Meerjungfrau
werden möchte?« Sie sah Christian an, der den Kopf schüttelte.
»Aha.« Sie blickte nun den Reporter scharf an, der sein Mikrophon inzwischen gesenkt hatte. »AuÃerdem hat Christian hier zu tun. Er signiert in unserem Geschäft ein Buch. Ich muss Sie bitten, ihn in Ruhe seine Arbeit machen zu lassen.«
»Ja, aber â¦Â«, begann der Radiojournalist, machte den Mund jedoch wieder zu und drückte einen Knopf an seinem Aufnahmegerät. »Könnten wir vielleicht später ein kleines Gespräch â¦Â«
»Verschwinden Sie«, sagte Gunnel. Christian konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Danke«, sagte er, als der Reporter verschwunden war.
»Der war aber hartnäckig. Worum ging es denn?«
Die Erleichterung über das Verschwinden des Journalisten verflog schnell. Bevor Christian antwortete, musste er heftig schlucken.
»Er hat behauptet, auf der Titelseite der Göteborgs-Tidningen steht etwas über mich. Offenbar hat die Presse herausgefunden, dass ich einige unangenehme Briefe erhalten habe.«
»Oje.« Gunnel sah ihn erst bestürzt und dann besorgt an. »Soll ich losgehen und die Zeitung kaufen, damit du dir ein Bild machen kannst?«
»Würdest du das für mich tun?« Sein Herz klopfte wie wild.
»Kein Problem.« Sie tätschelte ihm aufmunternd den Arm und machte sich auf den Weg.
Eine Weile saà Christian reglos da und starrte vor sich hin. Dann nahm er wieder den Füller und schrieb seinen Namen in die Bücher. Nach einiger Zeit musste er zur Toilette. Da es noch immer keinen Ansturm auf seinen Tisch gab, konnte er sich problemlos einen Moment zurückziehen.
Er eilte durch die Buchhandlung zum Personalraum und setzte sich wenige Minuten später wieder an seinen Platz hinter dem Büchertisch. Noch war Gunnel nicht mit der Zeitung zurückgekehrt. Er machte sich auf einiges gefasst.
Christian griff nach dem Füller und blickte verwundert auf die Bücher, die er signieren wollte. Hatte er sie wirklich so zurückgelassen? Bevor er zur Toilette gegangen war, hatten sie irgendwie anders dagelegen. War in seiner Abwesenheit ein Buch gestohlen worden? Da der Stapel nicht geschrumpft war, nahm er an, dass er sich das Ganze nur eingebildet hatte. Er schlug das oberste Exemplar der Meerjungfrau auf, um eine Widmung für den Leser hineinzuschreiben.
Doch die Seite war nicht leer. Diese Schrift kannte er. Sie war hier gewesen.
Als Gunnel mit der Göteborgs-Tidningen auf ihn zukam, sah er sein Konterfei auf dem Titelblatt. Er wusste, was das bedeutete. Die Vergangenheit holte ihn allmählich ein. Niemals würde sie aufgeben.
»Meine Güte, weiÃt du eigentlich, wie viel Geld du bei deinem letzten Göteborg-Trip verschleudert hast?« Erik starrte die Kreditkartenabrechnung an.
»Es müssten an die zehntausend Kronen gewesen sein.« Seelenruhig lackierte Louise sich die Nägel.
»Zehntausend! Wie kann man so viel Geld bei einem einzigen Einkaufsbummel ausgeben?« Erik wedelte mit dem Blatt Papier und knallte es auf den Küchentisch.
»Hätte ich noch diese Handtasche genommen, mit der ich so lange geliebäugelt habe, wären es fast dreiÃigtausend.« Zufrieden betrachtete sie den rosafarbenen Lack.
»Du bist doch nicht ganz bei Trost!« Er nahm die Abrechnung noch einmal zur Hand und starrte darauf, als könnte er die Summe durch pure Willenskraft senken.
»Können wir uns das denn nicht leisten?« Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
»Darum geht es nicht! Ich arbeite rund um die Uhr für das Geld, das du für solchen Blödsinn zum Fenster rauswirfst.«
»Tagsüber habe ich hier ja auch nichts zu tun.« Louise stand auf und wedelte dabei mit den Fingern, damit der Lack schneller trocknete. »Ich esse den ganzen Tag Pralinen und schaue mir Fernsehserien an. Die Mädchen hast du doch auch alleine groÃgezogen. Oder habe ich etwas Sinnvolles dazu beigetragen? Du hast schlieÃlich die Windeln gewechselt, die Kinder gefüttert, überallhin kutschiert und ständig das Haus in Ordnung gehalten. Nicht wahr?« Sie rauschte vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Diese Diskussion hatte schon tausendmal stattgefunden. Und wenn nichts Einschneidendes passierte, würde das auch noch tausend weitere Male so sein. Sie waren wie ein eingespieltes Tänzerpaar, das jeden Schritt und jede Figur aus dem Effeff
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