Meerjungfrau
beherrschte.
»Hier ist eine meiner Entdeckungen aus Göteborg. Schick, was?« Sie nahm eine Lederjacke von einem Kleiderbügel an der Garderobe. »Die war auf viertausend runtergesetzt.« Sie hielt sich die Jacke vor die Brust, hängte sie wieder zurück und ging die Treppe hinauf.
Vermutlich würde auch aus diesem Streit keiner von beiden als Sieger hervorgehen. Da sie einander ebenbürtig waren, endeten ihre Kämpfe meistens unentschieden. Die bittere Ironie bestand darin, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn einer von beiden den Kürzeren gezogen hätte. Dann hätte ihre unglückliche Ehe wenigstens ein Ende finden können.
»Nächstes Mal zerschneide ich die Karte«, brüllte er ihr hinterher. Da die Mädchen bei einer Freundin waren, brauchte er keine Rücksicht zu nehmen.
»Solange du Geld in deine Geliebten investierst, lässt du die Finger von meiner Kreditkarte. Glaubst du etwa, nur du kannst Abrechnungen überprüfen?«
Erik fluchte. Er wusste, er hätte die Adresse ändern sollen, damit die Abrechnung seiner Karte an die Firma geschickt wurde. Es war nicht zu bestreiten, dass er bei den Damen, die vorübergehend das Vergnügen und die Ehre hatten, mit ihm das Bett zu teilen, auÃerordentlich groÃzügig war. Erneut fluchend, schlüpfte er in seine Schuhe. Er sah ein, dass diese Runde an Louise ging. Und sie wusste das auch.
»Ich hole die Abendzeitung.« Krachend lieà er die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
Er gab Gas, und Schotter spritzte unter seinem BMW auf. Erst als er den Ortskern erreichte, ging sein Puls runter. Warum hatte er bloà keinen Ehevertrag abgeschlossen? Dann wäre Louise mittlerweile nur noch eine Erinnerung. Damals waren sie mittellose Studenten gewesen. Als er das Thema vor einigen Jahren zur Sprache brachte, hatte sie ihm ins Gesicht gelacht. Er sah einfach nicht ein, dass er ihr die Hälfte von allem, was er aufgebaut, wofür er gekämpft und sich abgerackert hatte, in den Rachen werfen sollte. Nie im Leben! Er schlug mit der Faust auf das Lenkrad, beruhigte sich jedoch ein wenig, als er auf den Parkplatz vom Konsum-Supermarkt fuhr.
Da das Einkaufen zu Louises Aufgaben zählte, eilte er achtlos an den Regalen mit den Lebensmitteln vorüber. Vor den SüÃigkeiten hielt er kurz inne, enthielt sich jedoch und steuerte stattdessen den Zeitungsständer neben der Kasse an. Abrupt blieb er stehen. Die Schlagzeile auf der Titelseite brüllte ihm ins Gesicht: »Bekannter Debütautor Christian Thydell erhält Todesdrohung!« Darunter stand in kleinerer Schrift: »Erlitt Zusammenbruch nach Drohbrief auf der Buchpremiere«.
Erik musste sich zwingen, sich von der Stelle zu rühren. Er hatte das Gefühl, in tiefem Wasser zu stehen. Er griff nach einer Göteborgs-Tidningen und suchte mit zitternden Fingern den Artikel. Nachdem er ihn gelesen hatte, rannte er zum Ausgang, ohne zu bezahlen. Von weit her hörte er die Kassiererin rufen. Aber er rannte weiter. Er musste nach Hause.
»Wie hat die Presse bloà davon erfahren?«
Patrik und Maja waren vom Einkaufen zurück. Bevor er die Lebensmittel in den Kühlschrank räumte, knallte Patrik die Göteborgs-Tidningen auf den Küchentisch. Maja war auf ihren Kinderstuhl geklettert und half eifrig beim Auspacken der Tüten.
»Ãh â¦Â« Mehr bekam Erica nicht heraus.
Patrik hielt mitten in der Bewegung inne. Er kannte seine Frau gut genug, um die Zeichen zu deuten.
»Was hast du getan?« Mit der Margarine Lätt & lagom in der Hand blieb er stehen und blickte ihr direkt in die Augen.
»Schon möglich, dass ich diejenige war, die es ausgeplaudert hat.«
»Wie denn? Wem hast du davon erzählt?«
Selbst Maja nahm die Spannung im Raum wahr und sah ihre Mutter mucksmäuschenstill an. Erica schluckte. Dann fasste sie sich ein Herz. »Gaby.«
»Wie bitte?« Patrik blieb die Spucke weg. »Du hast mit Gaby darüber gesprochen? Da hättest du ja gleich die Göteborgs-Tidningen anrufen können.«
»Ich hätte nicht gedacht â¦Â«
»Das kannst du laut sagen. Was sagt Christian dazu?« Patrik deutete auf die fette Ãberschrift.
»Keine Ahnung«, murmelte Erica. Als sie sich Christians Reaktion ausmalte, bekam sie Bauchkrämpfe.
»Aus meiner Sicht als Polizist hätte gar nichts Schlimmeres passieren können. Unter
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