Je exotischer, desto besser. Sofern die Dinge nicht aus Taiwan kamen. Kichernd griff Louise nach einem neuen Glas, stieg in ihren Hausschuhen über den Scherbenhaufen und begab sich zielstrebig zu dem Dreiliterweinkarton, über den Erik nur die Nase rümpfte. Für ihn musste es Wein aus Flaschen sein, die ein Vermögen kosteten. Er wäre nie auf den Gedanken gekommen, seine edlen Geschmacksknospen mit Wein aus einem Karton für zweihundert Kronen zu besudeln. Um ihn zu ärgern, füllte sie sein Glas manchmal mit ihrem Wein anstatt mit dem vornehmen Gesöff aus Frankreich oder Südafrika nach, über dessen besonderen Charakter er sich so gern ausließ. Seltsamerweise merkte er nie einen Unterschied.
    Diese kleinen Racheakte machten ihr das Leben und die Tatsache erträglich, dass er die Mädchen zunehmend gegen ihre Mutter aufhetzte, diese wie Dreck behandelte und ihre Friseuse vögelte.
    Louise hielt ihr Glas unter den Zapfhahn und ließ es randvoll laufen. Dann prostete sie ihrem Spiegelbild auf der rostfreien Kühlschranktür zu.
    Die Briefe gingen Erica nicht aus dem Kopf. Unruhig wanderte sie zu Hause auf und ab, musste sich aber nach einiger Zeit an den Küchentisch setzen, weil sich im Lendenwirbelbereich ein ziehender Schmerz bemerkbar machte. Sie griff nach Stift und Notizblock und brachte hastig zu Papier, was sie von den Briefen in Christians Arbeitszimmer in Erinnerung behalten hatte. Da sie ein gutes Gedächtnis für Texte hatte, war sie sicher, dass sie das meiste rekonstruieren konnte.
    Immer wieder las sie, was sie geschrieben hatte. Mit jedem Mal erschienen ihr die kurzen Zeilen bedrohlicher. Aus welchem Grund hatte jemand eine solche Wut auf Christian? Erica schüttelte den Kopf. Zwar konnte man nicht erkennen, ob die Briefe von einem Mann oder einer Frau verfasst worden waren, aber irgendetwas am Tonfall, am

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